Reseph
ihm ein garstiges Lächeln. Um ihn herum kreischte der Wind, als ob er gefoltert würde, doch nicht eine einzige Schneeflocke berührte ihn. Selbst Mutter Natur hielt respektvoll Abstand zu diesem gemeinen Ungeheuer.
»Dafür werde ich dir deine lose Zunge aus dem Kopf schneiden, du eingebildeter Gockel.«
»Ach.« Reseph zog einen Schmollmund. »Bist du traurig, dass Liliths Zunge deinen winzigen Pimmel nicht länger verwöhnen kann?«
Luzifer zischte. Er hatte noch nie Sinn für Humor gehabt. »Lasst den Schmerz beginnen.« Er hob die Hand und seine Lakaien ihre Waffen.
»Halt!« Resephs Stimme, die durch Pestilence’ Resonanz noch verstärkt wurde, wurde vom Wind weitergetragen. »Wir sind bereit zu verhandeln.«
Verhandeln? Keine Verhandlung!
Pestilence trommelte gegen die Wände von Resephs Schädel.
»Ich werde dir dienen. Ich werde dein Lakai, dein Prügelknabe, dein … was auch immer. Aus freien Stücken.« Gott, er musste sich bei diesen Worten beinahe übergeben. Pestilence war bei Lilith oft genug auf Luzifer getroffen, um zu wissen, welch ausgefallenen Geschmack der Mann hatte. Aber Reseph würde bis in alle Ewigkeit tun, was auch immer Luzifer wollte, wenn dies bedeutete, dass seine Familie in Sicherheit war. »Lass meine Familie in Ruhe, und ich werde tun, was auch immer du willst.«
Das ist ein Trick, nicht wahr? Wir werden ihn in seinem eigenen Heim zerschmettern.
Reseph ignorierte Pestilence.
»Vergiss es, Arschloch. Du wirst all das sowieso tun. Nachdem ich alles und jeden vernichtet habe, den du liebst.«
Luzifer, von einer massiven Welle der Macht getragen, packte Reseph bei der Kehle und hob ihn in die Luft. Reseph wehrte sich gegen seinen Griff und schaffte es, mit seiner Faust zuzuschlagen, doch Resephs Hiebe ließen den Dämon höchstens kurz zusammenzucken. Luzifer drückte zu, grub seine Finger so tief in Resephs Haut, dass er etwas platzen hörte und dann fühlte, wie Blut spritzte. Schmerz schoss Resephs Wirbelsäule hinab – heiß wie geschmolzenes Gestein –, und er hätte schwören können, dass sich seine Muskeln von den Knochen lösten.
Ohnmächtige Wut pochte in Resephs Adern, und der Druck presste seine Lungen zusammen, füllte sie mit Feuer anstatt mit Luft.
»Dies«, knurrte Luzifer, »ist für Lilith.«
Er schleuderte Reseph quer über die Lichtung, so mühelos, als ob er einen Ball für einen Hund geworfen hätte. Reseph krachte durch eine Seitenwand von Jillians Haus und landete in einem jämmerlichen Häufchen aus Schmerz, gebrochenen Knochen und Versagen.
41
Reaver war schneller als alle anderen bei Reseph, der benommen auf dem Boden hinter Jillians Couch lag. »Reseph? Kannst du mich hören?« Während sich Jillian neben Reseph hinkniete, leitete Reaver heilende Energie in den Reiter, und innerhalb von Sekunden waren Resephs Knochen wieder verheilt.
»Ich hab einen mächtigen Tritt in meinen unsterblichen Arsch kassiert«, murmelte er. Dann sah er sich um. »Was macht denn Revenant hier?«, knurrte er.
Reaver starrte seinen bösen Amtskollegen finster an. »Der ist vor einer Minute hier aufgetaucht.«
»Ich bin hier, um auf Reaver zu achten«, sagte Revenant. »Wir wollen doch nicht, dass hier am Ende noch gegen die Regeln verstoßen wird, oder?«
Draußen begann erneut der Sprechgesang. Über die Rufe hinweg waren donnernde Schritte zu hören. Sie kamen näher. Zu nahe, zu schnell.
Reaver stand im Bruchteil einer Sekunde neben Kynan. Ein Engel zu sein war manchmal schon großartig. »Du musst etwas für mich tun, wovon dir dein Bauchgefühl dringend abraten wird.«
Ky kniff die Augen zusammen. »Und was?«
»Vertraust du mir?«
»Ja.« Kynan neigte mit ernster Miene langsam den Kopf. »Es gibt niemandem, dem ich mehr vertraue.«
Reaver bereitete sich darauf vor, etwas zu sagen, von dem er nie gedacht hätte, dass er es einmal sagen würde. Etwas, das den Himmel in schrecklichste Gefahr bringen konnte. Etwas, das sich entweder als eine brillante Strategie oder aber die katastrophalste Entscheidung in der Geschichte erweisen würde. »Gib Reseph Heofon.«
»Was?« Kynan wich so rasch zurück, dass er gegen Revenant stieß, der ihn anzischte, übellauniger Mistkerl, der er nun einmal war. »Heofon wird ihm nicht denselben himmlischen Schutz bieten wie mir. Warum solltest du wollen, dass er es nimmt?«
»Heofon«, grummelte Ares, »ist ein Stück des Himmels, nicht wahr?«
Reaver nickte. »Vor ein paar Jahren verwendete ein gefallener Engel es, um
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