Reseph
»Kommt mir irgendwie sinnlos vor.«
»Magst du die Feiertage nicht?«
»Ich liebe sie, aber wenn nur Doodle und ich da sind, kommt mir dieser ganze Feiertagskram so überflüssig vor.« Stacey lud sie zu Thanksgiving und Weihnachten immer zu ihrer Familie ein, darum erschien es ihr wirklich wie Zeitverschwendung, ihr eigenes Haus zu schmücken. Sie hielt vor dem Laden an und stellte den Motor ab. »Was hältst du davon, hierzubleiben, während ich losziehe und dir ein paar Klamotten besorge?«
»Nee. Ich bin auch ganz brav.« Reseph stieg aus. Es schien ihm nichts auszumachen, dass er einen Schlafanzug und keine Schuhe trug. Er ignorierte die neugierigen Blicke und betrat mit ihr das Geschäft. Der Mann kannte weder Befangenheit noch Hemmungen. Allerdings … so groß wie er war, wagten es vermutlich die wenigsten, sich mit ihm anzulegen. Und so heiß wie er war, würde sie jede Wette eingehen, dass er von Frauen sowieso bekommen konnte, was er wollte.
Sobald sie durch die Tür waren, wurden sie von Tanya, einer von Jillians alten Highschool-Klassenkameradinnen, begrüßt. Ihr Blick verweilte lange genug auf Reseph, um Jillian dazu zu bringen, sich zu räuspern.
»Hi, Tanya. Sieht so aus, als müssten wir in die Herrenabteilung.«
Tanya deutete auf den hinteren Teil des Geschäfts. »Vielleicht geht ihr lieber erst mal in die Schuhabteilung. Bloße Füße sind hier nämlich nicht erlaubt.« Sie lächelte Reseph an, als ob sie ihn sich gerade vorstellte, wenn er wesentlich weniger anhatte als Schuhe.
Ha!
Tanya konnte sich ja nicht mal annähernd vorstellen, wie Reseph ohne Klamotten aussah. Das musste man schon sehen, um es zu glauben. »Wir können aber diesmal eine Ausnahme machen.«
Reseph erwiderte das Grinsen, was Jillian ganz und gar nicht gefiel. Sie packte seine Hand und führte ihn in die Schuhabteilung, wo er sich ein Paar schwarze Arbeitsstiefel aussuchte. Die zu der Hochwasserschlafanzughose absolut lächerlich aussahen. Doch das schien er gar nicht zu merken.
Als Nächstes gingen sie in die Herrenabteilung.
»Und, was gefällt dir so?«
Er blickte sich um, musterte die Kleiderständer und zuckte mit den Schultern. »Such du was für mich aus.«
»Ich soll dich anziehen?«
Er hob die blonden Augenbrauen. »Oder aber du ziehst mich aus.« Das war endlich wieder der Reseph, an den sie gewöhnt war.
»Ich glaube, dabei hätten wir Publikum«, sagte sie mit einem Blick zu Tanya und zwei anderen Angestellten, die Reseph ziemlich ungeniert anstarrten.
Er beugte sich zu ihr vor, kam ihr so nahe, dass sein Atem über ihre Wange strich. »Dafür gibt es Umkleidekabinen«, sagte er mit leiser, seidiger Stimme.
Oh, die Bilder, die in ihrem Kopf schwirrten. Sie musste sich erst räuspern, ehe sie sprechen konnte.
»Du bist unmöglich, weißt du das eigentlich?« Ohne seine Antwort abzuwarten, zog sie zwei auf alt getrimmte Jeans vom Ständer mit den Übergrößen und drückte sie ihm in die Hände. Dann schlenderte sie zwischen den Hemden umher, bis sie sich schließlich für ein schwarzes T-Shirt, ein hellblaues Thermohemd und ein dunkelgraues Flanellhemd entschied. »Mal sehen, wie die dir passen.«
»Alle drei?«
»Du brauchst doch mehr als nur eine Garnitur.« Als er den Mund öffnete, schüttelte sie den Kopf. »Keine Widerrede. Und ich erwarte auch nicht, dass du mir das zurückzahlst.«
Er starrte sie finster an, war aber klug genug, sich ohne einen Streit auf den Weg zur Umkleidekabine zu machen. Vielleicht hatte er doch eine gewisse Erziehung genossen.
Tanya machte sich an Jillian heran, sobald Reseph verschwunden war. »Wer ist das denn? Ist das dein Freund?«
»Nein, er ist nur ein …« Ein was? Ein Freund? Ein Bekannter? Ein völlig Fremder? »Gast.«
»Ach ja?« Tanyas Augen klebten förmlich an der Tür zur Umkleidekabine. »So einen Gast hätte ich auch gerne.«
»Deine Scheidung ist inzwischen durch, oder?«
Tanya nickte. »Wenn ich diesen dreckigen Mistkerl jetzt noch dazu kriegen könnte, Unterhalt für die Kinder zu zahlen, wäre das Drama endgültig vorbei.«
Jillian wünschte Tanya dafür viel Glück. Ihr Ex hatte noch weitere Kinder mit zwei anderen Frauen, für die er ebenfalls Unterhalt zahlen müsste, was er aber offensichtlich auch nicht tat. Männer konnten solche Mistkerle sein. Das wusste Jillian nur zu gut. Am Ende waren sie immer ganz anders, als man sich gedacht hatte. Zweifellos war Tanyas Mann ihr wie ein anständiger Kerl vorgekommen, als sie ihn geheiratet
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