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Reseph

Reseph

Titel: Reseph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Ione
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Schmuckkästchen aufhob, das ganz für sich allein auf einem Regalbrett stand, entriss sie es ihm, ehe er es öffnen konnte. »Das ist nichts.«
    »Nichts?« Er musterte das Kästchen. »Du machst ganz schön viel Wind um nichts.«
    Wieder zuckte sie mit den Achseln und stellte das Kästchen auf das Regal zurück. Als Reseph es diesmal nahm, protestierte sie nicht. Er öffnete es und sog scharf die Luft ein.
    »Das ist ein Verlobungsring.«
    Es war ein Symbol ihrer Dummheit. »Überaus scharfsinnig.«
    Er zog eine Augenbraue in die Höhe. »Deiner?«
    »Jepp.«
    »Der verheiratete Schweinepriester?«
    »Ja.«
    »Aber warum behältst du den Ring? Er hat dich verletzt. Du hättest ihm den Ring so weit den Arsch hinaufschieben sollen, dass er ihn als Zahnfüllung hätte verwenden können.«
    Als sie sich das bildlich vorstellte, musste sie lachen, obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass Reseph es durchaus ernst gemeint hatte. »Vielleicht hoffe ich ja, dass sich einmal eine Gelegenheit dazu bietet.«
    Er musterte sie. Seine eisblauen Augen drangen so tief in ihr Inneres, dass Kälte in ihr hochkroch. »Nein. Du behältst ihn, weil du ihn nicht loslassen kannst. Darum willst du auch keine Bindung mehr eingehen. Weil du nichts loslassen kannst.«
    Dieser Mistkerl. Wie konnte er das nur wissen? Seine Erkenntnis brachte sie ganz schön durcheinander, erschütterte ihr mentales Gleichgewicht, und sie musste sich gewaltig anstrengen, um in die ruhige Gelassenheit zurückzufinden, die sie sich für ihren Job als Fluglotsin anerzogen hatte und auf die sie so stolz war.
    »Kann schon sein«, sagte sie, aber das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Sie war noch nie fähig gewesen, Dinge loszulassen, die sie an Beziehungen erinnerten. Manchmal ging es so weit, dass das Festhalten sie lähmte.
    Es hatte ein ganzes Jahr gedauert, ehe sie endlich um ihre Eltern trauern konnte. Sie hatte das Gefühl gehabt, dass sie sie nicht gehen lassen müsse, solange sie noch ihre Sachen aufbewahrte.
    Reseph stellte das Kästchen ins Regal zurück. »Mir kommt das seltsam vor. Wenn etwas weg ist, ist es weg.«
    »Menschen eingeschlossen?« Sie kannte die Antwort schon, ehe er sie gab. Ihr Magen verkrampfte sich.
    »Sicher.« Er sah zur Treppe, als ob ihm ihre Unterhaltung auf einmal unangenehm wäre. »Ich sollte endlich duschen.« Damit schoss er die Stufen hinauf – immer drei auf einmal –, als ob der Teufel persönlich hinter ihm her wäre.
    Okay. Ihm fiel es also leicht, sich von jemandem zu trennen, aber er redete nicht gern darüber. Vermutlich beschäftigte er sich grundsätzlich nicht gern damit. Sie fragte sich, ob er wohl einer dieser Männer war, die per SMS mit ihrer Freundin Schluss machten.
    So ein verdammter Mistkerl! War ja typisch, dass sie ausgerechnet mit so jemandem was anfangen musste.
    Nein, sie hatte gar nichts angefangen. Sie hatten nichts miteinander!
    Ja, sicher, und je öfter ich mir das einrede, umso wahrer wird es. Dumme Kuh.
    Der Klang eines Motors unterbrach ihre trübsinnigen Grübeleien. Sie erwartete keine Lieferung, aber Stacey kam manchmal – okay, ziemlich oft – unangemeldet vorbei. Sie stieg die Treppe hinauf und gelangte in dem Moment zur Haustür, in dem es klingelte.
    Sie zögerte den Bruchteil einer Sekunde lang, als die Szene, die sie im Haus ihrer Nachbarn gesehen hatte, vor ihrem inneren Auge auftauchte. Allerdings wagte sie zu bezweifeln, dass das Ungeheuer, das diese abgeschlachtet hatte, vorher geklingelt hatte. Dennoch legte ihr Puls deutlich zu, als sie die Tür öffnete.
    Zwei Männer standen auf ihrer Veranda, beide groß und dunkelhaarig. Der mit den jeansblauen Augen sah aus, als ob irgendwann einmal ein Alligator an seinem Hals gekaut hätte. Als er anfing zu sprechen, bestätigte seine raue Stimme ihren Verdacht.
    »Ms Cardiff? Mein Name ist Kynan Morgan, und das hier« – er zeigte mit dem Daumen auf den Mann zu seiner Rechten – »ist Arik Wagner. Wir sind Sonderermittler, und wir würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.« Er lächelte, doch sie fühlte sich alles andere als beruhigt. »Dürfen wir reinkommen?«
    Sonderermittler. Ihr erster Gedanke war, dass sie wegen Reseph hier waren. Ja, sie wusste, dass es wesentlich wahrscheinlicher war, dass die Polizei mit Neuigkeiten über Resephs Vergangenheit hier auftauchen würde. Trotzdem hatte sie plötzlich ein schlechtes Gefühl, ganz als ob dies Leute wären, denen sie lieber nicht zu viele Informationen geben

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