Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
Musterbeispiel einer unheimlichen Atmosphäre: Der Flur an sich war nicht sonderlich spektakulär. Teppichläufer und Tapeten waren in braunen Grundtönen gehalten, durch die großen Fenster war nur die Dunkelheit draußen zu sehen. Die teilweise offenen Vitrinen jedoch, die sich entlang einer der Wandseiten reihten –
Es waren drei, darüber jeweils eine kleine Lampe, und in jeder waren bleiche Menschenknochen zur Schau gestellt. Die Zahl der Ausstellungsstücke war groß, sie lagen aufgereiht in offenen Fächern, dazwischen gab es kleine obskure Gegenstände. Jill ging den Gang hinab, legte aber vor jeder der bizarren Präsentationen einen kurzen Halt ein. Schädel, Arm-, Bein-, Hand- und Fußknochen. Insgesamt waren es mindestens drei vollständige Skelette, und zwischen den fahlen, verschrammten Gebeinen fanden sich Federn, Tonkügelchen, knotige Lederstreifen …
Jill hob einen der Lederstreifen auf, legte ihn aber schnell wieder zurück und wischte sich die Finger an der Hose ab. Sie war nicht sicher, aber es hatte sich so angefühlt, wie sie glaubte, dass sich gegerbte und getrocknete Menschenhaut anfühlen musste, steif und irgendwie speckig.
Klirrrr!
Das Fenster hinter ihr barst nach innen, eine geschmeidige, sehnige Gestalt sprang knurrend und um sich schnappend in den Flur. Es handelte sich um einen der mutierten Killerhunde, seine Augen waren ebenso rot wie seine nässende Haut. Er wandte sich sofort Jill zu. Seine Zähne glänzten ähnlich tückisch wie das schartige Glas, das im zertrümmerten Fensterrahmen hing.
Jill wich zwischen zwei Vitrinen zurück und schoss. Der Winkel war ungünstig, die Kugel hackte nur ins Holz des Bodens, und der Hund sprang sie mit einem tiefen kehligen Knurren an.
Er traf sie an den Schenkeln, stieß sie schmerzhaft gegen die Wand und wollte ihr die Zähne ins Fleisch schlagen. Verwesungsgeruch spülte über Jill hinweg, während sie abdrückte, wieder und wieder, und kaum merkte, dass sie vor Angst und Ekel stöhnte. Laute, so kehlig und primitiv wie das wütende, ersterbende Kreischen, das diese Monstrosität von einem Hund ausstieß.
Die fünfte Kugel fuhr der Kreatur direkt in die gewölbte Brust und schleuderte sie davon. Mit einem letzten, fast welpenhaften Jaulen sank sie zu Boden. Blut ergoss sich über den braunen Teppich.
Jill hielt ihre Waffe weiter auf das nun reglose Geschöpf gerichtet, während sie in tiefen, zittrigen Zügen Luft in ihre Lungen würgte. Plötzlich zuckten die Glieder des Hundes, seine kräftigen Krallen scharrten ein flüchtiges Muster in das feuchtrote Gewebe des Bodens, bevor er wieder still lag. Jill entspannte sich, da sie die Bewegung als letzte Zuckung erkannte, mit der der Körper das Leben entließ. Sie selbst würde ein paar blauen Flecken davontragen, aber der Hund war tot.
Jill strich sich das Haar aus den Augen, kniete neben dem Kadaver nieder und begutachtete die merkwürdige offen liegende Muskulatur und die gewaltigen Kiefer. Auf dem Weg zum Haus war es zu dunkel und zu hektisch gewesen, um einen richtigen Blick auf die Biester zu werfen, die Joseph auf dem Gewissen hatten – doch auch im hellen Licht des Korridors änderte sich Jills dort gewonnener erster Eindruck nicht: Das Ungetüm sah aus wie ein gehäuteter Hund.
Sie stand auf und wich nach hinten. Dabei beäugte sie die Fenster des Flures misstrauisch. Offensichtlich boten sie keinen Schutz vor den draußen lauernden Gefahren. Der Korridor vollführte einen scharfen Linksknick. Jill eilte um die Ecke und vorbei an weiteren Vitrinen mit makaberem Inhalt, die entlang der Wand aufgereiht standen.
Die Tür am Ende des langen Gangs war unverschlossen. Sie führte in einen weiteren Flur, der nicht so gut beleuchtet war wie der hinter Jill liegende, aber er war gottlob auch weniger schaurig. An der in gedämpft graugrünem Ton gehaltenen Tapete hingen Gemälde allgemeiner Natur und idyllische Landschaftsbilder – Knochen und Fetische waren nicht zu sehen.
Die erste Tür rechts war zugesperrt. In die Schlossverkleidung war eine Rüstung eingeritzt. Jill erinnerte sich, dass auf der Liste im Computer etwas über „Ritterschlüssel“ gestanden hatte, wollte sich aber jetzt nicht damit aufhalten. Laut Trents Karte befand sich hinter der Tür ein Raum, der nirgendwohin führte. Abgesehen davon glaubte sie nicht, dass Wesker, wenn er denn hier entlang gekommen war, Türen hinter sich abgeschlossen hätte.
Klar, und genauso unwahrscheinlich war es, dass Chris
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