Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
sich ihre Version der Angelegenheit auch nur anzuhören.
So einfach wäre das wohl ohnehin nicht: Eines der weltgrößten und angesehensten Unternehmen für Pharmazie und medizinische Forschung (und nebenbei noch der wichtigste Arbeitgeber in Raccoon), hat in einem Geheimlabor Biowaffenforschung betrieben und Monster erschaffen – wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich mich wahrscheinlich selbst für verrückt halten, wenn ich damit an die Öffentlichkeit ginge.
Zumindest das Allerschlimmste war vorbei: Mit der Zerstörung des Labors hatten die Morde in Raccoon aufgehört – und auch wenn man die Verantwortlichen noch nicht zur Rechenschaft gezogen hatte, so war Rebecca doch der Ansicht, dass dies nur eine Frage der Zeit sein würde. Umbrella betrieb gefährliche Experimente und würde das bei einer Untersuchung durch S.T.A.R.S. nicht vertuschen können. Sie und die anderen mussten sich nur in Acht nehmen, bis die Zentrale Verstärkung schickte.
Apropos … Autsch!
Das flache Holster stieß ihr in die Rippen. Rebecca rückte es durch den dünnen Baumwollstoff ihres Shirts hindurch zurecht und hoffte, den Revolver nach dieser Nacht nicht mehr bei sich tragen zu müssen – eine kurzläufige .38er aus Barrys Sammlung. Sie wusste nicht, wie es den anderen erging, aber sie selbst hatte seit der Flucht vom Spencer-Anwesen keine Nacht mehr ruhig geschlafen, und die ganze Zeit bewaffnet herumzulaufen, entsprach nicht unbedingt ihrem Verständnis von Sicherheit.
Innerlich seufzend bog sie nach links in die Foster Street ein und radelte auf Barrys Haus zu. Wahrscheinlich, überlegte sie, war die Zusammenkunft einberufen worden, weil neue Befehle aus der Zentrale eingetroffen waren. Nähere Erklärungen hatte sie nicht erhalten, nur dass sie sich umgehend melden sollten – und obwohl sie versuchte, ihre Fantasie zu zügeln, vermochte Rebecca das unentwegte erregende Kribbeln nicht restlos zu unterdrücken, das seit Barrys Anruf in ihrem Bauch rumorte.
Vielleicht fliegen sie uns nach New York, um das Ermittlungsteam zu informieren, oder sogar nach Europa, für den Fall, dass sie vorhaben, das Hauptquartier von Umbrella zu stürmen …
Wo sie auch hingeschickt würden, alles war besser, als noch länger hier in Raccoon bleiben zu müssen. Die Belastung, Augen und Ohren ständig nach überall hin gerichtet halten zu müssen, hatte an den Nerven sämtlicher Betroffenen gezehrt. Chris schien zu glauben, dass Umbrella mit einem Zugriff wartete, bis das Augenmerk der Öffentlichkeit nicht mehr auf der S.T.A.R.S.-Organisation ruhte, doch das war nur eine Theorie – und nicht gerade der beruhigendste Gedanke, um einen erholsamen Schlaf zu gewährleisten. „Hasenfuß-Vickers“ war nach gerade mal zwei Tagen aus der Stadt verschwunden, hatte dem Druck nicht mehr standgehalten – und während Jill, Chris und Barry seine Feigheit verfluchten, fing Rebecca an, sich zu fragen, ob der Alpha-Pilot nicht das einzig Richtige getan hatte. Natürlich wollte auch sie nicht, dass Umbrella ungeschoren davonkam. Die Experimente des Unternehmens waren fraglos moralisch verwerflich und mit Sicherheit illegal – aber bis S.T.A.R.S. tatsächlich Verstärkung und Hilfe entsandte, würde es gefährlich bleiben, in Raccoon City auszuharren.
Nach heute Nacht hoffentlich nicht mehr – bald ist alles überstanden. Keine Waffen mehr, keine verriegelten Türen – keine bangen Fragen, was Umbrella wohl mit uns anstellen wird, weil wir ihnen auf die Schliche gekommen sind …
Nach ihrem ersten Rapport hatte die vorgesetzte New Yorker Stelle ihnen aufgetragen, stillzuhalten. Assistant Director Kurtz hatte versprochen, Ermittlungen anzustellen und sich dann wieder bei ihnen zu melden – aber das lag jetzt schon elf volle Tage zurück, und bis jetzt hatten sie noch kein weiteres Wort von ihm gehört. Rebecca hatte nicht die Absicht, es Brad Vickers nachzumachen und einfach davonzulaufen, aber inzwischen hasste sie das Drücken des Holsters und das Gewicht des tödlichen Stahls, das sie jeden wachen Augenblick des Tages begleitete. Himmel, immerhin war sie eigentlich Chemikerin!
Und wenn die Verstärkung erst einmal eingetroffen ist, versetzen sie mich vielleicht in ein Labor und lassen mich das Virus unter die Lupe nehmen. Im Prinzip bin ich immer noch ein Bravo, sie wollen mich ganz bestimmt nicht weiter an vorderster Front einsetzen.
Für sie stand außer Frage, dass ihre Fähigkeiten in der Forschung optimal genutzt wären. Bei den
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