Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
Billy Rückendeckung haben.
Er sammelte die Patronen auf, die er fallen gelassen hatte, und lud seine Waffe. Dann ging er vorsichtig um den gewaltigen, stinkenden Kadaver herum und machte sich auf die Suche nach Rebecca. Vielleicht hatte sie ja mehr Glück gehabt als er.
Unmittelbar nachdem sie den vorderen Waggon betreten hatte, glaubte Rebecca, von hinten Schüsse zu hören. Sie stand in der Tür, hielt sich am Rahmen fest und starrte leeren Blickes auf einen der toten Hunde, der von ihrem Platz aus zu sehen war, während sie angestrengt lauschte. Draußen grollte Donner. Schließlich gab sie auf und ging in Richtung des vorderen Zugbereichs.
Sie bewegte sich langsam, machte sich darauf gefasst, Edward wiederzusehen, und wünschte sich, sie hätte eine Decke oder etwas Vergleichbares aus dem Durcheinander in den Passagierwagen mitgebracht, vielleicht den Mantel eines der Toten, wo sie doch sonst nichts hatte mitnehmen können – außer dem zunehmenden Gefühl von Entrüstung über denjenigen, der das T-Virus freigelassen hatte. Und Kopfschmerzen, die vom Luftanhalten rührten. Keine Schlüssel, nichts, was ihnen helfen konnte. Aber da war ja noch die Leiche jenes Mannes vom Zugpersonal, auf den sie vorne im Waggon gestoßen war, wo sie auch Billy getroffen hatte – vielleicht würde sich der Schlüssel in seiner toten Hand noch irgendwie als nützlich erweisen.
Sie erreichte den Knick im Gang und zwang sich, um die Ecke zu gehen, am Rand der Lache aus Flüssigkeit entlang, die aus dem Hund gesickert war …
… aber Edward war verschwunden.
Rebecca blieb stehen und konnte eine Weile nur starren. Der zweite Hund war noch da – aber ein Knäuel aus rotem Mull und ein paar Blutspritzer waren alles, was sich noch an der Stelle befand, an der Edwards Leichnam gelegen hatte. Das und der schwere Gestank von Verwesung.
Kühle, feuchte Luft fuhr durch die Fenster herein, aber der Geruch war zu stark, um sich davon vertreiben zu lassen.
Alles schien in Zeitlupe abzulaufen, als sie nach unten schaute und die Spuren im Hundeblut sah. Sie folgte ihnen mit ihrem Blick, spähte nach vorne und sah die roten, verschmierten Stiefelabdrücke, als sei derjenige, der sie getragen hatte, betrunken gewesen oder … oder krank …
Nein. Sie hatte nach seinem Puls gefühlt.
Der Ablauf der Zeit verlangsamte sich aus ihrer subjektiven Sicht noch mehr. Endlich löste sich ihr Blick vom Boden. Sie sah den Teil eines nackten Armes, den Arm von jemandem, der am Ende des Gangs stand, gerade außerhalb ihrer Sichtweite. Jemand, der groß sein musste. Jemand, der Stiefel trug.
„Nein“, sagte sie, und Edward trat von der Wand weg und schob sich in ihr Blickfeld. Als er sie sah, öffneten sich seine blutleeren Lippen, und ein Stöhnen drang hervor. Er wankte auf sie zu, mit grauem Gesicht und Augen, die beinahe weiß waren.
„Edward?“
Er ging weiter, schwankte. Seine blutüberströmte Schulter schleifte an der Wand entlang, seine Arme hingen schlaff herunter, seine Miene war leer und seelenlos. Das war Edward, das war ihr Kamerad, und sie hob ihre Pistole, trat einen Schritt zurück und nahm Ziel.
„Zwing mich nicht“, sagte sie, und ein Teil von ihr wunderte sich darüber, wie tot das Virus seine Opfer wirken ließ. Muss seinen Herzschlag verlangsamt haben …
Edward stöhnte wieder. Er klang furchtbar hungrig, und obgleich seine Augen hinter dem weißen Schleier kaum sichtbar waren, konnte Rebecca sie doch gut genug erkennen, um zu begreifen, dass das nicht mehr Edward war. Taumelnd kam er näher.
„Ruhe in Frieden“, flüsterte sie und erschoss ihn. Die Kugel stanzte ein sauberes Loch in seine linke Schläfe. Einen Herzschlag lang stand er völlig reglos da, sein dumpfer Ausdruck von Gier unverändert, und dann ging er zu Boden.
Als Billy sie ein paar Minuten später fand, stand Rebecca immer noch da und zielte auf den Leichnam ihres Freundes.
FÜNF
William Birkin eilte durch die Eingeweide der Wasseraufbereitungsanlage. Die Echos seiner Schritte hallten geisterhaft durch die höhlenartigen Gänge, während er unterwegs nach Control B im ersten Untergeschoss war. Der Ort strahlte das Gefühl von Kälte und Tod aus, wie eine Gruft – was gar kein schlechter Vergleich war, mit dem Unterschied, dass er wusste, was hinter den abgeschlossenen Türen umging, wusste, dass er umgeben war von Leben in Hülle und Fülle. Irgendwie machte das die fernen Echos jeder seiner Bewegungen noch frevelhafter, etwa so, als schreie
Weitere Kostenlose Bücher