Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
ein Mensch! Sie hatte einen lebendigen Menschen gesehen!
Von der kurzen Treppe aus, die in den Hof hinabführte, erledigte Jill rasch die beiden Infizierten, während ihr Herz in wilder Hoffnung hämmerte. Tarnkleidung. Die Gestalt gehörte höchstwahrscheinlich zum Militär; vielleicht hatte man inzwischen einen Spähtrupp hereingeschickt, und vielleicht war ihre kleine Fantasterei doch nicht ganz so weit hergeholt …
Jill hastete an den gefallenen Kreaturen vorbei, eilte, so bald sie die Gasse erreichte, ein paar Stufen hinab, eine zehn Meter lange Ziegelwand entlang … und dann war sie an der Hintertür.
Sie holte tief Luft und öffnete die Tür vorsichtig, weil sie niemanden erschrecken wollte, der womöglich eine Schusswaffe in seinen Händen hielt.
Statt dessen sah sie einen Zombie, der hungrig stöhnend über den gefliesten Boden der Kneipe torkelte und dabei einen Mann in lohfarbener Weste zu packen versuchte; einen Mann, der etwas auf die Kreatur richtete, das aussah wie eine kleinkalibrige Handfeuerwaffe, und der in genau diesem Moment das Feuer eröffnete.
Jill schloss sich ihm ohne Zögern an und erledigte mit zwei Schüssen, was ihm mit fünf nicht gelang – der Infizierte sank auf die Knie und starb mit einem letzten, verzweifelten Ächzen. Dann rutschte er zu Boden, als wäre er flüs sig . Jill konnte nicht sagen, ob es einmal ein Mann oder eine Frau gewesen war, und in diesem Augenblick scherte sie sich auch nicht die Bohne darum.
Sie wandte ihre Aufmerksamkeit dem Soldaten zu. Worte drängten ihr auf die Lippen, und dann erkannte sie, dass es Brad Vickers war, der Alpha-Team-Pilot der geschassten S. T. A. R. S.-Mannschaft. Brad, dessen Spitzname Hasenfuß-Vickers war, und der das Alpha-Team auf dem Spencer-Anwesen zurückgelassen hatte, weil er sich zu sehr gefürchtet hatte, um zu bleiben; der sich aus der Stadt fortgestohlen hatte, als ihm klar wurde, dass Umbrella ihre Namen kannte. Ein guter Pilot und ein genialer Computerhacker, aber wenn es hart auf hart ging, mutierte Brad Vickers zur rücksichtslosen Ratte.
Und ich bin trotzdem froh, ihn zu sehen.
„Brad, was tust du denn hier? Bist du okay?“ Jill gab sich Mühe, nicht zu fragen, wie er es geschafft hatte zu überleben, obwohl sie sich durchaus darüber wunderte – zumal er nur mit einer vergleichsweise harmlosen Halbautomatik bewaffnet zu sein schien und als schlechtester Schütze von allen Angehörigen des S. T. A. R. S.-Teams galt. Er sah allerdings nicht gut aus – auf seiner Weste klebten Spritzer getrockneten Blutes, und sein Blick wirkte gehetzt. Seine Augen waren geweitet und rollten vor kaum beherrschter Panik in den Höhlen hin und her.
„Jill! Ich wusste nicht, dass du noch lebst!“ Wenn er sich freute, sie zu sehen, dann verbarg er es gut, und er hatte ihre Frage noch immer nicht beantwortet.
„Tja, dasselbe könnte ich auch sagen“, erwiderte sie, bemüht, nicht zu vorwurfsvoll zu klingen. Er mochte über Informationen verfügen, die sie gebrauchen konnte. „Wann bist du hierher gekommen? Weißt du irgendwas darüber, was außerhalb der Stadt vorgeht?“
Es war, als steigere jedes Wort, das sie sagte, seine Angst. Seine Haltung war überaus angespannt. Er zitterte, öffnete den Mund, um zu antworten, aber es kam kein Ton heraus.
„Brad, was ist? Was stimmt nicht?“, fragte sie, aber er wich ihr rückwärts zur Vordertür der Bar aus und schüttelte den Kopf.
„Es kommt, um uns zu holen!“, keuchte er schließlich. „Es will die S. T. A. R. S.! Die Polizisten sind alle tot. Sie konnten nichts tun, um es aufzuhalten, genau wie sie das da nicht aufhalten konnten … “ Brad deutete mit zitternder Hand auf die blutüberströmte Kreatur am Boden. „Wirst schon sehen!“
Er bewegte sich am Rand völliger Hysterie. Sein braunes Haar klebte schweißdurchnässt auf der Kopfhaut, seine Kiefer waren hart aufeinander gepresst. Jill bewegte sich auf ihn zu, wusste aber nicht recht, was sie tun sollte. Seine Angst wirkte ansteckend.
„ Was kommt, Brad?“
„Wirst schon sehen!“
Und damit drehte sich Brad um und riss die Tür auf. Blinde Panik ließ ihn hinaus auf die Straße stolpern, und dann rannte er davon, ohne noch einmal zurückzuschauen. Jill machte einen Schritt auf die sich schließende Tür zu und blieb abrupt stehen. Plötzlich schoss ihr durch den Kopf, dass es durchaus Schlimmeres gab, als allein zu sein. Auf jemanden Acht geben zu müssen, während sie versuchte, aus Raccoon zu entkommen
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