Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
schloss ihm mechanisch die noch halb offenen Augen, gleichermaßen traurig wie erleichtert über Rodrigos Hinscheiden. Es war das Ende eines Lebens, aber zugleich auch das Ende qualvollen Sterbens.
Ruhe in Frieden, mein Freund.
Seufzend griff Chris in Rodrigos Tasche, fühlte körperwarmes Metall – und zog das zerschrammte, schwere alte Feuerzeug heraus, das er Claire vor langer Zeit als Glücksbringer geschenkt hatte.
Chris drückte es an seine Brust, plötzlich überrollt von einem Ansturm von Liebe für seine Schwester. Jahrelang hatte sie das Feuerzeug bei sich getragen, wo sie auch hinging, aber jetzt hatte sie es hergegeben, um einem sterbenden Mann Trost zu spenden, noch dazu einem der Männer, die vermutlich für ihre Gefangennahme verantwortlich waren.
Er ließ das Feuerzeug in seine Tasche gleiten und stand auf, froh, dass er es ihr zurückgeben konnte – und dass er ihr sagen konnte, dass sie Rodrigo über seine letzten Stunden hinweg geholfen hatte; dass er gelächelt hatte, als er ihren Namen hörte. Auch wenn Claire nicht gerettet werden musste, hatte sich Chris’ Reise zu der Insel doch schon gelohnt.
Der Gestank der besudelten Höhle setzte ihm mehr und mehr zu, und jetzt, da er wusste, dass seine Schwester in Sicherheit war, brauchte er nur noch die Heimreise anzutreten. Der Eingang zur Höhle war eingestürzt, und er besaß keine vernünftige Waffe. Aber wenn jemand Umbrellas Selbstzerstörungssystem ausgelöst hatte – all ihre illegalen Einrichtungen schienen über solche Schutzmechanismen zu verfügen, eine praktische Möglichkeit, Beweise zu vernichten, wenn etwas schief ging – , dann sollte er eigentlich bei seiner Suche nach dem Panzer, den Rodrigo erwähnt hatte, nicht auf Schwierigkeiten stoßen. Außerdem wollte er nachsehen, ob noch ein Jet bereit stand.
„Kein Zurück“, sagte er leise, und nach einem letzten stummen Gebet, dass Rodrigo seinen Frieden finden möge, marschierte er los, um zu sehen, was sich finden ließ.
Auf einem der Monitore in den Überresten des Kontrollraums stand ein Kampf bevor. Albert Wesker, der von der vergeblichen Sucherei des Tages frustriert war und sich absolut nicht auf einen weiteren langen Flug freute, zog eine Kiste heran und nahm darauf Platz, um es sich anzusehen. Die Jungs hatte er bereits zurück in die Zivilisation geschickt, er war allein – nur schien es, als habe er jemanden übersehen, und besagter Jemand streifte noch immer über die Insel …
Aber nicht mehr lange , dachte er freudig erregt. Er wünschte, der Empfang wäre besser gewesen. Dank dieses einsamen Losers Alfred Ashford hatte das Selbstzerstörungssystem alles durcheinander gebracht … und jetzt endlich geschah etwas Interessantes.
Gott, er ist unbewaffnet!
Der Mann war fraglos entweder verrückt oder dumm – oder er wusste schlicht nicht, was es mit der Insel auf sich hatte. Wesker grinste. Der Unbewaffnete schlich nur eine Etage tiefer durch die Trainingsanlage, und gleich würde er auf eine von Umbrellas neueren bio-organischen Kreaturen treffen, eine, die unten in den Kanälen eingeschlossen gewesen war, bis Wesker auftauchte und sie befreite. Nur ein Gang trennte sie noch. Wenn der Dummkopf um die nächste Ecke bog, war er tot.
Wesker rückte seine Sonnenbrille zurecht. Das Geschehen lenkte ihn auf angenehme Weise von seinen eigenen Schwierigkeiten ab. Räumer , so nannte Umbrella die neuen Monster, aber im Grunde waren sie nichts anderes als Jäger mit giftigen Klauen – riesig, in erster Linie amphibisch und höllisch gewalttätig. Nach Weskers Ansicht waren die Jäger , die Reihe 121, auch ohne dieses giftige Extra übel genug.
Aber ist das nicht typisch für Umbrella – immerzu Ressourcen verschwenden, Spielchen spielen, wenn sie Kriege gewinnen könnten?
Ja, das war es, typisch, aber jetzt stand ein Blutbad bevor, und so stellte Wesker seine Abneigung gegen die Firma zurück und beugte sich vor, um zuzuschauen.
Der waffenlose Trottel – ein hochgewachsener Kerl mit rotbraunem Haar, mehr war aufgrund der Störungen nicht zu erkennen – war zwei Schritte von der Katastrophe entfernt. Der Räumer wartete hinter der nächsten Ecke … doch da blieb der Mann stehen, wich einen Schritt zurück und drückte sich gegen die beschädigte Wand.
Wesker runzelte die Stirn. Der Mann zog sich weiter zurück, langsam und vorsichtig, immer noch dicht an der Wand. Na gut, vielleicht war er doch kein Vollidiot.
Er schaffte es den halben Gang hinunter, den er
Weitere Kostenlose Bücher