Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
gekommen war, dann wurde der Räumer endlich ungeduldig und entschloss sich zum Handeln. Das Lautsprechersystem funktionierte nicht mehr, aber die Kreatur hatte ihren Kopf nach hinten gelegt und schrie, und ihr seltsames, trillerndes Kreischen wehte nur einen Sekundenbruchteil später durch das zerstörte Gebäude zu Wesker herauf.
„Hol ihn dir“, keuchte Wesker gierig und blickte wieder zu dem armen, dem Tode geweihten Trottel … gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie dieser etwas warf, etwas Kleines, Dunkles. Der Räumer kam mit einem Satz hinter der Ecke hervor, immer noch kreischend, das Etwas landete vor seinen Füßen …
… und das Gebäude erbebte, die Bildschirme wurden erst weiß, dann schwarz, und der dumpfe Donner einer Explosion grollte durch den Boden.
Wesker war baff. Und dann wurde er wütend. Diese Kreatur war ein Wunder der Wissenschaft gewesen, ein Krieger, der für den Kampf erschaffen worden war – wer war dieser kleine Wichser, der hier herumspazierte und dieses Wesen in die Luft gejagt hatte?
Ein toter kleiner Wichser , dachte Wesker düster, schob die Kiste weg und ging zur Treppe. Er nahm zwei Stufen auf einmal, passierte vorsichtig ein paar immer noch brennende Feuer und war sich bewusst, dass er seine Frustration und Aufregung auf den unbekannten Soldaten richtete, ohne dass ihn die Sache an sich wirklich kümmerte. Alexia war nicht auf Rockfort, und das hieß, dass er seinen Arsch ausgerechnet in die Antarktis schwingen musste, zu der einzigen anderen Anlage, in der sie sich befinden konnte. Warum sonst sollte Alfred dorthin gegangen sein? Und wenn Wesker nicht dort eintraf, ehe sie erwachte, würde er mit leeren Händen abziehen müssen … Das bedeutete unterm Strich, dass er versagt haben würde. Und wenn es etwas gab, das Wesker hasste, dann war es Verlieren.
Er stiefelte durch die zerfallenden Überreste der Trainingsanlage, erreichte den Gang, zu dem er gewollt hatte, und dämpfte seine Schritte, während er weiter vorstieß. Als er an der Ecke anlangte, wo sich der Zwischenfall ereignet hatte, hing noch Rauch in der Luft, aber von dem Räumer war kaum noch etwas übrig. Das Meiste klebte an den Wänden und an der Decke.
Da, links vor ihm – er konnte den Eindringling riechen, konnte riechen, wie Schweiß und Angst aus dem kleinen Arbeitslabor drangen, in das sich der Fremde zurückgezogen hatte.
Das wird dir mehr weh tun als mir , dachte er, und der Gedanke hob seine Stimmung etwas.
Wesker wollte nicht in die Luft gejagt werden, deshalb zögerte er nicht. Er trat in den Raum und erspähte den Mann, der bald tot sein würde. Er wandte ihm den Rücken zu, und Wesker bewegte sich. Bewegte sich so, wie nur er sich zu bewegen verstand – in der einen Sekunde trat er durch die Tür, in der nächsten wirbelte er den Eindringling herum, packte ihn an der Kehle, hob ihn hoch …
… und dann starrte er in das verblüffte Gesicht von Chris Redfield.
Ach, du meine Güte.
Chris, der zu den Raccoon-S. T. A. R. S. gehört hatte, der – unter Weskers Kommando – zum Spencer-Anwesen geführt worden war, wo er Weskers Plan gründlich vermasselt hatte. Chris Redfield hatte ihn nicht nur Geld, sondern auch beinahe das Leben gekostet – aber am schlimmsten war, dass in erster Linie er verantwortlich war für den größten Fehlschlag in Weskers Laufbahn.
Wesker fasste sich schnell wieder. Ein Gefühl finsterer, herrlicher Freude breitete sich in ihm aus. „Chris Redfield, was sagt man dazu? Was führt dich nach Rockfort, wenn ich fragen darf … ?“
Wesker verstummte, den Blick immer noch auf Redfields zunehmend stärker gerötetes Gesicht gerichtet, während er vergebens an Weskers Fingern zerrte. Das Mädchen, natürlich! Er hatte nicht einmal gewusst, dass Chris eine Schwester be saß , aber der konfuse Brief, den Alfred Ashford umsichtigerweise hinterlassen hatte, erklärte alles … inklusive seiner Pläne, die junge Claire Redfield betreffend.
„Sie ist nicht hier“, sagte Wesker grinsend. Mit der freien Hand rückte er seine Sonnenbrille gerade.
„Du … du bist tot“, keuchte Chris, und Weskers Grinsen wurde breiter. Allerdings machte er sich nicht die Mühe, auf so eine dumme Bemerkung zu antworten.
„Wechsle nicht das Thema, Chris. Willst du nicht wissen, wo Claire ist, hm? Wusstest du, dass ihr Flugzeug einen kleinen Umweg in die Antarktis gemacht hat?“
Chris erstickte allmählich, doch Wesker konnte sehen, dass die Neuigkeit über seine Schwester ihn
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