Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
streckte er die Hand aus, um den Stase-Tank zu berühren. In seinen verlöschenden Augen stand Anbetung. Er war nie besonders klug oder fähig gewesen, aber sie hatte ihn geliebt, sehr sogar. Sein Tod war tieftraurig … aber zugleich das Zeichen, auf das sie gewartet hatte. Es war Zeit, herauszukommen.
Sie hatte schon seit Monaten gewusst, dass das Ende nahe war – oder vielmehr der Anfang, das Erscheinen eines neuen Lebens auf Erden. Ihre Stase war stabil geblieben über den größten Teil der fünfzehn Jahre, die sie gebraucht hatte – während der ihr Geist und Körper sich des Lebens nicht bewusst gewesen waren. Und auch nicht des Umstands, dass sie in kalter amniotischer Flüssigkeit trieb, ihre Zellen sich langsam veränderten und sich T-Veronica anglichen.
Im vergangenen Jahr allerdings hatte sich das geändert. Sie hatte angenommen, dass T-Veronica, falls man ihr nur genug Zeit einräumte, das Bewusstsein in neue Höhen führen und Teile des Verstandes derart ausweiten würde, dass sie die schlichten Sinne eines Menschen übertrafen, und sie hatte Recht behalten. Während der letzten zehn Monate hatte sie angefangen, sich selbst zu erleben, trotz der Stase, hatte ihr Bewusstsein erprobt … und sie war imstande gewesen, durch ihre menschlichen Augen zu sehen, wenn sie es wollte.
Alexia griff mit ihrem Geist zu und schaltete die Support-Apparate ab. Die Flüssigkeit begann aus dem Tank abzufließen, und sie blickte auf ihren lieben Bruder hinab, zutiefst unglücklich über seinen Tod. Sie konnte ihre Gefühle willentlich ausblenden, aber an seiner Seite war sie Mensch gewesen; es schien ihr angemessen, um ihn zu trauern.
Als der Tank leer war, öffnete Alexia ihn und trat hinaus in ihre neue Welt. Überall wartete Macht darauf, dass sie von ihr Besitz ergriff, doch jetzt setzte sie sich vor den Tank und bettete Alfreds blutigen Kopf in ihren Schoß und gab sich der Trauer hin.
Sie begann zu singen, ein Kinderlied, das ihr Bruder gemocht hatte, und strich ihm das Haar aus dem schlaffen Gesicht. In den Linien um seine Augen und seinen Mund lag Traurigkeit, und sie fragte sich, wie sein Leben wohl verlaufen sein mochte. Sie fragte sich, ob er auf Rockfort geblieben war, in Veronicas Zuhause, dem Heim ihrer Ahnen.
Immer noch singend streckte Alexia die geistige Hand nach ihrem Vater aus – und stellte überrascht fest, dass sie ihn nicht fand, was entweder hieß, dass er tot war oder dass er sich außerhalb der Reichweite ihrer Wahrnehmung aufhielt. Sie hatte seinen Geist erst kürzlich berührt und studiert, was davon übrig geblieben war. In gewisser Weise war er verantwortlich für das, was sie geworden war – T-Veronica hatte seinen Verstand in Brei verwandelt, hatte ihn in den Wahnsinn getrieben … was auch mit ihr selbst geschehen wäre, hätte sie die Prozedur nicht erst an ihm getestet.
Sie erweiterte ihre Wahrnehmung noch etwas und fand Krankheit und Tod auf den oberen Ebenen des Terminals. Ein Jammer. Sie hatte sich darauf gefreut, ihre Experimente umgehend wieder aufzunehmen; doch ohne Testobjekte gab es für sie keinen Grund zu bleiben.
Sie fand zwei Menschen, nicht weit entfernt von der Umbrella-Einrichtung, und entschied, ihre Kontrolle über Materie wirken zu lassen, um zu sehen, welcher Anstrengung es bedurfte – und fand heraus, dass es ihr fast gar keine Mühe bereitete. Sie konzentrierte sich nur für ein paar Sekunden, sah einen Mann und eine Frau in einem Schneefahrzeug und wünschte sich, dass die beiden zur Anlage zurückgebracht wurden.
Augenblicklich rasten Linien organischer Materie durch das Eis auf das Fahrzeug zu. Amüsiert sah Alexia mit ihren Übersinnen zu, wie sich ein riesiger Tentakel aus neu gebildeter Substanz erhob und um das Gefährt schlang, es mühelos in die Luft riss – und dann zurück zur Einrichtung schleuderte. Das Fahrzeug überschlug sich, sein Motor ging in Flammen auf, und schließlich prallte es gegen eines der Umbrella-Gebäude und blieb liegen.
Sie glaubte, dass die zwei Insassen noch lebten und war sehr zufrieden. Einen der beiden konnte sie für ein Experiment verwenden, über das sie seit Wochen nachdachte, und für den anderen würde sie zu gegebener Zeit sicher ebenfalls einen Nutzen finden.
Alexia sang weiter für ihren toten Bruder, fasziniert von den Veränderungen, die sie kommen sah, und freute sich darauf, ihre neuen Kräfte besser beherrschen zu lernen. Verträumt strich sie durch Alfreds Haar.
DREIZEHN
Er hatte die Insel kaum
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