Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
Tür am Ende der Gasse. Dann war er hindurch – und fand sich in einer geräumigen, gut beleuchteten Küche wieder. In einer Restaurantküche.
Ein schneller Blick in die Runde – da war niemand. Es herrschte Stille bis auf das leise Zischen eines großen Gasbehälters, der an der rückwärtigen Wand stand. Carlos atmete tief ein, vermochte jedoch keinen verdächtigen Geruch wahrzunehmen. Aber vielleicht war es etwas Unbekanntes, Geruchloses, besonders Heimtückisches …
Ich würde auch dann nicht abhauen, wenn es Nervengift wäre! Hier muss es sein, das ist der Ort, zu dem er mich bestellt hat.
Er ging durch die Küche, vorbei an glänzenden Metallschränken, -herden und -öfen, in Richtung des Restaurantbereichs. Auf einer der Arbeitsflächen lag eine Speisekarte. Grill 13 stand in goldener Schrift darauf. Es war verrückt, wie erleichtert er sich fühlte; innerhalb weniger Stunden war Trent von einem unheimlichen Fremden zu seinem besten Freund auf diesem Planeten aufgestiegen.
Ich hab’s geschafft, und er sagte, er könne mir helfen – vielleicht ist schon ein Rettungsteam unterwegs, oder er hat es arrangiert, dass ich hier abgeholt werde … oder vielleicht sind vorne irgendwo Waffen gelagert. Das wäre zwar nicht ganz so gut wie eine Evakuierung, aber ich nehme, was ich kriegen kann.
Zwischen der Küche und dem eigentlichen Restaurant war eine Öffnung, ein Tresen, auf dem die Köche die Bestellungen bereitstellten. Carlos konnte sehen, dass das kleine, etwas dunklere Restaurant leer war, nahm sich aber einen Moment Zeit, um sich zu vergewissern. Tanzendes Licht von einer immer noch brennenden Öllampe waberte über die Ledersitzgruppen, die sich an den Wänden reihten, und warf zitternde Schatten.
Er ging um den Bedienungstresen herum und trat in den Raum. Beiläufig nahm er den schwachen Geruch von Gebratenem wahr, der in der kühlen Luft hing, während er sich suchend umblickte. Er war nicht sicher, was er erwartet hatte, aber jedenfalls sah er nichts, was ihm wie ein Wink Trents ins Auge stach – kein unadressierter Umschlag, der auf einem der Tische lag, keine geheimnisvollen Päckchen – kein Mann im Trenchcoat, der hier auf ihn wartete. In der Nähe der Eingangstür befand sich ein Münzfernsprecher. Carlos ging darauf zu, nahm den Hörer ab, hörte aber kein Freizeichen; genau wie es bei allen anderen Telefonen in der Stadt der Fall war.
Zum tausendsten Mal in der vergangenen Stunde, wie es ihm schien, sah er auf seine Uhr. Es war 19.01 Uhr – eine Minute nach sieben – , und er spürte einen Anflug von Wut, von Enttäuschung, der seine uneingestandene Angst noch steigerte. Ich bin allein, niemand weiß, dass ich hier bin, und niemand kann mir helfen!
„Ich bin hier“, sagte er mit erhobener Stimme und wandte sich dem leeren Raum zu. „Ich hab’s geschafft, ich bin pünktlich hier und, gottverdammt noch mal, wo zum Teufel sind Sie?“
Wie auf Stichwort klingelte das Telefon. Das schrille Geräusch ließ Carlos zusammenzucken. Ungeschickt griff er nach dem Hörer, sein Herz pochte dumpf in der Brust, seine Knie wurden mit einem Mal ganz weich vor aufflammender Hoffnung.
„Trent? Sind Sie es?“
Eine kurze Pause, dann drang Trents sanfte, melodische Stimme an sein Ohr. „ Hola , Mister Oliveira! Ich bin sehr erfreut, Ihre Stimme zu hören!“
„Mann, nicht halb so froh wie ich, dass ich Ihre höre.“ Carlos ließ sich gegen die Wand sacken und umfasste den Hörer fester. „Das ist eine üble Verlade, amigo , alle sind tot, und da draußen sind Dinger wie … wie Monster , Trent. Können Sie mich hier rausholen? Sagen Sie mir, dass Sie mich hier rausholen können!“
Es gab eine weitere Pause, und Trent seufzte, ein Laut, der schwer in die Stille fiel. Carlos schloss die Augen. Er wusste bereits, was er zu hören bekommen würde.
„Es tut mir sehr Leid, aber das ist unmöglich. Was ich tun kann, ist, Ihnen Informationen zu geben … aber das Überleben ist Ihr Job. Und ich fürchte, dass die Dinge sich noch verschlimmern werden, extrem verschlimmern, ehe sie sich zum Besseren wenden.“
Carlos holte tief Luft und nickte zu sich selbst; er wusste, dass er damit insgeheim schon die ganze Zeit über gerechnet hatte. Er war weitestgehend auf sich allein gestellt – und würde es bleiben.
„Okay.“ Er öffnete die Augen, straffte die Schultern und nickte abermals. „Schießen Sie los.“
NEUN
Anmerkungen: Schilderung des gemeldeten Vergehens – 29-087.
Zwei der zwölf
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