Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
sein, wie Nemesis entschlossen war. Wenn sie es richtig anstellte, würde sie überleben und verhindern, dass die Kreatur ihren Hunger stillen konnte. Wenn nicht …
Keine Zeit, kein Nachdenken mehr. Nemesis kam. Und Jill fing an zu rennen.
Im Büro des Parkhauses fand Carlos einen halben Karton mit vollen Trinkwasserflaschen und ein noch verpacktes Herrensmokinghemd – etwas Sterileres würden sie kaum unter die Finger bekommen. Umgehend tat er für Mikhail, was er konnte, während Nicholai Wache schob und, das Gewehr in der Hand, auf die Autowracks hinausstarrte. Der Hof war still bis auf Mikhails raues Atmen und den einsamen Schrei einer Krähe irgendwo in der Ferne.
Carlos’ medizinisches Wissen ging nicht sehr weit über die Grundanforderungen von Erster Hilfe hinaus, aber er hielt Mikhails Wunde auch nicht für allzu schlimm. Die Kugel war glatt durch seine Seite gegangen, knapp über dem linken Hüftknochen. Ein, zwei Fingerbreit versetzt, und er wäre nicht zu retten gewesen. Ein Schuss in Leber oder Nieren wäre einem Todesurteil gleich gekommen. Wie es aussah, war sein Darm perforiert. Das würde ihn auf lange Sicht zwar auch umbringen, aber bei sofortiger Erstversorgung blieb ihm noch eine Galgenfrist. Carlos säuberte und behandelte die Wunde, klebte Kompressen darauf und bandagierte mittels Streifen, die er aus dem Hemd gewonnen hatte, Mikhails Oberkörper, um den Druck aufrechtzuerhalten. Der Zugführer schien die Schmerzen einigermaßen wegzustecken, wenn ihm auch infolge des Blutverlusts schlecht und schwindlig war.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Carlos, dass Nicholai sich bewegte. Er heftete noch etwas Klebstreifen über den Verband, schaute auf und sah, dass der Truppführer einen Laptop-Computer aus seiner Schultertasche gezogen hatte und Tasten betätigte. Sein Gesicht war der Inbegriff von Konzentration. Das Gewehr hatte er sich umgehängt, und so kauerte neben einem zertrümmerten Pick-up-Truck.
„Sir – äh, Nicholai … ich bin hier fertig“, sagte Carlos im Aufstehen. Mikhail hatte, mit dem Hinweis darauf, dass ihre Lage Flexibilität verlangte, darauf bestanden, dass sie auf eine förmliche Anrede mit Rang verzichteten. Carlos hatte zugestimmt, aber nicht den Eindruck gehabt, dass es Nicholai sonderlich gefiel. Er schien der Typ Mann zu sein, dem Vorschriften heilig waren.
Mikhail stemmte sich, bleich und mit verschleiertem Blick, auf den Ellbogen empor. „Kannst du das Ding irgendwie dazu benutzen, um die Evak-Transporter zu rufen?“ Seine Stimme war schwach.
Nicholai schüttelte seufzend den Kopf. Er klappte den Laptop zu und steckte ihn wieder in die Tasche. „Ich habe ihn auf dem Polizeirevier gefunden und dachte, er könnte nützlich sein – Auflistungen der Barrikaden vielleicht oder weitere Informationen über dieses … Desaster.“
„Kein Glück gehabt?“, fragte Mikhail.
Nicholai kam zu ihnen. Er wirkte resigniert. „Nein. Ich glaube, unsere beste Chance besteht darin zu versuchen, zum Uhrenturm zu gelangen.“
Carlos runzelte die Stirn. Trent hatte ihm erzählt, dass in einem Uhrenturm angeblich Waffen gelagert würden und dass er sich von dort aus in Richtung Norden halten sollte. Zählte man noch Jills Straßenbahn im Westen und diese neuen Informationen hinzu, fühlte er sich allmählich von Zufällen regelrecht überrumpelt. „Warum zum Uhrenturm?“
Mikhail antwortete leise: „Evakuierung. Dorthin sollen wir die Zivilisten bringen und den Transportern das Zeichen zum Kommen geben. Das Glockenläuten des Uhrenturms wird per Computer gesteuert, ein System, das ein Leuchtsignal ausstrahlt, wenn das Programm benutzt wird. Wir läuten die Glocken, die Helikopter kommen. Nett, was?“
Carlos fragte sich, warum es niemand für nötig gehalten hatte, die se höchst wertvolle Information beim Briefing zu erwähnen, entschied aber, nicht danach zu fragen. Im Moment kam es darauf wirklich nicht an – sie mussten zur Straßenbahn. Er kannte Nicholai nicht näher, aber zumindest Mikhail Victor bedeutete keine Gefahr, nicht in seiner Verfassung, und er musste in ein Krankenhaus. Trent hatte gesagt, eines läge nicht weit vom Uhrenturm entfernt.
Aber Umbrellas Augen und Ohren …
Nein. Ihre Geschichten glichen der seinen – sie hatten gekämpft und ihre Teamkameraden sterben sehen, hatten sich verirrt, einen Ausweg gesucht und waren hier gelandet. Es war nur ein komisches Gefühl, plötzlich zwei Leute mehr in die Sache verwickelt zu sehen. Trent hatte ihn dazu
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