Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)
Vollzeit-Hausfrauen und denen von berufstätigen Müttern: Demnach entwickeln Kinder mit außer Haus arbeitenden Müttern sogar etwas seltener internalisierende Probleme. Sie leiden also weniger unter Selbstzweifeln, Depressionen oder Ängsten.
Ein Problem in der hitzigen deutschen Krippendiskussion bestand lange darin, dass es kaum Studien aus Deutschland gab, bei denen die Kinder früh in ihrem Wesen erfasst und dann über mehrere Jahre begleitet wurden. Das wollten Stefanie Jaursch und Friedrich Lösel vor ein paar Jahren ändern. Sie befragten die Erzieher/innen, Lehrer/innen und Mütter von 660 Vorschulkindern aus Erlangen und Nürnberg über einen Zeitraum von sechs Jahren und wollten auch wissen, ob die Mütter schon im Kleinkindalter außer Haus einer Arbeit nachgegangen waren. Absichtlich ließen sie die fast 50 Fragen zum Wesen der Kinder von mehreren Erwachsenen beantworten. So wollten sie verhindern, dass sich »Effekte der sozialen Erwünschtheit« ergaben, also etwa die berufstätigen Mütter die Verhaltensprobleme ihrer Kinder herunterspielten oder kritische Lehrer sie überbewerteten.
Die Ergebnisse sprachen eine klare Sprache – und waren in jeder Hinsicht sehr beruhigend: »Es gibt überhaupt keinen Zusammenhang zwischen Verhaltensproblemen und mütterlicher Berufstätigkeit«, betont Friedrich Lösel. Dabei ist es gleichgültig, ob die Mütter schon bald nach der Geburt ihres Kindes oder erst nach dessen Eintritt in die Schule ihre Arbeit wieder aufnehmen, ob sie ganztags arbeiten oder in Teilzeit.
Die Ergebnisse aus Erlangen decken sich mit denen von großen Studien aus den USA und auch solchen von der Grande Dame der deutschen Krippenforschung, der gebürtigen Thüringerin Lieselotte Ahnert. Die Entwicklungspsychologin befasst sich schon seit Jahrzehnten mit dem Einfluss öffentlicher Kleinkindbetreuung auf das Seelenleben der Kleinen und hatdaraus ihren Leitsatz destilliert, den sie gerne und mit Nachdruck wiederholt: »Mütter, entspannt euch!« Wer Kinder erzieht, muss nicht perfekt sein. Die Mutter lege nicht, »was viele immer noch denken, in den ersten zwei oder drei Jahren mit jeder ihrer Taten unwiderruflich das Fundament für alles, was später aus dem Kind wird«, so Ahnert. Und sie muss auch nicht, wie es lange Doktrin war, mit Haut und Haar und Tag und Nacht ausschließlich für den Nachwuchs da sein.
Weit verbreitet ist die Ansicht, es sei doch natürlich, dass Kinder zu Hause bei ihrer Mutter aufwachsen. Mutter und Kind gehörten nun mal zusammen. Aber was ist schon natürlich? Im Hinblick auf Kindererziehung lasse sich das jedenfalls nicht so einfach definieren, so Lieselotte Ahnert. Das zeige schon ein Blick auf die Naturvölker der Erde. Da gibt es zum Beispiel die Kung in der Kalahari. Dort tragen die Mütter ihre Kinder die ersten drei Jahre lang fast ständig an ihrem Körper mit sich herum. Mutter und Kind leben quasi in Symbiose. Doch es gibt auch das andere Extrem. Das ist etwa bei den Ewe in Zentralafrika zu finden. Die Mitglieder dieses Volkes reichen ihre Säuglinge von Schoß zu Schoß weiter. Auf diese Weise hat jedes Ewe-Baby durchschnittlich 14 Betreuerinnen. Einige von ihnen stillen es sogar. So verbringt das Kind manchmal nur ein Fünftel des Tages bei seiner leiblichen Mutter.
Es könne doch gar nicht sein, dass sich Kinder nur gut entwickeln, wenn sie in den ersten Jahren »an ihrer Mutter kleben«, lästert der amerikanische Evolutionsbiologe Jared Diamond. »Sonst müssten die Kinder der Hausfrauen in den reichen Industrienationen wohl die ersten und einzigen normalen Menschen der Welt sein.« Selbst in diesen Ländern seien die Kinder noch vor 100 Jahren von einem ganzen Netz von Tanten, Onkeln und anderen Bezugspersonen erzogen und betreut worden.
Qualität ist eben nicht gleich Quantität. Dass das auch für die Beziehungen von Müttern und Kindern gilt, betonen Pädagogen und Entwicklungspsychologen unisono. Es kommt nicht darauf an, dass Eltern und Kinder besonders viel Zeit beisammen sind, sondern wie sie ihr Miteinander gestalten. Abgesehen davon verbringen berufstätige Mütter fast genauso vielZeit mit ihren Kindern und spielen ebenso häufig mit ihnen wie nicht berufstätige Mütter, das haben verschiedene Studien nachgewiesen.
Was eine stimulierende Umgebung bewirkt
Gerade Kinder aus weniger privilegierten Familien können von einem Krippenplatz profitieren; sie sind seltener aggressiv oder übertrieben ängstlich als die Sprösslinge von
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