Resteklicken
irgendeinem fetten amerikanischen Programmierer eingebauten dunkelgrauen Kreis. Als mir die Zigarette fast bis auf die Finger runtergebrannt ist, schmeiße ich sie in den Aschenbecher, schreie laut » MANN !« und schlage mit der flachen Hand auf den Schreibtisch.
Dann heule ich eine halbe Stunde.
Einer sehr esoterisch veranlagten Freundin von mir, die immer behauptet, auch Männer müssen ihre Gefühle »mal rauslassen« und Dem fetten amerikanischen Programmierer, der diesen dämlichen grauen Kreis nur aus EINEM Grund eingebaut hat, nämlich, damit man sehen kann, wann die Exfreundin WIRKLICH keinen Kontakt mehr haben will, und es einem danach voll schlecht geht gefällt das .
Dabei haben Steffi und ich doch so viel gemeinsam.
Uns beiden gefällt:
Stromberg
Ulmen TV
Ausschlafen
Burger King
Packstation
Nora Tschirner und
FarmVille
Darüber hinaus sind wir beide der Facebook-Gruppe Dank Ed Hardy erkenne ich Vollidioten sofort! beigetreten. Was bitte schön soll uns denn noch mehr verbinden?! Wir sind doch eindeutig füreinander bestimmt!
Außerdem bin ich nett. Und Arschfotzenkopf ist eben ein, na ja, ein Arschfotzenkopf eben.
Ich aktualisiere die Startseite bei Facebook und gucke, was es Neues gibt. Natürlich nichts. Nur unsinniges Geposte. Timo Hengst »ist heute gar nicht auf der Höhe«. Ich habe keine Ahnung, wer Timo Hengst ist.
Ich gehe auf mein Profil. Zwei neue Freunde sind dazugekommen. Jochen Gerstner , ein Typ, mit dem ich mal ein paar Monate im Hockeyverein war, und Theresa Olias , die arbeitet an meiner Tanke. Geil, jetzt habe ich schon 204 Facebook-Freunde! Ich aktualisiere die Startseite und gucke, was es Neues gibt.
Manchmal stehe ich sogar mitten in der Nacht auf, um zu gucken, was es Neues gibt. Facebook schläft niemals. Und einmal bin ich sogar mitten während eines Vorstellungsgesprächs für irgendeinen scheiß Studentenjob aufgestanden und habe dem Typen gesagt, ich hätte jetzt ein anderes Vorstellungsgespräch, nur damit ich nach Hause gehen und gucken konnte, was es Neues gibt. Damit mir so etwas nicht wieder passiert, habe ich mir ein iPhone zugelegt. Jetzt kann ich auch in der U-Bahn, im Kaufhaus oder in der Gosse gucken, was es Neues gibt.
Ich aktualisiere die Startseite.
Nichts Neues.
Mein Gott, Meschner, nun schließ die Seite doch einfach und mach mal was anderes! Geh raus! Kauf dir ’ nen Strick! Erhäng dich!
Nichts Neues.
Und auch keine Nachricht von Steffi.
Nicht mal online ist sie.
Ich schließe Facebook mit einem flauen Gefühl im Magen, und nehme mir vor, es heute nicht mehr zu öffnen. Den ganzen Tag lang nicht. Fühlt sich an wie freier Fall. Egal. Das ziehst du jetzt durch, Meschner!
Was, wenn Steffi genau in diesem Moment eine Nachricht an mich geschickt hat?
Glücklicherweise klingelt genau in diesem Moment mein Telefon. Sascha.
»Erzähl mir bloß nichts von Simone!«, eröffne ich. »Ich will nichts hören.«
»Ist ja gut«, sagt Sascha. »Ich wollte dich ja nur fragen, was mit Bierchentrinken nachher ist.« Er hört sich ziemlich fit an.
»Weiß ich noch nicht genau!«, sage ich.
»Was ist denn mit dir los? Bist du dumm, oder was?«
»Alter, ich hab voll den Kater und nur fünf Stunden geschlafen.«
»Ich nur drei! Komm nachher zu mir und dann trinken wir einen!«
»Ich bin echt voll fertig.«
»Um acht bei mir!!! Bring Wodka mit! Dann machen wir unser Tassendiplom und gut.«
»Ich muss auch mal endlich was für die Uni machen!«
Sascha lacht und legt auf.
Das mit der Uni stimmt tatsächlich.
Ich muss wirklich mal was tun. Ich weiß zwar nicht genau, was, aber IRGENDWAS muss ich tun. Geht aber im Moment nicht. Bin einfach zu schlecht drauf. Außerdem habe ich mit der Uni sowieso eine Art Stillschweigeabkommen getroffen. Die Uni wartet still und leise auf irgendwelche Scheine, die ich nie machen werde, und ich warte im Gegenzug genauso still und leise auf die Zwangsexmatrikulation.
Ach, völlig egal alles!
Ich öffne den Internet Explorer und klicke in meiner Favoritenliste Facebook an. Warum ist das eigentlich nicht meine Startseite? Könnt ich gleich mal einstellen.
STOPP !
Du wolltest doch heute nicht mehr zu Facebook!
Den ganzen Tag lang nicht!
Es gibt BESTIMMT nichts Neues! Und Steffi hat dir GARANTIERT auch nicht geschrieben!
Ich stelle fest, dass meine rechte Hand leicht anfängt zu zittern, und ich nehme mir schnell eine Zigarette aus der Schachtel. So also fühlt sich der kalte Entzug an!
Ich rede mir ein, dass
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