Resteklicken
Frauen.«
Es klickt in der Leitung. Nach einer kurzen Pause meldet sich die Stimme am Telefon zurück.
»Name und Adresse!«
Ich nenne der Dame meinen Namen und die Straße nebst Hausnummer. Wieder klickt es in der Leitung, und ich warte einen Augenblick.
»In halbe Stunde.«
Ich schaue zu André und flüstere schockiert: »In halbe Stunde?«
André zieht gespielt lässig an seiner Zigarette.
»Was kostet’s denn?«, fragt er.
»Oh, ja, äh … was kostet das Ganze denn?«
»Hundertzwanzig Euro für Stunde«, sagt die Frau am Telefon.
»Hundertzwanzig Euro? Für … BEIDE ?«
»Ja, beide.«
»Äh …«
André hebt den Daumen.
»Okay«, höre ich mich ängstlich sagen.
»In halbe Stunde.«
Der Satz klingt plötzlich wie eine Drohung.
»Ach ja, und bitte DOCH keine Blondine!«, sage ich, aber da klickt es schon wieder in der Leitung.
Dieses Mal endgültig.
»Dann können wir ja noch ein Bierchen trinken«, sagt André.
»Fuck, Alter, weißt du, wie es bei mir aussieht?!«
Ich fingere einen Zwanziger aus meiner Hosentasche und werfe ihn auf den Tresen.
»Wir zahlen. Jana!«
»Was ist denn los? Nun mach mal hier nicht so ’ ne Hektik!«
Ich stehe auf, reiße meine Jacke von der Stuhllehne und packe André am Arm.
»Aua!«
»Hallo?! Hast du überhaupt Geld mit? Du hast doch vorhin alles beim Pokern an mich verloren.«
André überlegt kurz und muss dann kräftig schlucken. Außerdem scheint er mit einem Mal wieder nüchtern zu sein.
»Scheiße.«
»Also, wir machen Folgendes: Ich gehe zur Tanke und hole was zu trinken. Wir brauchen ein bisschen Sekt oder so. Da ist auch gleich ’ ne Bank. Da hol ich Geld, das gibst du mir morgen einfach zurück. FUCK, was mache ich hier eigentlich?! Ich brauch das Geld doch!«
»Ist doch total billig alles«, sagt André und setzt ein verunglücktes Lächeln auf.
Als wir aus der Kneipe raus sind, drücke ich André meinen Wohnungsschlüssel in die Hand.
»Noch mal der Plan: Ich gehe zur Tankstelle. Du räumst in der Zeit die Wohnung auf!«
»Muss das echt sein?«, fragt André.
»Nur oberflächlich. Alle Klamotten, Bücher und sonst den ganzen Dreck einfach in mein Zimmer werfen! Der Abwasch ist sowieso schon in der Badewanne, also Duschvorhang zu! Ach ja, … und putz das Klo!«
»Was?!«
»Ich habe da oben zwei Gegenstände, eine Klobürste und eine dreckige Toilette. Wie in einem Computer-Adventure: Du kombinierst die beiden Dinge miteinander und erhältst eine saubere Schüssel. Noch Fragen?«
»Ich töte dich«, mault André und trottet dann in Richtung Haustür. »Irgendwann töte ich dich, Meschner.«
Es ist kalt, und es regnet. Die Autos rutschen am Rande meines Wahrnehmungsfeldes über die Straßen. Das Licht der Ampeln und Leuchtschilder spiegelt sich in den Pfützen. Eine seltsame Nacht ist das. Und in nicht mal »halbe Stunde« werden zwei Nutten in meiner Wohnung sein.
Als ich nach ein paar Minuten am Automaten stehe, habe ich das Gefühl, dass mein Herz kurz aussetzt, denn mir schießt heiß durch den Kopf, dass ich eventuell doch nicht genug Geld auf dem Konto habe, und dass der Automat nichts ausspucken wird, aber ich versuche, den Gedanken schnell wieder abzuschütteln. Als dann das beruhigende Rattern des Geldzählers einsetzt, gefolgt von der weitaus weniger beruhigenden Anzeige meines Kontostandes, da geht es mir wieder etwas besser, und ich nehme das Geld und gehe rüber zur Tankstelle. Ich kaufe drei Flaschen Sekt, etwas Bier und Wein müsste ich noch im Kühlschrank haben, und ich überlege allen Ernstes, ob ich nicht vielleicht eine kleine Blume mitnehmen soll, als plötzlich mein Handy klingelt.
»Ja, ich bin’s, André. Wo bist du denn?«
»An der Tanke. Ich bin gleich da.«
»Weil… unsere beiden Gäste sind auch schon da.«
»Wie ›schon da‹?«
»Na ja, sie sind eben … schon da.«
Andrés Stimme ist leise und dünn. Er klingt, als würde er aus einer weit entfernten Galaxie anrufen. Der Galaxie der Panik.
»Alles klar«, sage ich und lege auf.
Ich stopfe die Sektflaschen hektisch in eine Tüte, so eine typische Tankstellentüte, die schon reißt, wenn man nur in sie hineinpustet, und klemme sie mir unter den Arm. Als ich etwa zehn Meter weit gekommen bin, klingelt das iPhone. André.
»Ja, ich bin’s, André. Wo bist du denn?«
»Auf dem Weg.«
»Die beiden sind schon da.«
» ICH WEISS «, sage ich und lege auf.
Scheiße, worauf haben wir uns da nur eingelassen? Zwei Nutten in meiner
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