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Resteklicken

Resteklicken

Titel: Resteklicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meschner Moritz
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ihr die Nervosität anmerken. Sie streicht mit der Hand über ihren blonden Armteppich.
    »And you always … working here in Berlin?«
    »Just weekend« , antwortet Iga. »We have our families in Poland.«
    »Ah, your families. Your parents?«
    »No, my husband and my children.«
    Prompt verschluckt sich André an seinem Sekt und hustet los wie ein Lungenkranker.
    »Ich, äh …«, versucht er sich zu entschuldigen.
    »You have children?« , frage ich schnell.
    »Yes. Vier children.«
    »Oh«, sage ich, und dann fällt mir auch schon nichts mehr ein.
    Eine unangenehme Stille entsteht. Ich schaue André kurz an und gehe aufs Ganze. Das hier muss ein Ende haben. Und zwar genau jetzt.
    »Also, mal Klartext«, beginne ich ängstlich. »Wir … äh, we … well , also, zwischen uns … also, es wird nichts laufen zwischen uns.«
    Ich gestikuliere wild mit den Armen und hoffe inständig, dass André mir irgendwie hilft, aber er sitzt nur da und trinkt seinen Sekt.
    »Das Geld, also, the money, das kriegt ihr natürlich, das ist kein Problem, aber es wird eben nichts laufen, no sex , versteht ihr? Also, nicht dass ihr das jetzt in den falschen Hals bekommt, in den wrong äh Dings, André, was heißt ›Hals‹ auf Englisch?«
    »Woher soll ICH das wissen?«
    » THROAT ! In se wrong … na ja, egal, ihr seid ja, also, ihr seht ja total sexy aus und so, aber …«
    Iga greift ohne zu zögern in ihre Tasche und holt ein Handy heraus, und plötzlich muss ich an den zerrissenen Zettel und die beiden Schlägertypen unten im Auto denken. Mein Herz fängt an zu rasen. Iga drückt ein paar Knöpfe und zeigt André das Display.
    »Hier … das meine children .«
    Oh my god! Zu behaupten, das Sprichwort »Mir fällt ein Stein vom Herzen« würde in diesem Moment passen, wäre die Untertreibung des Jahres. Vielleicht müssen wir ja heute doch nicht in den Wannsee. Ich nehme einen Zug von meiner Zigarette und rücke meinen Stuhl so zurecht, dass auch ich das Foto auf dem Display erkennen kann.
    »Und hier … das mein dog . Dog , weißt du?«
    André nickt, macht einen Hund nach, und ich setze ein gekünsteltes Schwiegersohnlächeln auf, das Lächeln, für das mich Steffis Mutter nie hat leiden können und weswegen sie wahrscheinlich auch nicht meine Schwiegermutter geworden ist. Dann schauen wir wieder auf das Handy der polnischen Nutte.
    »Das … schön«, sage ich, und André nickt. »Schön, schön. Ist das where you living ?«
    »Yes« , sagt Iga und zeigt uns ein weiteres Foto, auf dem drei kleine Kinder vor einer brüchigen grauen Betonmauer spielen.
    »Das in Poland . Auch Natti da wohnen.«
    Ich sehe vor meinem geistigen Auge ein heruntergekommenes Bauernhäuschen irgendwo im Niemandsland hinter der polnischen Grenze, in dem Iga, Natti, die El tern und Großeltern, Tanten und Onkel, Geschwister, Ehe ­männer, Kinder und Hunde zusammengepfercht dahinvegetieren und jeder es mit jedem treibt. Schlagartig fällt mir wieder ein, warum die beiden überhaupt hier sind, und was mich das alles kostet, wenn wir uns Igas Fami­lienfotos angucken. Also versuche ich es noch einmal. Ich ziehe mein Portemonnaie aus der Hosen­tasche und lege einen Hunderter und einen Fünfziger auf den Tisch.
    »Das euer Geld«, sage ich zögerlich. »Wie, also, like I say before, we don’t want to have sex tonight. We are a little tired, you know, and we have to go into the bed, you under­stand? But it was a very nice evening, and maybe …«
    Sofort steckt Iga das Handy zurück in die Tasche, nimmt das Geld vom Tisch und sagt etwas auf Polnisch, das mich an einen Zigeunerfluch aus einem Horrorfilm erinnert. Dann stehen die beiden auf, ziehen ihre Jacken an und gehen. André und ich folgen ihnen zur Wohnungs­tür. Als wir an meinem Schlafzimmer vorbeikommen, in dem man durch einen Spalt das ungemachte Bett und meine Bier- und Weinflaschensammlung daneben erkennen kann, grinsen Iga und Natti sich kurz an. Ich habe keine Ahnung, was das bedeuten soll. Wahrscheinlich denken sie, wir seien schwul.
    » Okay , also maybe bis next time «, sage ich und umarme Iga etwas unbeholfen. Sie küsst mich und André auf die Wange und verschwindet mit Natti nach draußen.
    Ich schließe die Tür.
    »Danke für diesen schönen Abend«, sage ich zu André.
    Dann trinken wir den restlichen Sekt und noch eine Flasche Wein aus meinem Kühlschrank und legen uns angezogen nebeneinander aufs Bett. Als ich ein paar Stunden später kurz aufwache, stelle ich fest, dass ich meinen

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