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Resteklicken

Resteklicken

Titel: Resteklicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meschner Moritz
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sage ich. »Glaube da aber irgendwie nicht richtig dran.«
    »Das hat mit GLAUBEN nichts zu tun«, fährt mich der Captain an. »Da gibt es genug BEWEISE für.«
    »Jaja«, sage ich eine Spur zu arrogant. »Und die Hitler-Tagebücher waren auch echt!«
    »Das ist doch was völlig anderes«, nervt der Dicke.
    Ich merke, wie eine leise Aggression in mir aufsteigt.
    Seit ein paar Wochen leide ich unter Stimmungsschwan­kungen. Meistens wenn ich was getrunken habe. Also im­mer.
    Vielleicht haben diese Stimmungsschwankungen ja mit Steffi zu tun. Nur vielleicht.
    »Ihr Idioten würdet sogar die Jesus-Tagebücher kaufen, wenn’s die gäbe«, sage ich sauer und gehe.
    Denen hab ich’s gezeigt!
    So hätte ich mal mit Steffi umspringen sollen, dann hätte sie mich respektiert und geliebt, und wir wären immer noch zusammen!
    Ich gehe in den Flur und setze mich auf einen Stuhl. Dann nehme ich mein iPhone und gucke nach, was es Neues gibt.
    Moritz Meschner IST ALEX!!!
    vor drei Stunden
    André Langenfels gefällt das.
    André Langenfels Viel Spaß, Chef!
    vor 50 Minuten
    Danke, Chef, denke ich und nehme einen großen Schluck Bier. Dann lehne ich mich in den Stuhl zurück und atme einmal tief durch.
    »Jesus-Tagebücher«, sage ich laut, und plötzlich kichere ich los wie ein Schuljunge, der zum ersten Mal das Wort »Titten« ausspricht. Das ist das einzig Schöne an diesen Stimmungsschwankungen: Manchmal werde ich nach einem Aggro-Tief fast hysterisch gut drauf und muss lachen. Am Ende mündet das aber meist wieder in einen Weinkrampf.
    »Jesus-Tagebücher!«
    Scheiße, ist das lustig.
    Ich starre für ein paar Sekunden auf mein Display. Dann beginne ich wie aus heiterem Himmel mit einigen Notizen:
    Arbeitstitel: Die Jesus-Tagebücher
    Ideen:
    Liebes Tagebuch,
    seit gestern höre ich Stimmen. Mutti sagt zwar, das legt sich; ich bin da aber skeptisch.
    Irgend so ein Typ in Kamelhaarjacke hat mich nämlich getauft (Das Wasser! – es war bestimmt das Wasser). Jedenfalls: Seit dieser Taufgeschichte höre ich Stimmen, und mir ist auch sonst nicht so, also vom Körpergefühl her. Ich komme auf die seltsamsten Ideen. Möchte mal was ganz Außergewöhnliches machen, was Kreatives. Vielleicht gehe ich vierzig Tage in die Wüste. Vielleicht auch nicht.

    Nazareth, 05.02.20 (?)
    Wir haben wohl eine neue Zeitrechnung. (Ist irgendwie an mir vorbeigerauscht.) Wer, um Gottes willen, ist denn dafür wieder verantwortlich? (Hatte mich gerade so an den Julia­nischen Kalender gewöhnt.) Wann wird denn jetzt die Uhr umgestellt? Und was ist mit den römischen Feiertagen? – Jesus!
    Galiläa, 32.07.20 (??)
    Mit den Jungs fischen gewesen.
    Simon bekommt von mir einen neuen Namen. Ich nenne ihn fortan »Petrus«. (Der Name passt auch viel besser zu seinem Haarschnitt.) Andreas war unartig. Ihm gebe ich keinen neuen Namen.
    Mit den Frauen klappt es zurzeit nicht so. Kein Wunder: Wir sind zwei Fischer und ein arbeitsloser Zimmermann. (Frauen wollen ja immer gleich ’nen König!)
    Vielleicht mache ich mein Abi nach. Die Volkshochschule Genezareth bietet da so Abendkurse an. Allerdings wollen die 30 Silbertaler im Voraus. So viel Geld habe ich nicht. Petrus feixte, da müsse man wohl schon jemanden an die Römer für verraten. Ich konnte darüber gar nicht lachen. (Der Blödmann soll doch am Kreuz verrecken!)

    Ich lese mir die Ideen zweimal nacheinander durch und kichere wieder dabei. Gott, ist das lustig! Was, wenn ich einfach eine Schriftstellerkarriere beginne? Schriftsteller kommen SEHR gut bei Frauen an! So wie Schlagzeuger oder Footballspieler. Ja, ich werde Schriftsteller! Und alles wird gut! Steffi wird mich lieben, und Arschfotzenkopf wird sich fragen, was ein Schriftsteller überhaupt ist!
    Ich drücke auf »Notiz speichern«, und das Display wird schwarz.
    Ich schlucke kurz und wische mit dem Zeigefinger hektisch über das Touchpad.
    Nichts.
    Ich versuche das iPhone neu zu starten.
    Geht nicht.
    Ich brauche nicht darüber nachzudenken, ob mein kack iPhone das jetzt gespeichert hat oder nicht. Natürlich nicht. Ich WEISS es! Und das nur, weil ich Gottes Sohn ein bisschen dissen wollte?! Wär doch lustig gewesen! Oder lacht Gott nicht?! Oder ist Gott TATSÄCHLICH eine Frau?! Fuck!
    Ich hasse Gott.
    Und sie hasst mich.
    »Na, du«, sagt plötzlich eine weibliche Stimme über mir.
    Für einen Moment glaube ich, dass das Gott ist. Wahr scheinlich um mir mitzuteilen, dass Steffi grad ’ nen Dreier hat.
    Als ich nach oben schaue, erkenne ich

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