Resturlaub
hat, sondern dieses Mädchen und biete ihm 10 Peso an statt 8,60, aber es hilft alles nichts: In einem Anfall von nationaler Sippenhaft verweigert er sogar jedes Trinkgeld. Ich steige aus dem Taxi, das sofort von einer Gruppe junger Briten gestürmt wird, und schiebe mich an den Türstehern vorbei in den Pub mit dem festen Willen, bei einem Bier ein paar Leute kennen zu lernen.
Und tatsächlich! Ich lerne gleich drei Leute kennen. Einen 23jährigen Neuseeländer, der bereits morgen wieder abreist, um sich irgendwelche Wasserfälle in Brasilien anzuschauen, dem ich aber trotzdem meine coole neue Telefonnummer gebe, falls er mal wieder in Buenos Aires vorbeischaut. Eine rotzbesoffene Amerikanerin, die mir mit Hilfe eines Kugelschreibers und zwanzig Servietten eine Stunde lang ihre Heimatstadt Austin erklärt (ihr gebe ich die Telefonnummer nicht), und eine Kolumbianerin im roten Gummirock, die mir für hundert Peso anbietet, noch woanders hinzugehen (was vermutlich auch etwas mit einer Nummer zu tun hätte). Ich sage ihr, dass ich gerade erst gekommen bin und für hundert Peso lieber 20 Bier trinke, gerne auch mit ihr. Enttäuscht, fast beleidigt zieht sie ab. Als schließlich die Amerikanerin aus Austin mit einem Packen Servietten vom Hocker kippt, verziehe ich mich mit einem randvollen Pint alleine an einen Holztisch und zücke mein argentinisches Handy. Ich bin mir sicher: Wenn ich Punkt zwei meiner TO-DO-Liste abgearbeitet habe, wird es mir besser gehen. Nach dem siebten Klingeln hebt ein verschlafener Arne ab und ich rufe ein gut gelauntes »Mallemallemum!« in den Hörer.
Depplag
»HAST DU SIE NOCH ALLE?«, ist das Erste, was ich von Arne nach der Begrüßung höre.
»Wieso?«
»Weil's fünf Uhr früh ist, du Kasper!«
An die Zeitverschiebung habe ich in diesem Augenblick überhaupt nicht gedacht. Offenbar habe ich auch die Ente aufgeweckt, irgendetwas quakt im Hintergrund.
»Ist was passiert?«, fragt Arne mit sorgenvoller Stimme.
»Äh ... nein, alles prima hier auf ... Mallorca. Schade, dass ihr nicht . also mitgekommen seid!«, stammle ich. Es entsteht eine kurze Pause am Telefon.
»Du rufst um fünf Uhr früh an, um mir zu sagen, dass alles prima ist? Bist du besoffen?«
»Nein! Gar nicht besoffen!«
»Also: WAS IST?«
Ich nehme einen Schluck von meinem Bier.
»Biene hat was vergessen«, sage ich, »und zwar fehlt am Bastelbären das Urlaubsschild. Und da wollte ich dich fragen, also, weil du ja als Einziger noch in Bamberg bist, ob du das nicht aufhängen kannst, also so was wie: >Bin im Urlaub und ab dem 12. August wieder für Sie da< oder so. Weißt schon!«
»Du BIST besoffen!«
»Bin ich nicht!«
»Das hört sich aber nach Kneipe an bei dir!«
»Bin ja auch in einer!«
»Gib mir doch mal den Checko!«
»Schon ins Bett!« »Jason?«
»Knutscht mit Miriam!«
»Klar.«
»Also, Arne, kannst du das machen mit dem Schild für Biene?«
»Kann ich schon machen, aber . bist du sicher, dass nichts ist? Du klingst so komisch!«
»Alles wunderbar! Das wäre echt super mit dem Schild.«
»Jetzt weiß ich, was komisch ist!«, sagt Arne.
»Was?«
»Du sprichst so . so hochdeutsch!«
»Als ob ich schon mal so richtig Fränkisch gesprochen hätte!«
»Na ja ... aber dann sprichst du jetzt eben noch hochdeutscher!«
»Des wär voll subber mit dem Schild!«, sage ich.
»JETZT kann ich beruhigt weiterschlafen«, lacht Arne.
»Mallemallemum!«, sage ich.
»Mallemallemum!«, antwortet Arne und legt auf.
Der Pub wird voller und voller und schließlich sehe ich von meinem Platz aus nur noch Jeanshintern und Winterjacken statt der Theke. Ich beschließe, meinen ersten Abend an diesem Punkt zu beenden, und winke mir ein Taxi. Weil ich dem Fahrer sage, dass ich aus Dänemark komme, verbringe ich eine ruhige viertel Stunde auf der Rückbank.
Als ich die Wohnung betrete, schnarcht Pedro auf seiner grünen Wohnzimmercouch. Auf dem Fernseher läuft in beachtlicher Lautstärke die Schleife des DVD-Menus zu Ice Age 2. Ich schalte den Fernseher aus, putze meine Zähne und lege mich in mein Boca-Juniors-Bett. Was Biene jetzt wohl macht? Ich schiele auf den Wecker links neben mir: Hier ist es kurz vor eins, das heißt, dass Biene bald schon wieder beim Frühstück sitzt. Nichts ahnend und voller Hoffnung, dass ich bald nachkomme. Ganz plötzlich fühle ich mich ziemlich scheiße. Eigentlich müsste ich ihr alles sagen. Aber beendet man eine fast zehnjährige Beziehung am Handy?
Wohl eher nicht.
Der
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