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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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als mit den Worten diez minutos die Tür vor mir zukracht, weiß ich, dass ich den Test machen muss. Unsicher betrachte ich das Deckblatt meiner Prueba de nivel ESPANOL. Die Fragen Nombre und Telefono meistere ich mit Bravour, bei Fecha wird es schon schwieriger. Fecha. Mhhh . vielleicht wollen sie ja wissen, welche Fächer ich lernen möchte? Ich schreibe »Spanisch« neben fecha und beginne mit dem eigentlichen Test. Während die ersten Fragen noch konkreten Ballermann-Bezug haben - iCömo te llamas? - Peter Greulich, iDe dönde eres? -De Bamberg -, wird es auf den Folgeseiten fast unmöglich, irgendetwas Sinnvolles zu Papier zu bringen. Vor allem der freie Aufsatz am Ende des Tests, in dem ich etwas über meine Heimatstadt erzählen soll, macht mir zu schaffen, und offenbart schonungslos, dass ich mich sprachlich auf dem Niveau eines dreijährigen Andalusiers befinde.
    En Bamberg hay mucha cerveza. Me gusta el Seppelpeter's Spezial's. Es muy bien cerveza! Vivo en el centro. Mis amigos me llaman »Pitschi«. Buenos Aires es mas grande que Bamberg (creo 10 veces mas grande!)
    Ich trinke mein Wasser aus und gehe nach draußen, um den Test abzugeben. Eine zarte, bemerkenswert attraktive Frau in einem dunklen Rock huscht an mir vorbei. Ihre langen, schwarzen Haare liegen so perfekt, als käme sie geradewegs aus einem argentinischen L'Oreal-Werbespot. Mit einem schlichten »jHola!« wirbelt sie an mir vorbei und verschwindet in einem Büro. Was bleibt, ist ein leichter Vanille-Duft, ein zu einem Denkmal erstarrter Peter Greulich und der Kommentar der InfoFrau.
    »This is Luna, she does social activities for the students!«
    Ruppig reißt sie mir meinen Test aus den Händen.
    Ich frage, was genau unter »sozialen Aktivitäten« zu verstehen ist, und bekomme eine Liste, auf der für jeden Tag ein Programmpunkt aufgeführt ist, für heute ist es ein Kinobesuch für alle Sprachschüler, Treffpunkt 20 Uhr vor der Schule.
    »Is Luna doing this activity?«, frage ich.
    »Yes! You want to come?«
    »Yes, please.«
    Mit einem leicht genervten »jSeguro!« reicht mir die Rothaarige einen Kugelschreiber. Ich schreibe meinen Namen unter den von drei weiteren Studenten und lege die Liste zurück.
    »Have a look around if you want!«
    »Okay. Gracias!«
    »But don't disturb the classes!«
    »Thank you.«
    Ich bin dankbar, diese wichtige Info vor meinem kleinen Rundgang bekommen zu haben. Ich wollte nämlich gerade schreiend in ein Klassenzimmer laufen und einen Kopfstand an der Tafel machen. Irgendwie ist es halt immer das Gleiche, wenn man eine Fremdsprache lernt: Man fühlt sich nicht nur wie ein Kleinkind, die Leute behandeln einen auch so. Ich bin doch kein Volltrottel, nur weil ich noch kein Spanisch kann!
    »Next door!« »Thank you!«
    Ich schließe die Tür zur Abstellkammer und gehe durch einen neonbeleuchteten Flur in eine Art neonbeleuchteten Aufenthaltsraum, von dem die kleinen, ebenfalls neonbeleuchteten Klassenzimmer abgehen. Keiner der Räume hat so etwas wie ein Fenster, offenbar gibt es in Argentinien immer noch so etwas wie eine Fenstersteuer. Durch einen Türspalt luge ich auf eine müde Gruppe von vier jungen Schülern, die sich mit einem Text abzuquälen scheint. Ein schwabbeliger Typ mit Brille liest einen Text mit einem so starken britischen Akzent, dass ich eine Weile brauche um herauszuhören, dass es Spanisch ist. Läse Robbie Williams nach einer Flasche Gin einen deutschen Busfahrplan, er wäre einfacher zu verstehen. Ich frage mich, ob der Sprachschulen-Tipp von Keks wirklich so gut war.
    Nachdem ich zum siebten Mal den Artikel über einen Tagesausflug ins Tigre-Delta gelesen habe, gehen endlich die Türen zu den verschiedenen Klassenzimmern auf und eine Horde zumeist Englisch schnatternder Schüler strömt zu mir ins Foyer. Wie ich erschrocken feststelle, sind die meisten ungefähr zwei Jahrzehnte jünger als ich. Fast alle wirken übermüdet, was hoffentlich auf das Nachtleben zurückzuführen ist und nicht auf den Unterricht. Auch scheinen alle seit Jahren auf diese Schule zu gehen, sie bewegen sich selbstsicher, sie lachen, jeder kennt jeden. Und ich?
    Eine füllige Frau mit lockigem Haar, die genauso hilflos im
    Raum steht wie ich, zwinkert mir zu. Ich schätze sie auf knapp unter vierzig.
    »Bisch a nei?«, fragt sie mich auf Schwäbisch. Allein der Klang dieses Satzes lässt zwei englische Teenager einen Schritt zurückweichen.
    »Ja, erster Tag«, antworte ich so höflich es mir möglich ist und

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