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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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mitzubringen.
    »jDale! Me traes un agua, por favor!«, sagt Luna.
    »Für mi au! Aber ohne Blubber!«, droht Heidi.
    Reichlich verspannt steige ich die Treppe hinab zum kleinen Kiosk mit den Schokoriegeln und Getränken. Vielleicht kippt der Schwabenklops ja in der Zwischenzeit von alleine über die Reling, oder Luna fällt irgendetwas ein, wie sie sie loswird. Als ich mit meiner Cola und meinen zwei Wasserflaschen an einem kleinen schmutzigen Waschbecken mit einem durchgestrichenen Trinkwassersymbol vorbeilaufe, habe ich eine Idee.
    Ich leere den Inhalt einer Evian-Flasche, treibe eine Kakerlake zurück in ihre stählerne Wohnritze und fülle Heidis Flasche mit dem Wasser aus dem Schiffshahn. Das Schiffswasser ist ein klein wenig trüber als das aus den französischen Alpen, das fällt aber nur auf, wenn man es gegen das Licht hält.
    So richtig wohl fühle ich mich nicht in meiner Haut, als ich der lachenden Heidi ihre Wasserflasche reiche, aber was soll ich machen? Ich bin neu in diesem riesigen Land und neben mir steht eine umwerfende Frau, deren Gesellschaft ich nicht noch weitere sieben Stunden mit dem Stuttgarter Charme wunder teilen will. Mit jedem Schluck, den Heidi nimmt, entspanne ich mich ein bisschen mehr. Das Lachen, der Akzent, der Pullover: Ich ertrage alles leichter in der Gewissheit, dass dieser gesellschaftliche Totalausfall schon sehr bald schweigend und grün im Gesicht auf einer argentinischen Kloschüssel sitzen wird.
    Im Lomo, einem feinen Design-Restaurant, das Luna für den Abschluss des Ausfluges vorgeschlagen hat, geschieht es dann. Ich habe mich an unserem Sechsertisch gerade geschickt gegenüber Luna platziert und Heidi ans andere Ende neben die Italiener, da verschwindet Luna unauffällig auf der Toilette. Als sie nach einer viertel Stunde immer noch nicht zurück ist, bitte ich Heidi nachzuschauen. Meine schlimmsten Ahnungen werden bestätigt, als Heidi kurz darauf zurückkehrt und in lautem Schwäbisch amüsiert vermeldet:
    »'S Mondgsicht hat voll d' Scheißerei! Die kommt gar nemme von d'r Schüssl runner! Du sollsch a Taxi für se bstella, hat se gsa!«
    Während die beiden Kursitaliener kichern, fragt ein erschrockener Brasilianer, was das für eine Sprache wäre.
    »I would not call it a language!«, sage ich und erhebe mich. Mir ist unerklärlich, wie ich die Flaschen vertauschen konnte.
    Ich warte noch eine Weile an den Toiletten, bis eine leichenblasse Luna erscheint. Ich begleite sie zum Ausgang.
    So schwach ist sie, dass selbst ihr Widerstand gegen Deutsch gebrochen ist.
    »Normalerweise passiert das nach dem Essen, oder?«, lächelt sie schwach.
    »En espanol?«, scherze ich und sterbe fast vor Gewissensbissen.
    »Normalmente estas cosas pasan despues de la comida!« »Sehr sehr gut«, sage ich. »Mindestens Mittelstufe zwei!«
    »Tut mir Leid, aber ich muss wirklich nach Hause. Es geht nicht mehr.«
    »Natürlich«, sage ich und überlege mir, Luna nach Hause zu begleiten. Noch bevor ich auch nur daran denken kann, meine Jacke zu holen und mich bei den anderen zu entschuldigen, drückt mir Luna einen Zettel in die Hand.
    »Das hier ist die Adresse von La Catedral, wo die Milonga ist. Kannst du mit der Gruppe da hinfahren und ein bisschen auf die anderen aufpassen?«
    Ich nicke.
    »Und sag allen, dass sie Radiotaxis nach Hause nehmen sollen - ist keine gute Gegend, okay?«
    »Ich kümmere mich drum! Ist das hier die Nummer von La Catedral?.«
    »Nein, meine. Falls irgendetwas ist .«
    Das Taxi kommt und ich muss den Fahrer hinhalten, weil Luna ein weiteres Mal auf die Toilette muss. Dann schließlich braust sie kusslos und blass davon und als das Taxi außer Sichtweite ist, setze ich mich auf den Bordstein und betrachte mir den Zettel mit Lunas Telefonnummer. Nach einer Weile stehe ich auf und trinke ein Isenbeck allein an der Bar. Erst dann gehe ich zurück zu den anderen. Schließlich bin ich jetzt der Kinderbetreuer.
    »Ischs Mondgsicht gfahra?«
    »Ja, Heidi.«
    »Pasch du jetzt uff ons uff?«
    »Ja, Heidi!«
    »You're right.« Der Brasilianer nickt. »It's definetely not a language!«
    Milonga
    MAN KANN DIE Catedral nur als enorm beeindruckend beschreiben. Nach einer viertelstündigen Taxifahrt durch zwielichtige Viertel mit dunklen Gestalten, die vor mehr oder weniger verkommenen Häusern herumlungern, hat uns der Taxifahrer schließlich vor einem besonders abgeranzten Gebäude abgesetzt. Und nie würde man erraten, was sich hinter der steilen, wohnhausartigen

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