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Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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ließ. In dem Zimmer, in dem sie sich befanden, standen nur ein Bett und ein kleines Tischchen, auf dem sich zahlreiche Bücher unordentlich stapelten.
    »Wir sind in Charlonges Zimmer«, sagte Suki. »Sie meinte, es wäre besser, kein Aufsehen zu erregen.«
    »Fühlst du dich besser, Retra?«, fragte Krista-belle. Auch sie trug, so wie Suki, andere Kleider als im Club, doch ihre Augen waren immer noch mit dickem lila Lidschatten und reichlich Wimperntusche geschminkt.
    Retra nickte und stemmte sich hoch, um sich gegen das schwere Kopfteil zu lehnen. Die Köpfe der Eisennieten drückten sich in ihren Rücken, deshalb rückte sie die Kissen zurecht.
    Dann betrachtete sie ihre Handfläche. Die Farbe war wieder schwächer geworden, sodass nur noch der tätowierte Umriss des Chips zu erkennen war.
    »Mir geht es gut«, beruhigte sie sie und merkte, wie ihre Wangen heiß wurden. So im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, war ungewohnt für sie. »D-danke, dass ihr mich hierher zurückgebracht habt.«
    »Kero und die Jungs haben dich getragen«, sagte Krista-belle stolz.
    »Du warst im Club wie weggetreten«, fügte Suki hinzu. Sie klang leicht säuerlich. »Ich habe ihnen gesagt, sie müssten dir helfen, nach dem, was du für sie getan hast.«
    Aber Sukis deutliche Bemerkung ließ Krista-belle unbeeindruckt. Die Rothaarige sprang auf und packte Retras Hand. »Kero ist unten im Speisesaal. Er will dich fragen, ob du dich den Wings anschließen möchtest. Du könntest eine von uns werden.«
    Retra starrte erst sie, dann Suki an.
    Suki zuckte die Achseln. »Sie sagten, das gälte auch für mich. Wegen dir.«
    Krista-belles warme Hand fühlte sich warm und klebrig an. »I-ich weiß nicht. Was macht ihr denn so?«, fragte Retra.
    »Oh«, sagte sie vage. »Das Übliche. Wir gehen zusammen aus. Passen auf, dass niemand vergessen wird oder sich auf die Seitenwege verirrt. Vor allem aber haben wir Spaß. Hängen zusammen ab. Wir kümmern uns umeinander. Das ist das Beste daran. Aber manchmal kämpfen die Jungs auch gegen andere Gangs.«
    »Worum kämpfen sie?«
    Sie knibbelte an ihren schwarz lackierten Fingernägeln. »Sachen halt. Darum, wer taffer ist, wahrscheinlich.«
    Retra gefiel das nicht, aber Sukis Augen leuchteten auf. »Sie kämpfen, echt?«
    Krista-belle zog an Retras Hand. »Komm und rede mit Kero, bitte.«
    »Ja«, sagte Suki. »Steh endlich auf! Mir wird langweilig.«
    Die beiden Mädchen folgten Retra hinunter ins neglegere . Sie plauderten über Musik und Brand, während sie sich wusch und die frische Kleidung, die in ihrem Schrank gelegen hatte, anzog: schwarze Netzstrümpfe, eine weiche, eng anliegende Tunika und Stiefel. Retras Stiefel in Grave waren bequem gewesen, zum Laufen gemacht, diese hatten hohe Absätze und gingen ihr bis über die Knie. Als sie den oberen Teil umklappen wollte, schlug Suki ihre Hand zur Seite.
    »Lass das«, sagte sie. »Das soll so sein.«
    »Ich fühle mich aber komisch da drin«, sagte sie.
    »Sexy«, kicherte Krista-belle. »Nimm dich bloß in Acht.«
    Retra fragte sich, ob die Stiefel wohl Markes gefallen würden, und machte sich prompt Vorwürfe, weil sie so oberflächlich war. Joel war ihr das Wichtigste im Leben. Sie musste ihn finden und dann … und dann was? Ihn überzeugen, Ixion zu verlassen. Sie würden woanders hingehen, zusammen. Nicht nach Grave zurück, aber an einen der Orte, von denen Charlonge gesprochen hatte. »Ich bin fertig«, sagte sie.
    D er Speisesaal war voller Neuankömmlinge und White Wings. Mit einem Blick zu Charlonge, die mit fest verschränkten Händen bei der Speisetheke stand, erkannte Retra, dass ihre Betreuerin angespannt war. Ihr Blick war fest auf Kero gerichtet, der die Füße auf den Tisch gelegt hatte und mit ein paar Wings sprach – Jungen, die alle älter waren als Retra.
    Krista-belle nahm Retras Hand und führte sie durch das Labyrinth der Tische zu ihrem Freund. Suki kam ihnen nach, widerstrebend, wie Retra spürte. In der Provinz, aus der sie kam, war Suki diejenige gewesen, die gekämpft hatte, nicht die Männer. Hier war alles anders.
    »Sieh mal, Kero!«, sagte Krista-belle. Sie zog Retra nach vorn. »Es geht ihr wieder gut.«
    Kero wies mit dem Kopf auf einen der leeren Stühle. »Setzt euch, Mädels.«
    Retra hockte sich auf die Stuhlkante. Es war ihr unangenehm, dass sich alle Augen im Speisesaal auf sie richteten. Selbst Charlonge sah zu ihr hin.
    Einen Moment lang herrschte unbehagliches Schweigen, dann murmelte Kero:

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