Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele
schloss er die Tür hinter uns.
Ich wappnete mich gegen Addisons Hilferufe. Doch es war kein Mucks zu hören – und auch keine Spur von ihr zu sehen.
Das Zimmer war allerdings der absolute Knaller! An der linken Wand thronte ein Ständer voller glitzernder Kostüme neben einem Ganzkörperspiegel und einem von großen, matten Glühbirnen beleuchteten Schminktisch. Auf dem Beistelltisch in der Ecke war ein Buffet mit Unmengen von Schinken, Käse, Obst und kleinen Törtchen aufgebaut. Mitten im Zimmer stand ein Sofa mit zwei Sesseln um einen riesigen Flachbildschirm, an den eine Playstation angeschlossen war.
Nur Addison Page war nirgendwo zu sehen.
Nash sah mich fragend an, und ich antwortete mit einem Schulterzucken. Im selben Moment hörte ich Wasser rauschen und erspähte eine offene Tür an der gegenüberliegenden Wand. Die Garderobe hatte ein separates Badezimmer, und genau darin befand sich Addison Page.
„Ist der Wagen bereit?“ Die Sängerin kam aus dem Bad und ging schnurstracks zum Schminktisch hinüber, wobei sie an ihrem linken Ohrring herumfummelte und das Gesicht abwandte. Als sie schließlich aufblickte, erstarrte sie. Ich rechnete damit, dass sie jetzt laut schreien würde. Doch Nash bannte die Gefahr, indem er seine Stimme einsetzte, um Addison zu beruhigen. Und es wirkte.
„Hallo, Addison“, sagte er. Seine Stimme war wie ein sanftesStreicheln, das Addison die Angst nahm und sogar mich beruhigte. Bansheemänner konnten die tollsten Dinge mit ihrer Stimme anstellen, während wir Bansheefrauen nur ein ohrenbetäubendes Schreien zustande brachten. Ziemlich unfair, aber manchmal auch ziemlich praktisch.
Ein Anflug von Ärger huschte über Addisons elfenhafte Züge, doch im nächsten Moment lächelte sie strahlend. „Das ist jetzt etwas ungünstig. Ich bin gerade auf dem Weg ins Krankenhaus, um nach Eden zu sehen.“ Sie strich die blaue Haarsträhne zurück und nahm einen Stift vom Schminktisch. „Aber für ein kurzes Autogramm habe ich immer Zeit.“
Sie hielt uns für Fans. Und sie wusste nicht, dass Eden tot war. Welches Missverständnis sollte ich zuerst aufklären? Ich entschied mich für das einfachere.
„Wir sind keine Fans“, erklärte ich schulterzuckend und stopfte die Hände in die Hosentaschen.
Addys Miene verfinsterte sich, und mir wurde klar, wie das klingen musste. „Also eigentlich sind wir schon Fans. Wir finden deine Musik klasse! Aber deshalb sind wir nicht hier.“
Ihre Miene verfinsterte sich noch mehr. Trotz Nashs Einfluss blieb uns nicht mehr viel Zeit, weniger als eine Minute, bevor sie den Sicherheitsmann rufen würde, der bestimmt schon wieder auf seinem Posten stand. „Was wollt ihr dann?“ Addison behielt ihr freundliches – oder zumindest zaghaftes – Lächeln bei, kniff ihre außergewöhnlich blassblauen Augen aber misstrauisch zusammen.
Ich sah Nash Hilfe suchend an, aber er nickte mir lediglich zu. Schließlich hatte ich ihm die ganze Sache eingebrockt.
„Wir müssen dir etwas sagen.“ Ich schielte zögernd zum Sofa hinüber. „Können wir uns setzen?“
„Warum?“ Misstrauisch schob Addison die Hand in die Hosentasche,in der sich deutlich die Umrisse eines Handys abzeichneten. „Wer seid ihr?“
„Ich heiße Kaylee Cavanaugh, und das ist Nash Hudson. Ich glaube, ihr zwei kennt euch.“
Addison runzelte die Stirn und stemmte eine Hand in die Hüfte. „Nein, ich … Moment mal. Hudson?“ So langsam fiel der Groschen.
Nash nickte.
„Todds Bruder.“ Addison nahm die Hand aus der Hosentasche und legte sie sich auf die Brust, direkt übers Herz. „Ich hab dich nicht erkannt, tut mir leid. Das letzte Mal habe ich dich auf der Beerdigung gesehen. Wie geht es dir?“
„Mir geht es gut.“ Nash lächelte sie traurig an. „Aber dir nicht.“
Ein Anflug von Angst huschte über Addisons Gesicht, und sie steckte die Hand schnell wieder in die Hosentasche, wobei sich ihr feines Goldarmband hochschob. „Was soll das?“
Bevor ich antworten konnte, stand plötzlich Todd neben mir. Er war völlig außer Atem von dem kleinen Wettrennen, das er sich mit dem Sicherheitsmann geliefert hatte. „Was hab ich verpasst?“
„Nichts“, sagte Nash, der seinen Bruder offenbar hören, wenn nicht sogar sehen konnte. „Wir haben es ihr noch nicht gesagt.“
„Wem was gesagt?“ Addison zog ihr Handy aus der Tasche und klappte es auf. Sie hatte jetzt wirklich Angst. „Was geht hier vor?“
„Sag doch was“, zischte Todd und stieß mir den
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