Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele
schließlich auch.“
„Was passiert, wenn die Stars Dekker Media verlassen und allein in den Markt einsteigen? So wie Eden?“, fragte Nash skeptisch.
Addison verschränkte die zitternden Arme vor der Brust. „Eden ist vor zwei Jahren erst richtig mit ihren Filmen berühmt geworden, auch bei einem breiten Publikum. Davor war sie sechs Jahre mit drei unterschiedlichen Verträgen bei Dekker und hat denen mehr Geld eingespielt als alle anderen Kinderstars vor ihr. Aber sie ist nicht ganz dort ausgestiegen, sondern immer noch bei Dekkers Plattenlabel unter Vertrag, genauso wie ich.“
Die Sängerin holte tief Luft, als fiele es ihr schwer weiterzusprechen. „Wenn man bei Dekker unterschreibt, verkauft man sich so oder so, auch wenn man seine Seele behält. Die meisten von uns stehen schon vor der Pubertät unter Vertrag, und manentwickelt sich zu dem Menschen, den sie haben wollen. Sie entwerfen deinen Look, casten dich für ihre Serien und lassen dich in mindestens einem Fernsehfilm pro Jahr auftreten. Die Filme an sich spielen nicht viel ein, aber das Merchandising lässt den Rubel ordentlich rollen.“ Addison zählte die Punkte zur Verdeutlichung an den Fingern ab. „Sie bestimmen, welche Songs du aufnimmst, organisieren die Auftritte und die Tour. Wenn dein Agent nicht auf Zack ist, schreiben sie dir sogar vor, wie du deine Haare tragen sollst. Aber die meisten Agenten stehen genauso unter John Dekkers Fuchtel, weil sie Kunden haben wollen, die unter Garantie Karriere machen.“
Unheimlich. Verdammt unheimlich . Dekker Media war ja schlimmer als die Unterwelt.
„Also gut, vielleicht verstehe ich da was falsch. Sprechen wir tatsächlich über die Firma Dekker Media? Die mit den kindgerechten, fröhlichen Sitcoms? Mit dem Comic-Eichhörnchen und den harmlosen Märchencartoons? Genau die Dekker Media tauscht die Seelen ihrer Stars gegen kommerziellen Erfolg?“
Addison lächelte ein bitteres Lächeln. „Ziemlich absurd, nicht wahr?“
Darauf hatte ich keine passende Antwort parat. Dekkers Stars durften nicht mal bauchfrei herumlaufen, bis sie alt genug waren, um den Massenmarkt zu erobern. Und doch waren sie alle nur seelenlose menschliche Hüllen. Der Begriff „absurd“ kam dem nicht mal ansatzweise nahe!
Plötzlich kam mir die ganze Sache mit den Banshees und dem Schreien gar nicht mehr so schlimm vor …
Todd lächelte Addy aufmunternd an, wogegen Nash die Hände vors Gesicht schlug. Ich bekam Magenschmerzen, und selbst die Luft schmeckte nach all diesen krassen Enthüllungenirgendwie bitter. Aber ich musste noch etwas fragen …
„Wie lange geht das schon so, Addison? Wie lange handeln sie schon mit Seelen?“
„Ich weiß es nicht, aber Gerüchten zufolge haben sich in den Fünfzigern schon Stars verkauft, als die Filme noch schwarzweiß waren. Wie hieß gleich wieder das Mädchen, das diese ganzen Horrorfilme gedreht hat, nachdem sie bei Dekker aufgehört hat?“
„Das waren keine Horrorfilme, sondern Heimatfilme“, erklärte Todd.
„Ja, genau die. Das Mädchen hat ihre Seele verkauft. Und sie wird langsam alt …“ Addison sprach nicht weiter, doch ihr entsetzter Gesichtsausdruck sprach Bände.
„Leute, das ist eine ziemlich große Nummer.“ Ich musterte die ernsten Mienen der anderen. „Eine Nummer zu groß für uns.“ Schlimm genug, dass wir einen Hellion mit einer geborgten Seele jagen wollten. Wie zum Teufel sollten wir es mit der Unterwelt und Dekker Media aufnehmen, und dann noch wegen einer Regelung, die seit über einem halben Jahrhundert Bestand hatte? Unsere einzige Chance bestand darin, Addison in die Unterwelt zu bringen, damit sie aus dem Vertrag aussteigen konnte.
„Was hat es mit dieser Rücktrittsklausel auf sich? Was geschieht, wenn du deine Seele zurückhaben willst?“
„Sie nehmen dir alles weg.“ Todd stand auf und machte eine ausholende Bewegung, die das Hotelzimmer und Addisons gesamte Karriere mit einschloss. „Alles, wofür sie gearbeitet hat … weg!“ Er stand auf und ging zum Kühlschrank.
„Wenn sie das nicht verkraften kann, hätte sie ihre Seele nicht verkaufen sollen“, erwiderte Nash giftig. Die Farben seiner Iris wirbelten durcheinander, aber weniger aus Wut über Addy alsaus Sorge um uns alle. Er hielt nun mal nichts davon, unsere beiden weitgehend unschuldigen Leben und Todds Reaperseele zu opfern, um eine einzelne Seele zu retten.
Und so langsam konnte ich ihn verstehen. Ich war bereit, Addy zu helfen, aber nur dann, wenn sie sich
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