Rette mich
nicht widersprechen.
»Du gehst jetzt also, einfach so!«, schrie ich Jev nach. Aber Gabe rammte seinen Schuh von hinten in mein Bein, zwang mich auf die Knie, und bevor ich noch etwas sagen konnte, hatte er mich atemlos geschlagen.
»Mach es dir leichter und schau nicht hin«, sagte Gabe zu mir. »Ein ordentlicher Schlag, und du hast es hinter dir.«
Ich warf mich nach vorn, um zu entkommen, aber Gabe griff nach einer Handvoll meiner Haare und riss mich daran zurück. »Das kannst du nicht machen«, schrie ich. »Du kannst mich doch nicht einfach umbringen.«
»Halt still«, knurrte er.
»Lass ihn das nicht tun, Jev!«, rief ich. Ich konnte Jev zwar nicht sehen, war aber sicher, dass er mich noch hören konnte; der Motor des Geländewagens war noch nicht angelassen worden. Ich rollte im Kies herum, versuchte, mich umzudrehen, damit ich den Montierhebel sehen und ihn abwehren konnte. Ich nahm eine Handvoll Steine in die Faust, drehte mich mit Kraft gerade lange genug um, um Gabe zu sehen, und warf sie.
Seine große Hand kam herunter und drückte meine Stirn auf den Boden. Meine Nase war in einem schmerzhaften Winkel verbogen, Steine stachen in mein Kinn und meine Wangen. Es gab ein Übelkeit erregendes Knirschen, und Gabe fiel auf mich. Durch einen Nebel aus Panik fragte ich mich, ob er versuchte, mich zu zerquetschen. Mich schnell zu töten, war nicht genug, oder? Wollte er den Schmerz so lang wie möglich hinauszögern? Ich rang nach Luft und kämpfte mich unter ihm hervor.
Ich kam auf die Füße und fuhr herum, ging in Verteidigungsposition, weil ich dachte, Gabe würde gleich einen zweiten Versuch unternehmen. Mein Blick senkte sich. Er lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden, der Montierhebel ragte aus seinem Rücken. Er war damit gepfählt worden.
Jev wischte sich mit dem Ärmel übers schweißglänzende Gesicht. Zu seinen Füßen zuckte und schauderte Gabe, fluchte wild und unzusammenhängend. Ich konnte nicht glauben, dass er noch am Leben war. Der Montierhebel musste direkt durch seine Wirbelsäule gedrungen sein.
»Du … hast ihn niedergestochen«, stieß ich von Grauen gepackt hervor.
»Und er wird sich nicht darüber freuen, ich würde also vorschlagen, dass du von hier verschwindest«, sagte Jev und drehte den Montierhebel noch tiefer. Er sah zu mir herüber und hob eine Augenbraue. »Und zwar je schneller, desto besser.«
Ich ging rückwärts. »Und was ist mit dir?«
Er sah mich einen in Anbetracht der Umstände absurd langen Moment an. Ein bedauernder Ausdruck huschte über seine Gesichtszüge. Und wieder spürte ich ein mächtiges Ziehen an meiner Erinnerung, das drohte, die Brücke, die alles außer Reichweite hielt, zu flicken. Ich öffnete den Mund, aber die Leitung zwischen meinem Bewusstsein und meinen Worten war zerstört. Ich hatte keine Ahnung, wie ich die beiden miteinander verbinden konnte. Ich musste ihm etwas sagen, aber ich konnte nicht ausmachen, was.
»Du kannst abwarten, aber ich nehme an, dass B.J. die Polizei schon angerufen hat«, sagte Jev, wobei er den Hebel noch tiefer schraubte, was Gabes Körper dazu veranlasste, sich in einem Augenblick zu versteifen und im nächsten schlaff zusammenzufallen.
Wie aufs Stichwort schrillte entferntes Sirenengeheul durch die Nacht. Jev hob Gabe unter den Armen hoch, schleifte ihn ins Gebüsch auf der anderen Seite der Gasse. »Auf Nebenstraßen kannst du ganz schnell ein paar Kilometer zwischen dich und diesen Ort hier bringen, wenn du dich beeilst.«
»Ich habe kein Auto.«
Sein Blick bohrte sich in meinen.
»Ich bin hierhergelaufen«, erklärte ich. »Ich bin zu Fuß.«
»Engelchen«, sagte er auf eine Weise, als hoffte er ernsthaft, dass ich einen Witz machte.
Unsere paar gemeinsamen Augenblicke berechtigten ihn wohl kaum dazu, mich mit Kosenamen anzusprechen, aber trotzdem wurde mein Herzschlag etwas unregelmäßig bei dieser Zärtlichkeit. Engelchen. Wie konnte er überhaupt wissen, dass dieser Name mich jetzt schon seit Tagen verfolgte? Wie konnte ich die unheimlichen schwarzen Blitze erklären, die umso intensiver wurden, je näher er mir kam?
Und am entnervendsten, wenn ich die Punkte miteinander verband …
Patch, wisperte eine Stimme aus meinem Unterbewusstsein, eine leise Silbe, die sich gegen einen Käfig tief in mir warf. Das letzte Mal, wo du dich so gefühlt hast, war, als Marcie Patch erwähnte.
Die eine Silbe seines Namens öffnete mich für ein Gewimmel von Schwarz, unerträgliches, verzehrendes
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