Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rette mich

Rette mich

Titel: Rette mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becca Fitzpatrick
Vom Netzwerk:
Nacht nachzudenken. Das hatte ich davon, dass ich meinen Mut testen wollte, indem ich allein in der Nacht herumlief – was mich anging, war ich ab jetzt völlig zufrieden damit, mich von dem Moment an, wo der Mond sein Gesicht zeigte, zu Hause einzuschließen. Und wenn ich diesen Supermarkt nie mehr sehen musste – umso besser.
    Komischerweise war es aber nicht Gabe, der mich in Gedanken verfolgte. Den Job erledigten ein Paar sündig schwarzer Augen, die ihre Schärfe verloren hatten, als sie mich ansahen, und die dabei so weich und sexy geworden waren wie Seide. Jev hatte mir gesagt, ich sollte nicht nach ihm suchen, aber ich konnte nicht aufhören, über all die verschiedenen Wege nachzudenken, wie wir uns zufällig wiedertreffen könnten. Tatsächlich, der letzte Traum, an den ich mich erinnern konnte, bevor ich heute Morgen erwachte, handelte davon, dass ich mit Vee zum Ogunquitstrand gefahren war und entdeckt hatte, dass Jev der diensthabende Rettungsschwimmer war. Ich war mit klopfendem Herzen aus dem Traum aufgetaucht, und ein merkwürdiger Schmerz hatte mich innerlich zerrissen. Ich konnte den Traum sehr gut selbst interpretieren: Trotz des wütenden verwirrten Gefühls, das er in mir hinterlassen hatte, wollte ich Jev wiedersehen.
    Der Himmel war bedeckt, weshalb die Luft kühl war, und nachdem meine Stoppuhr gepiept hatte, um 5 Kilometer anzuzeigen, lächelte ich selbstsicher und forderte mich zu weiteren eineinhalb, weil ich noch nicht bereit war, meine persönlichen Gedanken über Jev aufzugeben. Das und weil ich so viel Spaß hatte. Ich war mit Vee zum Spinning und zum Zumba gegangen, aber draußen an der Luft, die nach Pinie und taunasser Baumrinde roch, wurde mir klar, dass ich es am Ende doch vorzog, draußen zu schwitzen. Nach einer Weile nahm ich sogar meine Ohrhörer heraus und erlaubte mir, mich auf die friedlichen Laute der Natur zu konzentrieren, die aus der Morgendämmerung kamen.
    Zu Hause nahm ich ein langes, luxuriöses Bad und stand dann vor meinem Kleiderschrank und biss mir auf die Spitze eines Fingernagels, während ich meine Garderobe unter die Lupe nahm.
    Schließlich zog ich enge Jeans mit kniehohen Stiefeln an und ein türkisfarbenes Oberteil. Vee würde sich an die Kleider erinnern, weil sie diejenige war, die mich im letzten Sommerschlussverkauf davon überzeugt hatte, sie zu kaufen. Ich begutachtete mich im Spiegel und entschied, dass ich für dieselbe alte Nora Grey durchging. Ein Schritt in die richtige Richtung und nur noch ungefähr tausend zu gehen. Ich machte mir ein bisschen Sorgen, worüber Vee und ich sprechen sollten, besonders, was das krasse Thema meiner Entführung anging, aber ich sagte mir selbst, dass das der Grund war, weshalb Vee und ich uns so gut verstanden. Ich konnte uns strategisch aus einer Unterhaltung herauslenken, indem ich bestimmte Dinge ansprach, und Vee konnte ewig weiter darüber labern. Ich musste es nur schaffen, dass sie anfing über das zu sprechen, was ich wollte.
    Jetzt fehlte nur noch eins, beschloss ich, als ich mein Spiegelbild ansah. Meine Aufmachung brauchte ein Accessoire. Schmuck. Nein, einen Schal.
    Ich zog meine Schubladen auf und bekam ein mulmiges Gefühl, als ich die lange, schwarze Feder darin sah. Ich hatte sie ganz vergessen. Sie war wahrscheinlich schmutzig. Ich nahm mir vor, sie wegzuwerfen, sobald ich vom Mittagessen zurückkäme, aber es steckte nicht viel Überzeugung hinter dem Gedanken. Ich misstraute der Feder – aber nicht genug, um sie jetzt schon aufzugeben. Zuerst wollte ich wissen, was für ein Tier sie verloren hatte, und ich wollte eine Erklärung dafür, warum ich das Gefühl hatte, es läge in meiner Verantwortung, auf sie aufzupassen. Es war ein lächerlicher Gedanke und völlig sinnlos, aber das war ja schließlich alles, seit ich auf dem Friedhof aufgewacht war. Ich schob die Feder tiefer in die Schublade hinein und griff nach dem erstbesten Schal, den ich sah.
    Dann lief ich die Treppe hinunter, nahm mir einen Zehn-Dollar-Schein aus der frisch aufgestockten Schublade mit Kleingeld und ließ mich hinter das Lenkrad des Volkswagens fallen. Ich musste fünfmal mit der Faust auf das Armaturenbrett schlagen, bevor der Motor ansprang, aber ich sagte mir, dass das nicht unbedingt heißen musste, dass es kein guter Wagen war. Es bedeutete nur, dass der Wagen reif war, wie, na ja, guter Käse. Dieses Auto hatte die Welt gesehen. Möglicherweise hatten schon interessante Leute darin gesessen. Es war bewährt,

Weitere Kostenlose Bücher