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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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3,6 Prozent) und hält trotzdem das Sechzig-Prozent-Kriterium für die Staatsschulden ein.
     
Bei einer höheren Gesamtverschuldung des Bruttoinlandsprodukts, wie sie derzeit erreicht ist, kann sich ein Land bei gegebenem Wirtschaftswachstum mehr öffentliche Defizite leisten. Konkret: Bei 80 Prozent Gesamtverschuldungsquote kann das öffentliche Defizit bei einem Wirtschaftswachstum von 4 Prozent bei 3,2 Prozent liegen, ohne dass die Gesamtverschuldung weiter steigt.
    Das sind rein mathematische Zusammenhänge, über die man nicht diskutieren kann und die den Schöpfern der Kriterien auch durchaus bewusst waren. Man hat sie in der Öffentlichkeit nur nicht in den Mittelpunkt gestellt. Ich vermute, man wollte unliebsame Diskussionen, die wenigstens in Deutschland sicher aufgekommen wären, vermeiden. Denn 5 Prozent nominales Wachstum sind für Deutschland sehr hoch. Sie würden bei 2 Prozent Preissteigerung bedeuten, dass die Wirtschaft um 3 Prozent real steigen müsste. Das ist unter den gegebenen Umständen unrealistisch. Wenn das reale Wachstum aber niedriger ist, dann müsste die Preissteigerung entsprechend höher sein, was natürlich auch nicht gewünscht ist.
    Das nominale Wachstum betrug in Deutschland seit dem Inkrafttreten des Euro nicht 5 Prozent, sondern gerade einmal 2,1 Prozent jährlich. Wenn unter diesen Bedingungen die 60 Prozent Staatsschulden in Prozent des Bruttoinlandsprodukts eingehalten werden sollen, dann darf das jährliche öffentliche Defizit nicht über 1,3 Prozent liegen. Umgekehrt: Wenn unter diesen Umständen das öffentliche Defizit 3 Prozent beträgt, dann steigt der Schuldenstand deutlich über die 60 Prozent. Er hätte 2010 bei 77 Prozent gelegen, was nun von dem tatsächlichen Schuldenstand des Jahres 2010 gar nicht so weit entfernt ist. Deutschland hat im Prinzip also nicht zu hohe öffentliche Defizite gehabt, es hatte nur ein zu geringes Wachstum.
    In jedem Fall ist die Kombination der beiden Ziele – öffentliches Defizit 3 Prozent und Schuldenstand 60 Prozent – Unsinn, wenn man nicht exakt ein nominales Wachstum von 5 Prozent erreicht.
    Wenn man sich die heißen Diskussionen über den Stabilitätspakt anschaut, kann man dann sagen, dass wir die Fiskalunion gar nicht mehr brauchen? Wozu müssen wir den gesamten Aufwand einer Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik betreiben, wenn man das ganz einfach über den Stabilitätspakt erledigen kann? Haben wir uns zu viele Gedanken gemacht? An sich könnte man nun sagen: Wenn alle in einer Währungsunion stabilitätsgerecht handeln, dann muss es in der Union insgesamt auch stabilitätsgerecht zugehen, dann ist die Welt in Ordnung und wir können uns den Aufwand einer Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik sparen. Ganz so einfach ist es leider nicht. Und zwar aus zwei Gründen.
    Der eine ist, dass die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts nur eine Art von Ungleichgewicht verhindert. Sie sichert die Solidität der öffentlichen Finanzen und hilft damit der Preisstabilität. Sie hilft aber keineswegs, dass es zum Beispiel Leistungsbilanzdefizite in der Union gibt, die zu erheblichen Problemen werden können. In der Grafik ist die Entwicklung in Spanien gezeigt. Dieses Land hat fast mustergültig lange Jahre die Stabilitätskriterien eingehalten. Von 1999 bis 2007 betrug sein öffentliches Defizit immer 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und darunter. Die gesamten Staatsschulden lagen unter 40 Prozent. Niemand konnte den Spaniern auch nur irgendetwas am Zeug flicken.

     
    Die Illusion von der Allmacht der Finanzpolitik
     
    Die Grafik zeigt aber auch, dass sich in dieser Zeit erhebliche Leistungsbilanzdefizite aufbauten. Sie lagen 1999 noch bei gut 3 Prozent, 2007 waren sie auf 10 Prozent gestiegen und damit größer als in den hier immer wieder kritisierten USA. Sie signalisierten einen klaren Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Die Arbeitslosigkeit stieg in der Krise auf über 20 Prozent. 2010 kamen Zweifel auf, ob Spanien sich in der Währungsunion halten könnte.
    Eine ähnliche Erfahrung machte Irland. Auch dieses Land war in der Finanzpolitik gut und hielt den Stabilitätspakt ein. Es kam mit seiner Leistungsbilanz, seinen Immobilienmärkten und seinen Banken aber in erhebliche Schwierigkeiten.
    Wie konnte es passieren, dass so stabilitätsbewusste Länder in solche Ungleichgewichte hineinliefen? Ganz einfach, der Grund für das entstandene Ungleichgewicht lag darin, dass sich

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