Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
durch den Beitritt Spaniens zur Währungsunion seine Zinsen deutlich verringert haben. Sie kamen von teils zweistelligen Raten auf das Niveau der Deutschen mit 6 Prozent und weniger zurück. Diese Zinssenkung hat einen Boom vor allem im spanischen Immobilienmarkt ausgelöst. Es wurde gebaut, was das Zeug hielt. Das half dem gesamtwirtschaftlichen Wachstum und der Beschäftigung. Es wurden höhere Löhne bezahlt, Unternehmen konnten mehr Geschäft im Inland als im Export machen. Die Immobilienpreise stiegen und führten auch auf diesem Sektor zu einer Überhitzung. Nicht zuletzt profitierte auch der Staat in Form von höheren Steuereinnahmen davon, was ihm wiederum die Einhaltung der Stabilitätskriterien erleichtert hat.
Das bedeutet: Die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist wichtig, garantiert aber keineswegs, dass ein Land nicht auf andere Weise in Schwierigkeiten gerät. Eine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik hätte den Spaniern in dieser Zeit längst auf die Finger klopfen müssen. So aber geschah nichts.
Auch aus einem anderen Grund ist der Stabilitäts- und Wachstumspakt als Ersatz für eine koordinierte europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht geeignet. Der Pakt ist statisch konstruiert. Er funktioniert und erfüllt seine Aufgaben in Zeiten ohne größere Probleme. Wenn aber eine Finanz- und Wirtschaftskrise wie 2007/2008 eintritt, dann hilft er nicht viel weiter. Seine Vorschriften greifen nicht mehr, weil die Länder in eine Rezession rutschen, und es gibt keinen Mechanismus, wie man die Krise gemeinsam mit fiskalpolitischen Mitteln bekämpfen könnte.
Jeder macht sein eigenes Ankurbelungsprogramm, wohl wissend, dass es für den Erfolg des Ganzen darauf ankommt, dass auch die anderen Programme machen. Denn über den Binnenmarkt sind alle miteinander verbunden und sitzen in einem Boot. Kleinere Länder mit einer sehr hohen Außenhandelsverflechtung könnten sogar auf die Idee kommen, selbst gar keine Maßnahmen zu ergreifen, sondern sich darauf zu verlassen, dass alle anderen etwas tun und sie über vermehrte Exporte davon profitieren. Trittbrettfahren also. Es ist nicht fair und widerspricht dem Geist der Gemeinschaft, aber durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt ist es nicht verboten. Das kann man nicht zulassen.
Daher muss es neben einem verschärften Stabilitäts- und Wachstumspakt in jedem Fall eine gemeinsame Institution geben, die die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Mitglieder koordiniert und dafür sorgt, dass die Gemeinschaft bei weltweiten »externen Schocks« handlungsfähig bleibt. Ohne koordinierte politische Schritte und Maßnahmen wird der Euro immer weniger stark sein, als er es für den großen Wirtschaftsraum, in dem er gilt, eigentlich sein muss.
3. Der Euro-Plus-Pakt
Bei einem Namen wie »Euro-Plus-Pakt« werde ich vorsichtig. Das klingt nach einem Waschmittel, dem man eine Auszeichnung verpassen muss, um alle glauben zu machen, dass es besonders weiß wäscht. Das Suffix Plus erreicht das Gegenteil von dem, was die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union erreichen wollten. Aber so ist das nun einmal in Gremien, bei denen viele am Tisch sitzen. Am Anfang hieß der Pakt bescheiden »Pakt für Wettbewerbsfähigkeit« und war damals auch wesentlich konkreter. Im Laufe der Beratungen wurde der Inhalt dünner, die Außendarstellung dagegen lauter.
Tatsächlich ist die Idee des »Euro-Plus-Pakts« aber gut. Sie setzt genau da an, wo der Stabilitäts- und Wachstumspakt Lücken lässt. Am 24./25. März 2011 beschloss der Europäische Rat in Brüssel, dass die Sozial-, Steuer- und Haushaltspolitik der Euro-Mitglieder stärker aufeinander abgestimmt werden soll. Dem Pakt sind auch noch eine Reihe von Nicht-Euro-Mitgliedern beigetreten: Polen, Bulgarien, Rumänien, Lettland, Litauen und Dänemark.
Jedes Jahr, so wurde vereinbart, wollen die Länder ein Paket konkreter Maßnahmen vorlegen, das sie in den folgenden zwölf Monaten durchführen und mit dem sie Wettbewerbsfähigkeit und mehr Konvergenz bei der Stärkung »unserer sozialen Marktwirtschaft« erreichen wollen, wie es in dem Kommuniqué der Staats- und Regierungschefs zu dem Pakt heißt. Genannt sind die vier großen Ziele: Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, Förderung der Beschäftigung, Verbesserung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und Stärkung der Finanzstabilität. Konkret geht es um:
mehr Anstrengungen für das Bildungssystem, bei Forschung und Entwicklung,
Weitere Kostenlose Bücher