Rettungskreuzer Ikarus Band 003 - Der Gott der Danari
schien. Es war nicht sehr hell in der Halle, die Ränder hinter den Säulenreihen lagen in tiefen Schatten, doch hoch oben war in die Goldkuppel ein großes Mosaik aus farbigem Glas eingelassen. Es zeigte, ohne Anande zu verwundern, das geflammte Sonnensymbol, das ihnen schon so oft begegnet war. Die grelle Sonne fiel durch das honiggelbgetönte Glas und zeichnete noch auf dem Mosaikboden weit unten ein flirrendes, fast hypnotisches Muster aus Licht.
Als Anande sicher war, dass sich niemand in ihrer unmittelbaren Nähe befand, schob er sich durch die Öffnung und nahm hinter einer Säule Deckung. Trooid folgte ihm mit unnachahmlicher Lautlosigkeit, obwohl er noch immer das Gestell mit dem ungewohnt ruhigen Pentakka auf dem Rücken trug.
Unter anderen Umständen hätte Anande sich Sorgen gemacht, denn Schweigsamkeit passte zu dem enthusiastischen Studenten ungefähr so sehr wie Herzlichkeit zu Sonja DiMersi. Aber dafür blieb ihm jetzt keine Zeit.
Von hier aus ließ sich die ganze Halle überblicken.
Drei große Tore führten von der Halle in unterschiedliche Richtungen. Durch eines von ihnen war der König nach draußen und seinem Tod entgegen geschritten. Auf der vierten Seite führte eine prunkvolle, freischwebende Treppe nach oben zu einer breiten Empore, von der ihrerseits viele Türen Einlass zu unbekannten Örtlichkeiten gewährten. Hinzu kamen ein paar kleine Pforten wie jene, durch die sie eingedrungen waren, und zwei Gänge, die sich unter der Treppe tiefer in das Gebäude hineinwanden. Genau in der Mitte der Halle, unter dem Glasfenster, befand sich ein Podest in Form der geflammten Sonne, vielleicht eine Kanzel oder ein Altar.
»Leroc war oben auf diesem Balkon. Ich sehe keinen anderen Zugang als die Freitreppe«, flüsterte Anande, als Trooid sich neben ihn auf den kalten Steinboden kniete.
»Zumindest keinen offensichtlicheren. Wer weiß, wohin all diese Türen führen.«
»Aber durch Raten werden wir nicht zu Leroc kommen ... «
Selbst Anande konnte in dem schwachen Licht erkennen, dass sich fast ausschließlich gelb gekleidete Priester frei in der Halle bewegten. Zwei Wachen standen an dem Tor, das zu der mittlerweile wohl heruntergebrannten Tribüne führte. Der beißende Qualmgestank drang sogar bis hierher. Alle anderen, Männer und Frauen in prächtigen Kleidern, wurden stets von den Priestern flankiert. Wenn Anande und Trooid einfach versuchen sollten, diese Treppe hochzusteigen, würden sie in ihrer schlichten Kleidung, mit dem Pentakka als Brennholz und ohne Begleitung, keine drei Stufen weit kommen.
Jovian Anande sah einen der Wächter vom Tor zu ihnen herüber kommen und gab Trooid ein Zeichen. Vorsichtig zogen sie sich von Säule zu Säule weiter zurück, bis sie die Hälfte der Halle umrundet hatten. Einer der Gänge unter der Treppe lag nur noch ein paar Schritte von ihnen entfernt.
Noch ehe Anande überlegen konnte, was sie unternehmen sollten, wurde das mittlere Tor von außen geöffnet. Laute Stimmen und Rauch drangen in die Tempelhalle. Dann erschienen aus dem hohen Korridor Wachen und Priester. Sie trugen zwischen sich reglose oder benommene Gestalten. Einige hatten offene Wunden oder gebrochene Knochen, andere zeigten Verbrennungen oder waren ohnmächtig, vielleicht durch eine Rauchvergiftung. Weitere Priester eilten ihnen entgegen und nahmen sich der Verletzten an.
Ohnmächtig ballte Anande die Fäuste, als er sich vorzustellen versuchte, wie es nun weitergehen würde. Er hatte genug über mittelalterliche Medizin gelesen, um zu wissen, dass die Verwundeten, verglichen mit den Patienten der modernen Medizin, minimale Chancen auf echte Heilung hatten. Aber das war jetzt nicht seine Angelegenheit ...
Je mehr sich die Halle mit Menschen füllte, desto deutlicher wurde es für Anande und Trooid, dass sie vorerst keine Möglichkeit haben würde, sich unbemerkt zu bewegen. Nach einem kurzen Blick in den Gang, der leer vor ihnen lag, zogen sie sich tiefer in das Gebäude zurück.
Darius Weenderveens erster Gedanke nach dem Einsetzen der wohl tuenden Stille war, dass er zu alt für diese Dinge wurde. Sein zweiter war ein stummes Dankesgebet, dass keiner der Hufe ihn getroffen hatte. Und sein dritter galt dem Fremden, den er so unsanft zur Seite geschleudert hatte.
Er hob den Kopf und setzte sich schnell auf. Der Fremde war noch immer da. Er lag am Rand der Straße in der ausgetrockneten Gosse und bewegte sich kaum. Weenderveen kam auf die Füße und war mit drei schnellen
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