Rettungskreuzer Ikarus Band 003 - Der Gott der Danari
Annahmen, eine rein akademische Betrachtungsweise«, beeilte er sich anzufügen.
»Dann sparen Sie sich diese auf für eines Ihrer Seminare«, wies ihn Sentenza kühl zurecht. »Und lesen Sie in Ihren Büchern nach, ob da etwas über ›Notwendigkeit‹ geschrieben steht.«
Der Captain wandte sich ab, und Thorpa gab ein Rascheln von sich, das bei einem Menschen ein ergebenes Seufzen gewesen wäre. Wie hatte sein Lehrer Diboo immer so weise und zutreffend gesagt? Worte des Wissens, vor ignorante Ohren geworfen, sind so sinnlos wie Ohrringe für einen Wenxi.
»Scheint so, als ob die Schleuse noch funktioniert.« Weenderveens Stimme hatte den metallischen Unterton, den die Kommunikationsanlagen der Schutzanzüge nie würden vermeiden können.
»Dann sehen Sie zu, dass wir reinkommen können.«
»Bin dabei. Ich probiere ein paar der Standardcodes – dürfte kein Problem sein. Das hier ist ein Forschungsschiff, nichts Militärisches oder irgendein Privatschiff. Die denken sich meistens die wildesten Öffnungscodes aus, damit keiner einbrechen und ihnen irgendetwas klauen kann. Ist dann jedoch schlecht für sie, wenn sie mal Hilfe brauchen.«
Während Weenderveen vor sich hinplauderte, tippte er auf die Tasten neben der Schleuse. Der Laserbrenner, den DiMersi hinter ihm locker an der Seite trug, war nicht zum Einsatz gekommen und würde das wohl auch nicht mehr. Sie hatten mit der Ikarus an das kleine Raumschiff angedockt, das still und reglos wie ein Gesteinsbrocken in der Leere des Alls hing. Der automatische Notruf, der in stoischer Gleichförmigkeit zu den Sternen hinausgeschickt wurde, hatte sich nicht verändert. Niemand hatte auf ihre Kommunikationsversuche reagiert.
Die Markierungen auf der Außenhülle des mattsilbrigen, bulligen Schiffskörpers hatten ihnen gezeigt, dass es sich um ein Forschungsschiff des »Morgenstern«-Typs handelte, wie er von dem Expeditionskonzern »Neue Welten« gebaut und zu Hunderten in die Tiefen des unerforschten Weltraums geschickt wurde. Trooid war gerade dabei, die genaue Kennung zu überprüfen, um Informationen über die Besatzung herauszufinden – vermutlich war es nur eine Person; ein »Morgenstern« bot kaum Platz für mehr Leute.
Der Droid beeilte sich dabei nicht übermäßig, und auch Weenderveen konnte seiner bedächtigen Art treu bleiben. Selbst Sentenzas Stimme fehlte der drängende Unterton, der sonst zu ihm gehörte wie sein eigener Schatten. Denn es war nicht nur das Schweigen des kleinen Raumers, das ihnen zu sagen schien, dass Eile nicht nötig war. Auch der Anblick des abgerissenen Antriebflügels an der rechten Seite und der geschwärzte, halb aufgerissene und verbogene Rumpf deuteten darauf hin.
Die Explosion, die diese Zerstörung verursacht hatte, war längst vorbei, die eisige Kälte des Alls hatte jede Hitze schon lange aufgesogen. Selbst die Strahlung, unvermeidliche Folge eines Antriebbrandes, war kaum mehr zu orten.
All das deutete darauf hin, dass ein großes Unglück den »Morgenstern« schwer beschädigt hatte – kein Angriff, zumindest nicht von außen, vermutlich ein schwerer Störfall. Seitdem trieb das Wrack manövrierunfähig in diesem kleinen System, und das Licht der gelben Sonne glänzte auf dem matten Metall, als wäre das Boot wirklich ein müder Stern. Die Schwerkraft eines Planeten hatte das kleine Schiff eingefangen und hielt es fest in seinem Orbit. Es war eine kleine, blaugrüne Welt, über die es in dem offiziellen Sternenkataster fast keine Informationen gab, was aber ihrer Schönheit keinen Abbruch tat. Selbst aus der Höhe verriet der Anblick der weißen Wolkenschimmer auf dem juwelenfarbenen Untergrund, dass es sich um einen angenehmen Planeten handeln.
Drei kleine grüne Lämpchen flammten an dem Codeschloss neben der Luke auf, und Weenderveen gab einen grunzenden Laut von sich, der Zufriedenheit ausdrückte.
»Wir sind drin, Captain. Einer der frühen Standardcodes. Das Schiff scheint schon ein bisschen länger unterwegs zu sein.«
Weenderveen schloss das handgroße Notenergiemodul an und öffnete damit die Schleuse. Dahinter war es dunkel. Wie sie schon beim Scannen des Schiffes festgestellt hatten, war das Energiesystem des »Morgensterns« komplett deaktiviert bis auf die beiden unabhängigen Anlagen, den Notruf und die Computereinheit, von denen letztere ihnen vielleicht Aufschlüsse über das Unglück geben konnte, welches das Forschungsschiff des Expeditionskonzerns zu einer toten Masse Metall gemacht hatte.
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