Rettungskreuzer Ikarus Band 007 - Netzvirus
Outpost. Scheint
so, als hätten die in der ›realen Welt‹ noch keines der Backups
hochfahren können, sonst würde hier längst die Kavallerie eingeritten
sein.«
Trooid warf Weenderveen einen fragenden Blick zu, doch der winkte ab.
»Später – wir sind in einem Western-Szenario, da gibt es immer
bestimmte, wiederkehrende Elemente. Die Kavallerie, die alle im letzten Moment
rettet, ist eines davon. Der dicke Doktor ein anderes.«
»So wie die Bardame und der böse Bandenchef?«
»Ganz genau. Mal sehen, was uns noch bleibt – der Sheriff ist bereits
erledigt. Vielleicht kommen noch ein paar Indianer? In dem Chicago-Szenario
haben die Typen erzählt, sie hätten vor uns schon zwei Spione festgesetzt,
die ihnen entkommen konnten – anscheinend haben die beiden Cyberingenieure
ebenfalls einem Not-Auscheck versucht. Kann sein, dass sie auch hier gelandet
sind.«
»Dann sind sie bestimmt wieder gefangen genommen worden, denn sie haben
das Virus nicht mehr verlassen.«
Weenderveen nickte nachdenklich. »Jede gute Westernstadt hat ein Gefängnis
– wäre das nicht der logischste Ort? Vielleicht können wir unseren
kleinen Freund hier noch einmal darauf ansetzen.«
Trooid hob den Hund höher, der begeistert japste, und flüsterte ihm
etwas in die gespitzten Ohren. Als er ihn auf den Boden absetzte, sah sich das
Suchprogramm einmal kurz um und schien zu lauschen, dann rannte es durch die
Schwingtür nach draußen.
»Er wird zurückkommen und uns berichten, wenn er etwas gefunden hat.«
»Gut. Derweil sollten wir sehen, ob wir noch mehr Hintergrundinformationen
herausbekommen.«
»Die Männer hier erzählen, dass Don Darkos es im Grunde nicht
auf die Stadt abgesehen hat, sondern eine alte Rechnung begleichen will. Man
munkelt, er sei mal ein hohes Tier bei der Regierung gewesen, aber als er Senator
werden wollte, ist ihm jemand in die Quere gekommen.«
»Ah, lass mich raten, wie es weitergeht.« Weenderveen zog sich einen
Stuhl heran und ließ sich dankbar niedersinken. Das zusätzliche Körpergewicht
war schwer auszuhalten, und die stickige Luft raubte ihm den Atem. »Diese
Person, die ihn damals behindert hat, war eine Frau und Don Darkos hat dafür
gesorgt, dass sie hier im Niemandsland einen unbedeutenden Posten bekommen hat,
stimmt's?«
»Stimmt. Sie ist Bürgermeisterin der Stadt.« Trooid winkte einem
Mann zu, der ihn lauthals aufforderte, ihm noch ein Bier zu bringen. Beeindruckt
registrierte Weenderveen, wie anmutig sich die Bardame dabei bewegte –
war das Teil der Virus-Gestalt oder konnte der Android sich einfach so gut an
neue Gegebenheiten anpassen?
»Wie es scheint, hat sie mit einer Gruppe von abgehalfterten Revolverhelden
einiges hier in der Gegend bewegt«, fuhr Trooid ungerührt fort. »Das
hat Aufsehen erregt, und sie hat einige einflussreiche Freunde gewonnen.«
»Irgendwoher kenne ich die Geschichte. Die Frau Bürgermeister heißt
nicht zufällig McLennane?«
»Doch. Aber meinen Sie wirklich, dass das ein Zufall ist?«
Ehe Weenderveen etwas erwidern konnte, wurde Trooid vom Barkeeper gerufen und
musste gehen. Der ›Doc‹ lehnte sich vor und spähte in den dunkleren
Teil hinten im Saloon. Um einen großen, runden Tisch saßen einige
übel aussehende Gestalten, in ihrer Mitte ein unglaublich dicker Mann in
einem maßgeschneiderten grauen Anzug. Der Fette schwenkte ein Whiskyglas
in der Hand und ließ seine Blicke durch den Raum schweifen, bis ein Mann
zu ihm trat und ihm etwas zuraunte. Don Darkos blinzelte erstaunt, dann blickte
er hoch. sah Weenderveen und sagte gleich darauf etwas zu einem seiner Gefolgsleute.
Der stand auf und kam zum ›Doc‹ hinüber.
»Hey, Don Darkos will mit dir sprechen. Jetzt.«
»Mit mir? Warum?« Der Schweiß brach Weenderveen wieder aus.
Was konnte der Dicke von ihm wollen? Ohne eine Antwort wandte der Revolverheld
sich wieder ab und ging einfach davon aus, dass der ›Doc‹ ihm folgen
würde – anscheinend war es nicht gesund, sich zu widersetzen. Schwerfällig
erhob sich Weenderveen und durchquerte den Raum, bis er an dem Tisch von Don
Darkos stand. Dieser musterte ihn eingehend und schwieg erst einmal – und
obwohl der Robotiker wusste, dass der Fette ihn dadurch einschüchtern wollte,
klappte gerade das hervorragend.
»Doc«, sagte er schließlich, »Doc, ich habe gehört,
dass Sie für die Bürgermeisterin arbeiten.«
»Und wer behauptet so
Weitere Kostenlose Bücher