Rettungskreuzer Ikarus Band 022 - Die letzten Movatoren
dann in Gedanken ein, dass sie das vermutlich
nicht mehr zu Lebzeiten Sentenzas schaffen würde.
»Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Captain Sentenza, dann gibt es hier
nicht einmal einen Interessenkonflikt.« El'ak sprach über eine abgeschirmte
Verbindung mit dem Kommandanten des Raumcorpsschiffes Ikarus . Nur In'ban,
der neben ihm stand und ihm auf Handzeichen hin Informationen aus dem Schiffscomputer
aufrief, um sie auf den kleinen Bildschirm zu spielen, konnte hören, was
er sagte. Die geschäftige Stille in der Kommandozentrale blieb von dem
Gespräch unberührt. In'ban sah das Gesicht des Captains der Ikarus auf einem anderen Bildschirm. Die Augen des Mannes waren rot gerändert,
was den ohnehin sonderbaren rosigen Teint des Menschen noch mehr betonte. Trotz
der offensichtlichen Müdigkeit zeigte dieser Captain Sentenza ein hohes
Maß an Konzentration.
»Keinen Konflikt, nein. Aber wir müssen eine Absprache für das
weitere Vorgehen finden«, antwortete Sentenza jetzt diplomatisch.
»Die Sache scheint sehr einfach zu sein, Captain. Sie erheben Anspruch
darauf, der Besatzung des fremden Raumschiffes helfen zu wollen, wie es Ihre
Aufgabe als Rettungskreuzer ist. Dem werden wir natürlich nicht im Wege
stehen, im Gegenteil. Wir freuen uns, Ihnen mit unseren Bergungseinheiten behilflich
zu sein.«
»Und Ihr Teil des Kuchens?« Etwas zuckte in Sentenzas Gesicht, kaum
dass er den Satz gesagt hatte. Soviel zur feingemeißelten Sprache der
Diplomatie.
»Wir sind ein Bergungsunternehmen, Captain.« El'ak zuckte mit den
Schultern. »Wir erheben Anspruch auf die geborgene Technologie. Ihr Volk
hat einen altertümlichen Ausdruck dafür, glaube ich. Er lautet ›Prise‹.«
»Mit diesem Wort bezeichneten zuweilen auch Piraten ihre Beute, Kommandant.«
Der Captain sah, wie sich die hagere Gestalt El'aks unwillkürlich versteifte
und hob beschwichtigend eine Hand. »Ich wollte Sie nicht beleidigen. Aber
wenn die Fremden noch am Leben sind, gehört das Schiff natürlich denen,
mit all seiner Technologie. Sollten die Fremden ihr Wissen mit uns teilen wollen,
gut. Wenn nicht, dann haben sie jedes Recht, einfach wieder zu verschwinden.«
»Ist das so, Captain?« Der alte Kommandant machte eine kunstvolle
Pause, gerade zu kurz, um einer Erwiderung Platz zu lassen. »Aber wenn
keiner der Besatzung die Reise überlebt hat, wird dann das Raumcorps Anspruch
auf das Schiff erheben? Oder wird es das alte Recht anerkennen, dass der, der
als erster eine Bergungseinheit herbringt, auch der neue Besitzer ist?«
Für einen Moment sah es so aus, als würde Sentenza zwischen Wut und
Resignation schwanken. Er kannte diese Regeln. Auch die Nähe zu Vortex
Outpost änderte nichts an ihnen. Dann verengten sich die Augen des
Menschen, und er folgte einer ganz neuen Spur. Einer, die In'ban plötzlich
auch hoch interessant fand.
»Das bringt mich zwangsläufig zu der Frage, wie es sein kann, dass
Sie schon hier sind, Kommandant? Der fremde Raumer ist vor weniger als zwei
Stunden hier angekommen. Die Bergungsschiffe des Raumcorps sind gerade erst
dabei, ihre Sprungantriebe hochzufahren und Sie stehen bereits mit dem Plasmabrenner
in der Hand bereit. Und sagen Sie jetzt nicht, dass das ein Zufall ist.«
El'aks Lächeln war sehr dünn.
«Und wenn dem so wäre, Captain?«
Sentenza gab ein schnaubendes Geräusch von sich. Die letzten Reste der
Diplomatie packten ihre Aktenköfferchen und zogen sich schweigend zurück.
»Sie haben vorher gewusst, dass dieser Koloss hier auftauchen würde,
Kommandant, hier in der Nähe der Station und des Sprungtores, was zahlreiche
Leben gefährdet hat. Woher hatten Sie diese Information?«
»Sie gehen nicht ernsthaft davon aus, dass ich auf diese Vermutung antworte,
Captain!«
»Ehe ich keine Antwort habe, setzen Sie keinen Fuß an Bord des Schiffes!«
»Ah, und wie wollen Sie das verhindern, Captain Sentenza? Mit ihrer kleinen
Flotte aus havarierten Kriegsschiffen und ein paar Shuttles? Oder haben Sie
eine Wunderwaffe an Bord der Ikarus ?«
Beide Männer hatten sich angriffslustig vorgebeugt und starrten sich über
die Bildschirme an, der alte Veteran und der jüngere Krieger. Für
einige Moment antwortete keiner, und das Duell wurde stumm mit Blicken weitergeführt,
dann war es zur Überraschung des erstarrten In'bans sein eigener Kommandant,
der den Atem ausstieß und sich zurück lehnte.
»Ich bin zu
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