Rettungskreuzer Ikarus Band 028 - Welt der Adlaten
zu uns an Bord kommen. Es wäre sicher für beide Seiten interessant,
einander näher kennen zu lernen.«
»Ich bin sicher, dazu werden wir noch Gelegenheit haben«, erwiderte
Pakcheon höflich, aber bestimmt. »Verzeihen Sie, dass ich die Kommunikation
nun beenden möchte, um über das, was ich erfahren habe, nachzudenken.«
Und um dich vom anstrengende Fremdkontakt zu erholen , dachte Sentenza.
»Wir halten einen Kanal für Sie offen, falls Sie es sich anders überlegen
oder uns noch etwas mitteilen wollen.«
Pakcheon schaltete ab, und sein Schiff folgte weiterhin den Lediri. Es musste
über eine Technik verfügen, die gleiche »Abkürzung«
zu wählen wie die Lichtwesen. Beeindruckend, wie auch rätselhaft.
Müde rieb sich Sentenza die Augen. Er hatte von Anfang an geahnt, dass
der Auftrag heikel sein würde – jetzt wusste er es mit Sicherheit.
Truman Nadir blickte sorgenvoll auf seine Kollegin herab, die nun in einen leichten
Schlaf gefallen war. Unbewusst strich er mit dem Daumen immer wieder über
den Kratzer in seinem alten Memopad, als könne er ihn durch ständiges
Streicheln verschwinden lassen.
Anyada Shens Zusammenbruch hatte ihn ebenso wie Krshna und mehr noch als die
anderen, die das Geheimnis nicht kannten, erschreckt. Es war nicht leicht gewesen,
die Mediziner unter ihnen abzuwimmeln und allein mit Anande die erforderlichen
Untersuchungen durchzuführen.
Die Frage, ob das Juvenil etwa seine Wirkung verlor oder Spätfolgen zeigte,
hatte sowohl in Anandes wie auch Krshnas Augen gestanden. Nadir hatte darauf
im ersten Moment keine Antwort gewusst. Bisher waren alle Experimente, denen
sie – vor allem Nadir – sich freiwillig unterzogen hatten, um die
Grenzen auszutesten, so verlaufen, wie er es sich erhofft hatte:
Das Juvenil regenerierte alle ihre Zellen, neutralisierte Gifte, vernichtete
Viren und heilte selbst tödliche Verletzungen. Sogar wenn das Herz bereits
zu schlagen aufgehört hatte, brachte das Serum jeden von ihnen zurück.
Ein abgetrennter Finger wuchs nach, auch alte Narben waren verschwunden. Vermutlich
musste der Kopf oder ein Großteil des Körpers zerstört werden,
um einen von ihnen zu töten. Das war jedoch nur eine Theorie, die selbst
Nadir nicht hatte ausprobieren wollen.
»Ich kann nichts feststellen«, bemerkte Anande. »Dr. Shen ist
laut der Tests kerngesund. Sie hätte gar nicht ohnmächtig werden dürfen.«
»Das ist richtig«, stimmte Nadir ihm zu. »Selbst wenn sie sich
in letzter Zeit zu viel zugemutet hätte, ihr Körper braucht keine
langen Erholungsphasen. So etwas könnte allenfalls nach einem Marathon-Lauf
passieren.«
»Beneidenswert. Mir ist bereits aufgefallen, dass Sie mit sehr wenig Schlaf
auskommen. Oft wünsche ich mir, nicht gerade in einem kritischen Moment
müde zu werden. Aufputschmittel haben nur eine begrenzte Wirkung und sind
unsicher.«
»Warum haben Sie es damals nicht getan?« Nadirs Stimme senkte sich
zu einem Flüstern, obwohl es keine Zuhörer gab und auch Anyada fest
schlief.
»Was?«
»Sie haben eine Ampulle an sich genommen.«
»Woher wissen Sie –« Anande verstummte abrupt.
Er war Nadir in die Falle gegangen. Tatsächlich hatte er eine Probe heimlich
an sich genommen, doch Nadir und die anderen hatten das zerstörte Labor
zu diesem Zeitpunkt längst verlassen gehabt. Niemand hatte es bemerkt,
nicht einmal Sentenza.
»Ich habe es gewusst!« Nadir triumphierte. Seine Sätze kamen
stoßweise. »Ich hatte niemals Zweifel daran, dass Sie damit vorsichtig
umgegangen wären. Unsere Fehler hätten Sie nicht wiederholt. Irgendwie
hatte ich gehofft ..., ich weiß nicht genau was. Doch: Dass Sie damit
experimentieren und schaffen würden, was uns misslang. Dass auch Sie ein
Unsterblicher würden. Und wir könnten gemeinsam forschen. Ewig.«
Langsam schüttelte Anande den Kopf. Er war plötzlich blass geworden.
»Für einen Moment war ich tatsächlich in Versuchung, aber das
Risiko erschien mir zu groß. Ich habe das Serum vernichtet, damit es nicht
in falsche Hände gelangt. Wenn ich schon mir selber nicht trauen kann,
wem dann? Die Konsequenzen ...«
»Sie können jederzeit eine Blutprobe von mir bekommen. Das ist genauso
gut wie das Serum. Nein, antworten Sie jetzt nicht. Denken Sie eine Weile darüber
nach. Ich werde Sie nicht bedrängen und es auch nicht wieder erwähnen,
wenn Sie es nicht wollen. Mein Angebot bleibt dennoch
Weitere Kostenlose Bücher