Rettungskreuzer Ikarus Band 028 - Welt der Adlaten

glaube zwar nicht, dass er etwas findet, aber wir wollen nichts außer
Acht lassen.«

    Sonja DiMersi hatte in ihrem ganzen Leben nichts Vergleichbares gesehen –
und die anderen, wie sie annahm, sicher auch nicht. Vor ihr breitete sich auf
dem Panoramaschirm der Weltraum aus, samtig schwarz und voller leuchtender Punkte.
Dann, von einem Moment zum anderen, kaum dass Urian verkündet hatte, dass
sie sich am Ziel ihrer Reise befanden, war es, als würde ein Reißverschluss
aufgezogen. Inmitten des gewohnten Bildes entstand etwas Neues, eine Art Loch
im Universum, noch schwärzer als Schwarz, unheimlich wirbelnd, in das der
kleine Konvoi hinein flog.
    Hinter ihnen schloss sich die Öffnung und isolierte sie von der bekannten
Galaxis. Es war faszinierend und beunruhigend zugleich, die bekannten Sterne
verschwinden zu sehen und dafür neue Lichtpünktchen zu entdecken,
die vor ihnen lagen, während sich hinter ihnen die undurchdringliche Finsternis
wie die Wand eines Gefängnisses ausbreitete. Die Lediri mussten über
eine Technik verfügen, die der der Menschen weit voraus war. Umso weniger
konnte Sonja begreifen, dass diese Wesen auf die Hilfe von Forschern angewiesen
waren, die mit im Vergleich steinzeitlichen Instrumenten an ihren Patienten
herumexperimentieren sollten. Es passte einfach nicht zusammen.
    »Eine Dimensionsblase«, bemerkte Pakcheon, dessen Kopf als Hologramm
zu sehen war. Sein rechtes Auge zuckte kaum merklich. »Wirklich erstaunlich.«
    Oh , dachte Sonja, es gibt tatsächlich Dinge, die selbst einen
vizianischen Klugscheißer verblüffen können? Verdammtes eingebildetes
Telepathenpack! Laut entgegnete sie: »Und was ist mit Ihnen? Ich nahm
an, Ihre Leute können das auch.«
    Ein verhaltenes Lachen wurde übertragen. »In der Theorie ja. Wir haben
jedoch ein etwas anderes Verfahren gewählt, um Vizia zu verbergen.«
    Angeber!
    Sonja hatte schon Shilla herzlich wenig Sympathie entgegengebracht, und nun
musste sie die Gedankenschnüffeleien von Shillas männlichem Gegenstück
erdulden ... Wieso hatte sich Rod darauf eingelassen? Auch die Lediri verstand
Sonja nicht. Erst zogen sie sich in ein sicheres Versteck zurück, dann
erlaubten sie jedem Fremden, der ihnen über den Weg lief, Zutritt zu ihrem
Refugium. Waren sie so verzweifelt, dass sie jegliche Hilfe annehmen wollten,
die sie bekommen konnten, selbst von einem Unbekannten mit zweifelhaften Motiven?
    Innerhalb der Dimensionsblase, die einen Durchmesser von knapp einem Lichtjahr
hatte, befand sich leerer Raum – und eine Vielzahl großer und kleiner
Objekte, die um eine orange Sonne kreisten: eine Asteroidenwolke, die wie eine
Schale den zentralen Fixstern umhüllte.
    »Das ist unsere Heimat«, sagte Urian. »Wir nennen sie Sumire.
Im Gegensatz zu euch leben wir nicht auf Planeten sondern im freien Raum. Auf
den Asteroiden befinden sich lediglich die Generatoren, die die Dimensionsblase
aufrechterhalten und verschiedene andere Einrichtungen.«
    »Darf ich fragen, wie es euch möglich war, Maschinen zu entwickeln?«,
erkundigte sich Pakcheon. »Ihr besitzt keinerlei Extremitäten. Habt
ihr Hilfsvölker? Leben diese auf den Asteroiden und warten die Geräte?«
    »Nein, es war Lear, der uns einst mit allem ausstattete, was wir brauchten.
Er gab uns Computer und Maschinen. Die Roboter bauen seither alles, wozu wir
selbst nicht in der Lage sind. Sie halten die Anlagen instand und führen
unsere Anweisungen aus.«
    »Wer ist Lear?«, wollte Pakcheon wissen.
    Neugieriges Kerlchen . Sonja warf einen geringschätzigen Blick auf
die Holographie. Dabei war sie selbst gespannt auf Urians Antworten. Bisher
hatte er lediglich Andeutungen über den geheimnisvollen Wächter gemacht,
dem sie einst dienten.
    Ein einem Seufzer vergleichbarer Laut war zu hören. »Er war unser
Herr – vor vielen Jahrtausenden. In seinem Auftrag bekämpften unsere
Vorfahren die Outsider. Nachdem der Feind vertrieben war und Lear sich zum Schlafen
in seine Energieblase zurückgezogen hatte, lernte mein Volk die Freiheit
zu schätzen. Wir wollten nicht länger Lears Werkzeuge sein und immer
wieder in die Schlachten gegen einen Feind geschickt werden, den man bloß
vertreiben, aber nicht besiegen kann. Es gelang uns, eine Dimensionsblase zu
schaffen und vor Lears Zugriff zu schützen. Seither hat er keine Gewalt
mehr über uns – und er wird sie auch nie wieder erlangen.«
    Sonja spitzte