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Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Brandt
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sie halb,
aber sie waren dennoch gut zu lesen. Sie bildeten nur ein einziges, kurzes Wort.
    Demut.
    Und Bruder Alfar spürte, wie der Sturm in seinem Inneren aufheulte, als
ihm eiskalt wurde und er kraftlos neben dem Toten auf den Kies sank.
     

 
5.
     
    Der Tag, vor dem Kentok sich noch am Morgen gefürchtet hatte, war zu einer
wunderbaren Überraschung geworden. Zwei seiner Kollegen hatten ihn sogar
zum Vormittagsessen eingeladen, um sich etwas über den Kampfplatz des Verschlingers
erzählen zu lassen, und selbst Tandruk war nicht so bissig wie gewöhnlich.
Da der Vorsteher nichts Nettes zu sagen wusste, hielt er den Mund und ging Kentnok
aus dem Weg und das war alles, was der Techniker sich wünschen konnte.
Ein paar vorsichtige Erkundigungen, als Kentok sich unter dem uralten Vorwand,
etwas vergessen zu haben in die Fabrikhalle 1 begab, hellten seinen Tag weiter
auf. Alle Wissenschaftler wirkten höchst zufrieden, die Maschine brummte
geschäftig vor sich hin und jeder war voller gelassener Zuversicht, dass
es bald ein neues Artefakt geben würde. Die drei Techniker, die Kentnok
heimlich belauscht hatte, wirkten besonders glücklich, standen mit einem
satten Lächeln zusammen und prosteten sich ständig unauffällig
mit Bechern voller Praahl zu. Einen besseren Beweis dafür, dass
sie ihren Plan für gelungen hielten und nicht nach einem verschwundenen
Artefakt suchten, konnte Kentnok sich gar nicht wünschen. Als er die Fabrikhalle
verließ, fühlte er sich so leicht und frei, dass er hätte schweben
können. Seine Hochstimmung brachte ihn dazu, spontan den halben Tag Urlaub
einzureichen, der ihm pro Halbjahr zustand, und früh nach Hause zu fahren.
    Summend und mit federndem Schritt kam er in seiner Wohnanlage an, so in Gedanken
vertieft, dass er nicht bemerkte, dass alle Leute auf der Straße nach
oben starrten und mit dem Finger auf etwas zeigten, das sich in raschem Fluge
entfernte. Was ihm jedoch nicht entgehen konnte, war die junge Frau, die auf
der Balkontreppe direkt vor seiner Wohnungstür stand. Sie sah sonderbar
zerrauft aus, als hätte sie ohne Haube in einer Sanddusche gestanden, und
war ziemlich fahl im Gesicht. Zudem war ihre Kleidung an vielen Stellen zerrissen,
ihre Hände zeigten blutige Striemen und sie hatte eine Wunde am Kopf, die
sie anscheinend nicht einmal wahrnahm. Selbst auf die Entfernung von zehn Schritten
ging ein durchdringender Geruch nach Rauch von ihr aus. So seltsam dieser Anblick
auch sein mochte, das Sonderbarste war, dass die Frau trotz allem hinreißend
aussah: wild und abenteuerlich und zugleich verwirrt genug, um jeden denkbaren
Schutzinstinkt aufflammen zu lassen.
    An sämtlichen anderen Tagen seines Lebens hätte diese Kombination
ausgereicht, um Kentnok auf der Stelle umdrehen zu lassen, damit er ungesehen
flüchten und sich in einem Café hinter einer Tasse Schokolade verstecken
konnte. Dort wäre er geblieben, bis die betörende Gestalt verschwunden
war und sich in dem so entstandenen Vakuum sein Selbstmitleid und seine Träumereien
ausbreiten konnten. Es war ein gutes, sicheres Verhaltensschema, das ihn ohne
große Probleme – wenngleich auch ohne großes Glück –
durch sein ganzes bisheriges Dasein gebracht hatte. Aber heute war irgendwie
alles anders.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, begann er mutig und trat einen Schritt auf
die schöne Fremde zu. Sie blickte auf, verharrte so und sah ihn reglos
an. Dann warf sie einen kurzen Blick zum Himmel. Eine steile Falte erschien
zwischen ihren Augen, verschwand aber gleich wieder.
    »Das hier ist kein Industriegebiet«, antwortete sie schließlich.
Kentnok fürchtete für einen Moment, in einer dieser modernen Kunstinszenierungen
gefangen zu sein, in der kein Satz zu dem vorherigen passte. Er räusperte
sich, um seine Verwirrung zu überspielen, und nickte nur.
    »Ja, es ist eine Wohnsiedlung.«
    »Sonderbar.« Ein kurzer Moment der Stille. »Ist das hier Ihre
Wohnung?«
    »Ja.«
    »Kann ich kurz mit reinkommen?«
    »Was?« Kentnok Ausruf zerstörte das Bild der Souveränität,
dass er so gut aufrechterhalten hatte, und sein halb verblüffter, halb
entsetzter Gesichtsausdruck tat sein übriges. Nie hatte ein weibliches
Wesen seine Wohnung betreten, seit seine Mutter ihm vor vielen Jahren bei der
Einrichtung geholfen hatte. Nunja, genauer gesagt hatte sie eingerichtet, während
er Schadensbegrenzung im Bezug auf Farben

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