Rettungskreuzer Ikarus Band 037 - Nemesis
mochte – nun, Sentenza hatte sich nie getraut zu
fragen und bezweifelte auch insgeheim, dass sich die Grey ihm diesbezüglich
öffnen würde.
»Sprengfallen!«, murmelte Brucnak und hielt Sentenza zurück,
der vorangehen wollte. Er wies dann auf unscheinbare Erhebungen an den Wänden
des Ganges. »Nettes Spielzeug. Die sind von langer Hand installiert worden,
klassische Waffen gegen Entermaßnahmen.«
»Eigentlich unüblich auf imperialen Schiffen«, meinte Sentenza.
»Das muss nachträglich installiert worden sein. Das Multimperium benutzt
so was nicht, da damit auch die eigene Mannschaft massiv gefährdet werden
könnte.«
»Ich glaube nicht, dass diese Art von Rücksichtnahme zu Jorans Naturell
gehört«, kommentierte nun Trooid. Dessen Bioplasthaut war bereits
heftig angesengt und hing teilweise in blutigen Fetzen herunter. Er machte einen
schrecklichen Eindruck, wie ein wandelnder Toter, hatte aber versichert, dass
seine Primärfunktionen in völliger Ordnung seien. Sentenza nahm sich
vor, mit Weenderveen darüber zu reden, ob man Trooid in Vorbereitung eines
Kampfeinsatzes nicht einfach die fleischliche Hülle abnehmen könnte
– es war einfach zu unappetitlich, mit einem sanft vor sich hinblutenden
Kameraden zu reden, dem es eigentlich ganz hervorragend ging.
»Ich habe einen Experten für so was! Sergeant Folgnuk kennt sich damit
bestens aus. Folgnuk!«
Ein Schluttnick trat schweigsam vor, musterte die Sprengfalle und nickte nur.
»Zehn Minuten«, sagte er dann.
»Alle geben ihm Feuerschutz!«, ordnete Sentenza an. »Wenn sich
das Schott da vorne öffnet, will ich nicht, dass auch nur ein Gegner dem
Sergeanten ein Haar krümmt. Ich mache jeden persönlich zur Schnecke,
der einen Feind durchlässt!«
Die Schluttnicks wechselten Blicke, dann gingen sie in Stellung. Sentenza war
sich keinesfalls sicher, ob seine markig vorgetragene Drohung irgendeinen Effekt
auf die recht abgebrüht wirkenden Soldaten seiner Truppe gemacht hatte,
und vielleicht hatte er derlei auch nur sagen müssen, um sich selbst davon
zu überzeugen, dass Folgnuk kein unnötiges Risiko einging.
Dem Sergeanten schien das egal zu sein. Er spazierte bis kurz vor die Sprengfallen,
holte aus einer Beintasche einen Kasten hervor, der offenbar Spezialwerkzeug
enthielt, und kramte in aller Gelassenheit darin herum, bis er das gefunden
hatte, was er benötigte.
Dann erklang ein seltsames Geräusch in den Lautsprechern, das Sentenza
unwillkürlich den Griff seiner Waffe enger umfassen ließ.
»Was ist das?«
» Oh süße Torte, oh edles Gebäck. Ein Schluttnick-Volkslied.
Folgnuk mag es sehr«, erwiderte Brucnak ungerührt.
Sentenza sagte nichts.
Folgnuk summte weiter vor sich hin.
Siridan Dante versuchte, das Gewicht ihres Körpers stärker auf ihr
›neues‹ Bein zu verlagern. Natürlich hatten die Ärzte missbilligende
Bemerkungen gemacht, als sie sich kürzlich selbst für diensttauglich
erklärt hatte. Es war ein gewisser Vorteil, dass die ›wahre‹
Kirche unter Serbald sich nicht in allem so genau an die jahrhundertealten Vorschriften
hielt und vor allem in Zeiten des Krieges die Befehlsgewalt von Raumprioren
deutlich großzügiger interpretiert wurde als vorher. Daher hatten
die Ärzte zwar murren dürfen, aber Dante war einfach davon gehumpelt.
Natürlich lagen die Mediker nicht völlig falsch. Ihr neues Bein sah
zwar recht ansehnlich aus und war voll ausgebildet, aber eigentlich hätte
sie noch einige Wochen Physiotherapie benötigt, ehe sie darauf wieder richtig
laufen und mit ihm den Dienst versehen könnte. Dass sie diese Therapie
jetzt dadurch bekam, auf der Brücke der UHVO hin- und herzulaufen, wie
ein Rohrspatz zu schimpfen und Untergebenen finstere Blicke zuzuwerfen, gehörte
sicher normalerweise nicht zum Genesungsplan.
Jedenfalls tat ihr das neue Bein weh, und es war müde.
Aber das hatte nichts zu bedeuten, denn die ganze Siridan Dante war müde.
Erst einmal war sie der Tatsache müde, dass es auch der wieder vereinigten
Kirche nicht möglich war, wichtige Informationen von unwichtigen zu trennen
und dann bevorzugt zu kommunizieren – sonst wäre der Träger viel
früher aufgebrochen, um die Daten anzufliegen, die man auf Sankt Salusa
gefunden hatte. Und zum zweiten war die müde, weil sie seit nunmehr fast
dreißig Stunden nicht geschlafen hatte, was sich vor allem auf ihren Gemütszustand
zunehmend negativ
Weitere Kostenlose Bücher