Rettungskreuzer Ikarus Band 038 - Urlaub auf Shahazan
neuen Stelle oder Heimweh oder ...
Ein kurzer Druck auf den Boden brachte einen Docht im Inneren des Kegels zum
Glühen, und kurz darauf begann das Kraut zu qualmen. Er stellte den Raucher
auf das Tischchen und setzte sich auf das Bett. Das milde Aroma stieg Louis
sofort in die Nase und übte auf der Stelle eine beruhigende Wirkung aus.
Die Muskeln, die von den Krämpfen der letzten Stunden überbeansprucht
waren, entspannten sich und ließen Louis zum ersten Mal seit langem sich
ruhig zurück lehnen. Allerdings dauerte es nicht lange, bis er sich aufsetzte
und eine Meditationshaltung einnahm. Im Schneidersitz, die Hände im Schoß
ineinander gelegt, setzte er sich dem Raucher gegenüber und beobachtete
aus halb geschlossenen Augen den aufsteigenden Qualm.
Die Aufmerksamkeit Herwegs fokussierte schließlich nur noch auf das Aroma,
den beruhigenden Duft, und langsam erwachte die Erinnerung an Brenda, an die
Reise in der Ta'Cuir.
Der Trubel auf dem Raumhafen von Ransut 4 war ungleich größer als
alles, was Louis Pedro Herweg bisher erlebt hatte. Der weit entfernte Krieg
hatte auch hier seine Spuren hinterlassen, und es waren noch längst nicht
die vollen Kapazitäten der Station ausgenutzt. Trotzdem waren es für
Louis' Verhältnisse viel zu viele Menschen. Und einige wenige Nicht-Humanoide,
die Louis allerdings nicht zuordnen konnte. Vielleicht waren es ja auch nur
Menschen, die sich mit Anzügen oder Mänteln bekleidet hatten, die
aus der Ferne auf etwas Fremdartiges schließen ließen? Die Tentakel
bewehrte Wesenheit, die sich vor ihm durch die Menge schob, war definitiv nicht
humanoid. Es hatte auch den Anschein, als ob dieses Lebensform aus mehreren
Individuen bestand. Die diversen Tentakel bewegten sich in alle Richtungen,
und manchmal schien es diese Kreatur auseinander zu ziehen, bildeten sich Lücken
in dem ansonsten geschlossenen Ganzen. Louis musste sich zwingen, den Blick
davon zu lösen und sich auf seine Umgebung zu konzentrieren. Irgendwo musste
doch sein Weitertransport nach Shahazan zu finden sein.
Der Abflug von Tilde vor wenigen Tagen war ruhiger und in gleichsam privater
Atmosphäre verlaufen. Seine Eltern hatten ihren Sohn zum Hafen begleitet,
und seine Mutter versuchte bis zum Schluss, seine Entscheidung, auf einem fernen
Planeten zu arbeiten, ins Schwanken zu bringen.
Doch die Medo-Universitäten bezahlten nun mal besser für Mediziner,
die bereits außerweltliche Erfahrungen gesammelt hatten. Außerhalb
ihrer Heimatplaneten und trotzdem auf Humanoid-Medizin spezialisiert. Natürlich
bot auch Tilde genügend Einsatzmöglichkeiten. Aber Louis hatte es
schon immer ins Weltall gezogen, er wollte von klein auf andere Planeten, andere
Wesen kennen lernen.
Letztlich waren seine Eltern froh, dass es die Urlaubswelt Shahazan wurde und
nicht einer der neuen Rettungskreuzer, für die Louis so sehr geschwärmt
hatte. Die Enttäuschung war groß, als ihn sowohl die Daedalus als auch die Hippokrates abgelehnt hatten. Es wurde ihm nahe gelegt,
seinen Erfahrungsschatz auf den diversen Raumstationen zu erweitern und es später
erneut mit einer Bewerbung zu versuchen. Zur Ablehnung beigetragen hatten mit
Sicherheit auch seine schlechten Ergebnisse in den Bereichen nichthumaner Medizin.
Ein Rettungskreuzer sollte sicher nicht nur Menschen retten.
Letztlich, redete er sich ein, hatte er Medizin studiert, um anderen helfen
zu können. Ob diese anderen nun ausschließlich Humanoide oder etwas
gänzlich anderes waren oder wo er das tat, spielte ja keine Rolle. Was
zu guter Letzt natürlich bedeutet hätte, dass er auch auf Tilde seine
ersten Erfahrungen hätte sammeln können. Doch der Wunsch nach fernen
Welten war zu stark und setzte sich durch.
Eher aus Trotz denn aus Überzeugung hatte Louis sich dann für das
Urlaubsressort Shahazan entschieden und vorerst mit den Träumen von waghalsigen
Rettungsaktionen im All abgeschlossen. Dazu kam auch noch die Hoffnung, in dem
Urlaubsressort vielleicht den einen oder anderen Kontakt knüpfen und somit
doch noch mehr andere Welten besuchen und dort praktizieren zu können.
»Entschuldigung! Könnten Sie sich mal voran bewegen?«
Die junge Frau war beinahe auf Louis aufgelaufen der, den kleinen Koffer auf
den Rücken geschnallt, den größeren hinter sich her ziehend,
eher ziellos in dem großen Raumhafen unterwegs war.
Er zuckte hilflos mit den Schultern. »Würde ich
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