Rettungskreuzer Ikarus Band 038 - Urlaub auf Shahazan
grundsätzlich auch gerne nachkam, ein weiterer Grund,
das Faahrd kaum eine andere Wahl blieb, als sich ihre ewig gleichen Geschichten
jedes Jahr aufs Neue anzuhören.
Katastrophen, die sie fast ereilt hatten, wie der Beinahezusammenstoß
mitten im Raum zwischen ihrer Heimatwelt Wan'He und dem dazugehörigen Trabanten
mit dem Silber glänzenden Schwarm von Peligianern, der ihren Henry und sie mit Gewissheit ins Verderben oder eben den sicheren Tod gestürzt
hätte, wäre nicht ihr Enkel, der Sohn ihres Ältesten, der sie
mit seiner Freundin begleitet hatte, so geistesgegenwärtig gewesen und
hätte die Steuerung auf manuellen Betrieb umgeschaltet und das Schiff um
diese Gefahr gesteuert. Selbst die Landung auf dem Mond hatte er fast ohne Unterstützung
des Autopiloten gemeistert!
Und das im zarten Alter von vierzehn Jahren.
Zartes Alter? Ein Begriff den ich auch schon lange nicht mehr gehört
habe. Wenn ich es mir recht überlege, habe ich ihn, glaube ich, noch nie
gehört. Gelesen wahrscheinlich.
Innerlich hatte Faahrd schon längst abgeschaltet, und dank seiner langjährigen
Erfahrung war es ihm möglich, sozusagen, der Frau zuzuhören und nebenbei
ein paar Berichte und Bestellungen abzuschließen. Viola a'Grenock schien
es auch nicht weiter zu stören, dass er sich immer wieder dem im Schreibtisch
eingelassenen Display zuwandte, um dort ein paar Eingaben zu tätigen, bevor
er sich wieder seiner Patientin widmete. Natürlich hatte er auch
ihre Krankengeschichte schon längst auf dem Display gehabt. Kaum einer
der älteren Urlauber kam ohne seine komplette Akte nach Shahazan. Manchmal
hatte Faahrd den Eindruck, sie suchten nicht nur Erholung, sondern auch einen
Arzt, der ihnen nach dem Mund redete, der vielleicht auch mal dem widersprach,
was ihr Hausarzt ihnen empfahl. Und soweit er es mit seinem Eid vereinbaren
konnte und meist auch nach Rückversicherung mit dem jeweils behandelnden
Arzt, ging Faahrd auf die Wünsche der Gäste ein. Dort ein etwas stärkeres,
vielleicht auch auf der eigenen Welt nicht zugelassenes Schmerzmittel, da eine
Gelenkinjektion ... Fast alles was den Gästen ihren Urlaub angenehmer machte.
Und Viola stellte mit ihrem Henry keine Ausnahme dar. Für ihr Alter waren
diese beiden ausgesprochen fit, und selbst die diversen künstlichen Gelenke
und Organtransplantationen hatten sie gut überstanden. Jedes Jahr kamen
ein oder mehr Seiten zu den Akten des Paares hinzu. Zu ihrem Arzt, Doktor Messan'D,
hatte Faahrd schon ein fast freundschaftliches Verhältnis aufgebaut, und
sie konferierten auch außerhalb der Urlaubszeiten der a'Grenocks häufig
miteinander.
Ein weiterer Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es Zeit wurde. Er rief die
Akten der beiden erneut auf und klopfte mit dem Finger leicht auf den Tisch
neben dem Display. Viola a'Grenock hatte eine scharfe Beobachtungsgabe, und
so entging ihr weder diese kleine Geste noch das Stirnrunzeln ihres Urlaubsarztes .
Sie unterbrach ihre Schilderung einer anderen gefährlichen Wanderung auf
Wan'He. »Gibt es ein Problem, Doktor?«
»Aber nicht doch, meine Verehrteste. Ich sehe nur gerade, dass durch die
Hauterneuerung eine gewisse Vorsicht beim Sonnenbad für Sie geboten ist.
Ich gebe Ihnen dazu noch eine Lotion, die Sie bitte täglich auftragen.
Und für Ihren Henry habe ich hier noch etwas, aber das muss ich ihm dann
persönlich verabreichen. Könnten Sie ihn bitten, morgen Vormittag
bei mir vorbei zu schauen?«
»Morgen Vormittag? Oh, das ist aber schade. Wir hatten einen Tagesausflug
in den Park d'Floreal geplant.«
»Nun, das tut mir leid, aber es wäre schon wichtig, dass er zu mir
kommt.«
»Das wird ihn nicht glücklich stimmen, das kann ich Ihnen sagen, Doktor.
Letztes Jahr musste er auf die Tour zum Kometenflug verzichten. Die zwei Tage
allein hier haben ihm gar nicht gut getan. Und das Jahr davor ...«
Ein leiser Gong war entfernt zu hören und schreckte Viola a'Grenock auf.
»Schon so spät? Verzeihen Sie, Doktor, ich bin wieder ins Schwafeln
gekommen, nicht wahr?«
Faahrd war aufgestanden und um seinen Schreibtisch herum vor seine Patientin
getreten. Er reichte ihr die Hand. »Machen Sie sich nur keine Sorgen darüber.
Dafür bin ich doch da.«
»Ich werde Henry ausrichten, dass Sie ihn sehen müssen. Vielleicht
lässt sich der Ausflug ja doch noch umbuchen. Ich wünsche Ihnen einen
angenehmen Abend. Auf Wiedersehen, Doktor.«
»Auf
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