Rettungskreuzer Ikarus Band 043 - Kasernenwelt
Nacht dorthin aufbrechen und versuchen, uns an die Energieversorgung
zu klemmen. Allerdings bedeutet das auch, wenn die Besucher nicht sofort antworten,
dass wir uns dort für längere Zeit verborgen halten müssen.«
Was er unausgesprochen ließ, war die zweite Option: Dass unter den neuen
Rekruten oder in ihrer Begleitung niemand war, der mit ihnen sprechen wollte,
und dass ihre ganze Aktion völlig umsonst war.
»Damit habe ich gerechnet«, meinte Shmer nur. »Die Vorbereitungen
am Raumhafen sind sehr weit gediehen und was ich so mitbekomme, sollen die meisten
Neuankömmlinge wohl in Sektor 23 eine Unterkunft finden. Dort hat man alte
Fabrikanlagen abgerissen und Wohnplastblöcke hingestellt. Ich glaube, daraus
können wir schließen, dass mit der Ankunft der Rekruten in den nächsten
Tagen zu rechnen ist.«
Er wies auf den Rucksack. »Mein Transmitter hat eine recht starke Sendekraft.
Ich benutze nur Normalfunk, weil das weniger auffallen wird. Ich werde die Sendungen
auf den wahrscheinlichsten Anflugwinkel ausrichten, um Streuverluste so weit
wie möglich zu vermeiden. Wenn wir ein paar Vorräte mitnehmen und
die Gruppe nicht zu groß ist, kann ich es eine Weile aushalten. Wie viele
sollen mitkommen?«
»Der Trupp, der in den Knoten eindringt, wird aus dir, mir, Polgar und
Tonja bestehen. Polgar und Tonja machen sich dann schnell wieder auf den Rückweg,
sobald wir eine sichere Position erreicht haben.«
»Gut.«
»Aber eine wichtige Frage hast du mir noch gar nicht beantwortet, Shmer«,
drückte Lorik nun das aus, was ihm bereits eine Weile auf der Zunge lag.
»Was willst du denn eigentlich für eine Nachricht senden? Gut, die
gute Laune hilft uns allen, die gleiche Sprache zu sprechen, das lernen wir
in der Basisschule. Das funktioniert sogar bei uns Immunen – wir können
bloß selbständig denken, aber unterscheiden uns sonst nicht von den
Gutgelaunten. Aber wenn unser Ziel ist, mögliche Nichtbefallene zu kontaktieren,
wird uns das kaum weiterhelfen.«
»Ich habe darüber nachgedacht. Ich werde eine Videobotschaft senden.
Es geht mir erst einmal nur darum zu signalisieren, dass es hier unten Leute
gibt, die schlecht gelaunt sind und die Kontakt aufnehmen wollen. Wenn es uns
gelingt, diese Botschaft rüberzubringen, dann können wir darauf hoffen,
dass die Verfolger der Infizierten die Rekrutensprache bereits entziffert haben
und sich bei uns melden.«
»Und wenn nicht?«
»Dann haben wir Pech gehabt und müssen es auf die mühselige Art
und Weise versuchen. Entweder sie lernen unsere Sprache oder wir lernen ihre
oder sie haben eine Möglichkeit zur simultanen Übersetzung oder ...
ich weiß es nicht.«
»Nun, mehr können wir nicht machen«, stellte Lorik fest. Er war
froh genug, dass sich Shmer seine eigenen Gedanken gemacht hatte und verbarg
seine Erleichterung nur wenig. In all diesen Dingen verließ er sich ganz
auf ihn, er versuchte nur, das Funkgerät und seinen Benutzer an die richtige
Position zu bringen.
»Dann brechen wir heute Nacht auf?«, vergewisserte sich Shmer.
»Ja, wenn das für dich in Ordnung ist.«
»Ich bin startbereit.«
»Dann such dir deine Sachen zusammen. Wir treffen uns gegen Mitternacht
vor dem Knoten, in der Zugangsstraße 15, direkt an der Ecke zum Knotenzugang.
Du kennst die Stelle?«
Shmer nickte nur.
»Ich denke, dass alles klappen wird«, versuchte Lorik zuversichtlich
zu klingen. Jetzt, wo sie kurz vor der Verwirklichung ihrer Absichten standen,
klang ihr Plan zunehmend verwegen, ja, nahezu fantastisch. Er war so ein Kontrastprogramm
zu ihrem normalen Leben und der Enge dieser künstlichen Gesellschaft, in
die das Schicksal sie gezwungen hatte, dass allein der Gedanke daran, aus diesem
vertrauten, wenngleich elendigen Trott auszubrechen, etwas Beängstigendes
hatte. Mehrmals war Lorik kurz davor gewesen, die Aktion abzublasen. Es war
vor allem Shmers ruhige Zuversicht, die ihn immer wieder davor bewahrt hatte.
Auch jetzt genügte ein Blick in die Augen des Technikers, um ihn von dummen
Gedanken abzubringen.
Er wandte sich ab. Auch er wollte noch einiges packen, vor allem genug Wasser
und Nahrungsriegel aus gepresstem Glurk, denn er erwartete im Stillen, dass
Shmer, versunken in die Faszination seines neuen Spielzeugs, nicht ausreichend
an die simplen Notwendigkeiten denken würde. Als er mit dem Packen seines
eigenen Rucksacks fertig war, setzte er sich in
Weitere Kostenlose Bücher