Rettungskreuzer Ikarus Band 046 - Welt der Schlafenden
Pakcheon Cornelius eine Antwort schuldig. Er wusste, dass der Freund recht hatte.
Doch was wären die möglichen Folgen gewesen, wenn Kosang den Konter absichtlich langsamer und mit Fehlschüssen geflogen wäre? Dann hätten die Angreifer dank ihrer stärkeren Triebwerke und Waffensysteme eine reelle Chance gehabt, die Phoenix in Bedrängnis zu bringen, hätten vielleicht sogar den Aufenthaltsort der Kosang errechnen und sie unter Feuer nehmen können. Wie er es auch drehte und wendete, es hatte keine Alternative gegeben.
Hellerman war der Erste, der seine Erstarrung abschüttelte. »Gibt es Überlebende?«
Pakcheon lauschte Kosangs Bericht. »Die Biosignale werden weniger.«
»Wir sind ein Rettungskreuzer«, erinnerte Hellerman mit verkniffener Miene. »Falls jemand das überstanden hat, müssen wir ihn rausholen.«
»Und wenn man genau das von uns erwartet?«, erkundigte sich Cornelius. »Wenn sie uns eine Falle stellen?«
Hellerman wies auf den Panoramaschirm. »Wer diesen Angriff überlebt hat, hat genug damit zu tun, sich zu einer Rettungszelle durchzukämpfen. Das Schiff selbst ist eine einzige Falle, denn es kann jeden Augenblick explodieren. Alaya, wie lange brauchen Sie, um nahe genug an das Wrack heranzukommen, damit zwei Mann und drei Medeinheiten übersetzen können?«
»Das ist unnötig«, erklärte Pakcheon. »Die Kosang ist gleich dort und wird einen Bergungsroboter entsenden. Falls das Schiff explodiert, verliert niemand sein Leben.«
Niemand von uns , ergänzte wohl so mancher in Gedanken.
Kapitel 16
Auf Wunsch von Captain Hellerman brachte der Roboter aus der Kosang den einzigen Überlebenden des Wracks an Bord der Phoenix .
Was die Maschine – Cornelius hatte seine Zweifel, dass es sich wirklich um einen reinen Roboter und nicht um einen weiteren selbständigen, intelligenten Ableger Kosangs handelte – zuvor an Informationen gesandt hatte, war erschreckend.
Die Kamera zeigte ein heilloses Chaos: aufgeworfene Böden, geborstene Wände, eingestürzte Decken, brennende Aggregate, funkensprühende Leitungen, von den Sprinkleranlagen erzeugte Dampfschwaden und Wasserlachen. Und überall Leichen. Nicht alle von ihnen waren durch den Beschuss der Kosang und den Folgen davon gestorben. Die meisten wiesen Verletzungen auf, wie sie nur von einem Handstrahler stammen konnten. Demnach hatten die Überlebenden ausnahmslos Selbstmord begangen, oder ein Amokläufer hatte seine Kameraden abgeschlachtet.
»Aber warum?«, flüsterte Hellerman betroffen.
Allein der Gefangene mochte diese Frage vielleicht zu beantworten.
Vergeblich hatte der Roboter versucht, die Datenbank des Kriegsschiffs anzuzapfen. Sie war, offenbar durch einen kleinen Sprengsatz, zerstört worden, sodass weder der Name des Raumers und seine Herkunft noch die Absichten seiner Crew aufgedeckt werden konnten.
»Ich möchte, dass Sie sich den Gefangenen vorknöpfen«, sagte Hellerman zu Pakcheon. »Freiwillig wird er gewiss nicht sprechen, wenn er und seine Leute zu solchen … extremen Maßnahmen fähig sind. Mich wundert, dass er nicht versucht hat, sich umzubringen, bevor der Roboter ihn in Gewahrsam nahm.«
Das fand auch Cornelius seltsam. Der Fremde war bei Bewusstsein gewesen, anscheinend nicht schwer oder gar nicht verwundet. Er hatte sich bloß halbherzig gewehrt, während der Roboter ihn auf Verletzungen untersuchte und ihm ein leichtes Betäubungsmittel gab, um ihn ruhigzustellen. Anschließend wurde der Gefangene in einer Rettungszelle untergebracht.
Hätte ein Mann, der offenbar strikte Befehle und diese bislang durchgezogen hatte, nicht viel aggressiver reagieren oder Suizid begehen müssen, als die Maschine auftauchte? Hatte er vielleicht alle Beweise vernichtet, seine Kameraden umgebracht und dann die Courage verloren? Möglich, aber unwahrscheinlich.
»Was glauben Sie, Pakcheon?« Cornelius hatte dem Freund seine Überlegungen mitgeteilt.
»Ihre Sorge ist berechtigt. Ich finde das ebenfalls sehr merkwürdig. Allerdings hat Kosang nichts Verdächtiges an dem Mann registriert: keine Krankheitskeime, keine verborgenen Waffen und auch keine Sendegeräte. Wir werden erst dann mehr wissen, wenn ich mit ihm gesprochen habe. Da er nicht kooperativ sein wird, befürchte ich, dass dies ein wenig dauern kann.«
»Kosang wird gleich mit der Rettungszelle andocken. Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl.«
»Geht mir nicht anders. Am liebsten würde ich den Mann lassen, wo er gerade ist. Oder ihn auf der Kosang in eine
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