Rettungskreuzer Ikarus Band 046 - Welt der Schlafenden
Isolierzelle stecken. Aber jetzt muss ich wohl erst Sympathiepunkte sammeln, bevor … bevor man mich für ein Monster hält.« Pakcheon wandte sich an Hellerman. »Der Gefangene hat nur geringe Blessuren davongetragen. Bitte bringen Sie ihn in einem ausbruchssicheren Raum unter. Höchstmögliche Sicherheitsstufe.«
»Ich hatte nichts anderes vor«, erwiderte Hellerman. »Die Sache … stinkt. Haben Sie etwas entdeckt, das Anlass zur Besorgnis gibt?«
Die ganze Situation gibt Anlass zur Besorgnis , dachte Cornelius. Allerdings galt die Sorge nicht seiner Person sondern der Phoenix , den Menschen an Bord und ihrer Mission. Die Begegnung mit den beiden Kriegsschiffen, der Angriff, die Vernichtung aller Hinweise, die Aufschluss über die Unbekannten hätten geben können, ein einziger Überlebender, Pakcheons Misstrauen – die Summe daraus verhieß nichts Gutes. Oder hören wir schon die Flöhe im Catzig-Fell husten?
Pakcheon schüttelte den Kopf. »Mir wäre wohler, wenn es so wäre. Dann wüsste ich, welche Maßnahmen zu ergreifen wären. So hingegen hängen wir in der Luft und gehen ein Risiko mit nicht abschätzbaren Folgen ein.«
»Bringen wir es hinter uns«, sagte Hellerman. »Dr. Singer, Sie kommen mit mir. Mr. Cornelius? Mr. Pakcheon?« Da der Captain über seine Gäste keine Befehlsgewalt hatte – der Alarm war aufgehoben worden –, konnte er nur eine Einladung aussprechen. »Mr. Alaya, schicken Sie einen Kampfroboter zur Schleuse.«
Cornelius und Pakcheon schlossen sich Hellerman und Laini Singer an.
In der Zwischenzeit hatte der Ableger mit der Rettungszelle die Phoenix erreicht und den Gefangenen in der Luftschleuse abgelegt. Die Kampfmaschine stand am inneren Schott bereit.
»Der Unbekannte kommt langsam zu sich«, stellte Pakcheon fest. »Wir sollten uns beeilen, damit er nicht außerhalb seiner Arrestzelle erwacht.«
»Öffnen!«, befahl Hellerman.
Das Schott glitt beiseite und gab den Blick auf eine ellipsoide Maschine frei, die aus ihrem Innern eine dünne Faltliege gefahren hatte, auf der angeschnallt ein großer, kräftiger Mann mit kurzem, dunklen Haar lag. Er trug eine schlichte, zweckmäßige Kombination ohne irgendwelche Abzeichen. Kosangs Ableger schwebte über der zerknautschten Hülle der Rettungszelle.
Ein Durchschnitts-Typ mit einem Durchschnittsgesicht , dachte Cornelius. Für seine Herkunft kommen viele Planeten infrage. An Flotten oder Organisationen, für die er arbeiten könnte, fallen mir gleichfalls mehrere ein.
Laini Singer kniete neben dem Gefangenen nieder und untersuchte ihn oberflächlich auf Verletzungen, obwohl sie das Dossier von Kosang erhalten hatte. »Schmutzig, einige Hämatome, aber ansonsten gesund«, bestätigte sie das erste Ergebnis.
»Kosang«, wies Pakcheon den Roboter an, »bitte, folge uns mit dem Fremden.«
Hellerman und Laini Singer gingen voraus, der Kampfroboter positionierte sich hinter seinem Kollegen, der den Bewusstlosen zur Sicherheitszelle transportierte. Cornelius und Pakcheon bildeten den Schluss.
»Schon etwas entdeckt?«, fragte Cornelius.
»Nein, die Gedanken eines Schlafenden zu lesen, ist genauso schwierig wie die Suche nach geheimen Informationen, derer sich derjenige, den man befragen will, nicht bewusst ist. Der Mann träumt wirre Dinge: von unserem Angriff, von anderen Kämpfen, von einem Wüstenplaneten mit unterirdischen Städten – vielleicht seine Heimat –, von Menschen und anderen Spezies, die ihm begegnet sind. Das alles überlagert die Dinge, die wir erfahren wollen.«
»Ich danke Ihnen, dass Sie sich die Mühe machen, den Gefangenen zu befragen, und uns auf diese Weise helfen.«
Pakcheon lächelte. »Das ist selbstverständlich. Buchstäblich sitzen wir alle in demselben Boot; ich handle also auch im eigenen Interesse.«
Trotzdem , dachte Cornelius, sprach es aber nicht direkt aus. Der Freund wusste, wie es gemeint war. Während des Gehens berührten sich flüchtig ihre Hände. Und er tut es für mich.
Die Gefängniszelle unterschied sich kaum von den Kabinen der Crewmitglieder. Es gab eine Liege, einen kleinen Tisch, einen Stuhl, ein Regal für Wechselwäsche, eine winzige Hygienezelle und sogar ein Terminal, mit dem man ausschließlich Zugriff auf die unterhaltsamen Titel der Bordbibliothek hatte. Eine Kamera überwachte die Aktivitäten des Insassen und zeichnete sie auf. Allein die Toilette blieb ausgespart. Über ein Fenster und eine Sprechanlage konnte man kommunizieren, ohne den Raum betreten zu müssen.
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