Rettungskreuzer Ikarus Band 046 - Welt der Schlafenden
emotionsloser Stimme. »Wie Frigga gesagt hat: Fünf Liegen kommen herunter.«
Pakcheon und Cornelius traten einen Schritt zurück, um den Transportgeräten, die aus der ersten und zweiten Etage schwebten, Platz zu machen. Zwei Liegen waren leer. Auf einer ruhte ein regloser Körper, der sich farblich von den anderen unterschied und gallertigartiger wirkte. Die beiden anderen Tumanen schienen unversehrt.
Erstmals konnten die Besucher einen ungehinderten Blick aus der Nähe auf diese Wesen werfen:
Tatsächlich waren die Tumanen eine amorphe Spezies ohne Extremitäten, die ihre Form immer wieder leicht veränderte. Durch Streckung und Kontraktion krochen die beiden Wesen von den Liegen. Ihre durchscheinende Haut glitzerte feucht, da sie offenbar von einem Sekret vor Austrocknung geschützt und geschmeidig gehalten wurde.
Man konnte darunter grobkörnig wirkendes Gewebe erahnen, in das dunklere Flecken gebettet waren, vermutlich das Gehirn und die Organe. Äußerliche Körperteile für die Wahrnehmung waren nicht zu erkennen, mussten jedoch vorhanden sein.
Ohne die Fremden zu beachten, näherten sich die Tumanen dem Kontrollpult. An diesem öffneten sich zwei Klappen, in die jeder ein dünnes Pseudopodium schob und den Kontakt herstellte.
Die Luft knisterte wie bei einem Gewitter.
»Datenübertragung und Kommunikation über elektromagnetische Impulse«, erkannte Pakcheon. »Sie lesen die Aufzeichnungen, die die Anlage gemacht hat, und informieren die anderen. Der Transfer läuft in einem rasanten Tempo ab, sodass ich ihm kaum folgen kann. Es handelt sich um technische Details, die die Defekte erklären, die Toten auflisten und unsere Aktivitäten dokumentieren. Ferner erfahren die Tumanen, dass auf ihrer Welt in den vergangenen Jahrhunderten bis zu unserer Ankunft nichts Wichtiges passiert ist. Die beiden aktivieren einen Sicherheitscode, der die Schläfer in den rund 700 anderen Städten wecken soll. Ich habe nun wieder Kontakt zu Kosang. Aber –«
»Pakcheon?«, rief Cornelius beunruhigt, als er das Entsetzen des Freundes spürte.
»Nein …«
»Was ist passiert?«
»Virenalarm. Wir haben etwas eingeschleppt.«
»Das ist nicht möglich!«
Pakcheon blickte auf sein Vielzweckarmband, berührte kurz den Kommunikator und fluchte. »Leider doch. Meine Geräte haben sie ebenfalls gerade registriert.«
»Was ist es?«
»Das Schlimmste, was Sie sich vorstellen können.«
»Sie meinen doch nicht etwa …?«
»Doch.«
»Aber die Crew der Phoenix wurde geimpft, Sie und ich sind ebenfalls immun.«
»Wir schon, nicht aber Decker, fürchte ich. Er hat das Wanderlustvirus eingeschleppt.«
Viertes Zwischenspiel
Skytas Geduld währte nicht lange. Zwar hatte Cullum sein Versprechen gehalten und ihr Zutritt zur Zentrale verschafft, doch bot sich ihr dort ein Bild des Schreckens, obwohl die Med-Roboter bereits die Verletzten und die Toten – Letztere zweifellos zur Wiederaufbereitung – fortgebracht hatten und mit den Aufräumarbeiten begonnen worden war. Sie hatte erwartet, einige Mitglieder des Inneren Zirkels vorzufinden, die die kritische Situation besprechen und gezielte Maßnahmen einleiten würden, aber stattdessen griffen Notfallpläne und das jahrelange Training. Waren etwa alle hier anwesenden Leiter der Schwarzen Flamme umgekommen?
Cullum sprach mit einem Mann, dessen Erscheinungsbild so durchschnittlich war, dass ihn niemand, der ihm zufällig begegnete, konkret hätte beschreiben können. Zwei Leute hätten sein Aussehen vermutlich sogar ganz unterschiedlich geschildert. Für jemanden wie Skyta hingegen war gerade seine Unauffälligkeit ein Alarmzeichen. Das muss einer der heimlichen Bosse sein!
Sie beobachtete die beiden.
Es schien, als habe Cullum seine Schülerin ganz vergessen, abgelenkt durch wichtigere Angelegenheiten.
Ab und zu strich der Unbekannte verstohlen über seine Rippen. Offenbar war er verletzt, wollte sich aber aus Stolz nichts anmerken oder sich aus irgendwelchen Gründen noch nicht behandeln lassen. Unerwartet begegneten sich ihre Blicke, doch konnte sie nichts in seinem Gesicht lesen.
Als das Gespräch beendet war, gab Cullum einen Rundruf durch, der die Überlebenden über das, was geschehen war, knapp informierte und Statusberichte von den verschiedenen Sektionen verlangte. Skyta achtete nicht darauf, denn die wesentlichen Fragen wurden natürlich nicht beantwortet.
Der Unbekannte wandte sich ab und hinkte zu einem Sicherheitsschott, der sich nach erfolgreichem Retinascan
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