Rettungskreuzer Ikarus Band 048 - Kaiser und Gott
kreuz und quer durch die Maschinenhallen des Zentralcomputers auf Ryndon. Er wusste nicht so recht, nach was er suchen sollte, und bewunderte nur die diversen Lämpchen. Es wurden immer mehr, die blinkten und leuchteten, und nur in Bereichen, wo es dunkel blieb, schloss Vince ein kleines Kästchen an. Von diesen Mikrocomputern trug er eine ganze Tasche voll bei sich, und offensichtlich versprach sich sein Herr einiges davon.
Ob sie tatsächlich in dem Bereich, in dem er sich befand, so viel würden ausrichten können? Für Vince spielte es keine Rolle, er führte seine Aufgabe aus und hoffte, sein Herr wäre mit ihm zufrieden.
Nervös klackten seine Mandibeln aufeinander, als er an seinen Herrn dachte. Besser, er machte sich unabhängig von Erfolg oder Misserfolg seiner Mission. Obwohl es letztlich wahrscheinlich keine Rolle spielte. Der Herr würde ihn in jedem Fall erneut ›verbessern‹, wenn ihm danach war. Und mit jeder weiteren ›Verbesserung‹ würde Vince neue Bereiche seines Körpers kennenlernen, die Schmerzen erleiden konnten.
Es dauerte eine Weile, bis er mit den Mandibeln zurechtkam, aber die Flügel auf dem Rücken waren eine Sache für sich. Immer noch meinte er zu spüren, wie sich Verbindungen Wege in sein Gehirn suchten, um ihn dort zum Fliegen überreden zu können.
Doch in der Form, wie der Herr sie ihm hatte angedeihen lassen, waren die Flügel nicht für ihren ursprünglich gedachten Zweck zu gebrauchen. Obwohl der Impuls immer wieder hervorbrach und Vince spürte, wie sich die Chitinflächen auseinanderzogen, war es einfach unmöglich, diesen Panzer auszubreiten.
Es war, so viel hatte Vince auf den Aufnahmen des Herrn gesehen, eben nur ein einteiliger Panzer aus dem Material, aus dem bei einigen Ts!gna tatsächlich Flügel gewachsen waren. Da aber der genetische Code der Ts!gna in diesem Panzer und den Mandibeln vorhanden war, schien etwas auch sein Gehirn und seinen Körper damit beeinflussen zu wollen. Etwas, was nicht der Herr war.
Zudem vertrug sich das Genmaterial der Ts!gna nicht wirklich mit dem Virus, das ihm so viel Pein zugefügt hatte, als sie von dem Kasernenplaneten wieder aufgebrochen waren.
Vince hatte nicht gelernt, mit den starken Schmerzen zu leben. Er litt fürchterlich unter jeder Art von Schmerz. Als er sich auf Rynyda das erste Mal eine längere Zeit wieder frei bewegen konnte, waren die ersten Schritte auf dem viel zu natürlichen Untergrund eine Qual. Sämtliches Leben, ob pflanzlich oder tierisch, schien sich gegen ihn verschworen zu haben. Doch nach und nach schaffte er es, mit seinen Muskeln und der damit verbundenen Kraft umzugehen. Sehr schnell sogar hatte er seinen Körper wieder unter Kontrolle. Und auch jetzt, mit dem starren Panzer auf dem Rücken, hatte es nicht allzu lange gedauert, bis er dieses Hindernis als Teil seiner selbst akzeptierte.
Sosehr er Schmerzen hasste, so sehr hatte ihn der Schmerz gelehrt, was sein Körper war, und ganz langsam war es einem Teil seines Bewusstseins gelungen, sich abzukapseln. Nicht gerade teilnahmslos, aber ohne Regung beobachtete dieser kleine Teil seines Denkens, wie er reagierte, während sein Herr ihn ›verbesserte‹. Registrierte, was der Herr ausführte, sammelte Informationen, die noch keinen Gewinn oder Wert für Vince darstellten. Irgendwo zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein hatte sich etwas gebildet, aus dem ›etwas anderes‹ werden mochte.
Vince blieb vor einer Tür stehen. Anders als die bisherigen Türen in der unterirdischen Anlage öffnete diese sich nicht automatisch.
Vince legte den Kopf schief und betrachtete die Tür, drehte sich um und sah in den Raum. Er zuckte nur kurz zusammen, als sein Rückenpanzer am Türrahmen entlangstrich.
Seine feinen Ohren nahmen ein Geräusch wahr, das weit unterhalb des hier vorherrschenden Brummens von Klima- und Rechenanlagen lag. Noch tiefer, aber irgendwie … organischer. Erneut zuckten seine Mandibeln aufeinander, eine Angewohnheit, die er noch nicht kontrollieren konnte. Aber etwas reagierte auf dieses Klacken.
Mit einem leisen Zischen schob sich die Tür nach oben, und mit der ausströmenden abgestandenen Luft entwich etwas nicht Greifbares, das dennoch Vince umfing und gleichsam in den Raum zog. Er wandte sich nicht einmal mehr um, sondern machte nur einen Schritt nach hinten in den Raum hinein.
Unvermittelt entspannt und beinahe verklärt sah er in den großen Rechnerraum. Erneut war das leise
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