Rettungslos verliebt
und schlüpfte in die flachen Sandaletten. Es gefiel ihr, zur Abwechslung einmal etwas anderes anzuhaben als die khakifarbenen Outfits, die sie zur Arbeit trug.
Wieder wunderte sie sich, dass es so still war auf der Farm. Doch dann zuckte sie die Schultern. Nach einer Woche auf Katerina wusste sie, dass ein Tag wie der andere war, obwohl man sie nachdrücklich aufgefordert hatte, sich die Sonntage frei zu nehmen. Sarah war wahrscheinlich mit den Pferden beschäftigt, und Rolf und Joe arbeiteten entweder auf den Weiden, oder sie besserten irgendeine Piste aus oder was auch immer. Es gab unendlich viel zu tun.
Lydia setzte sich auf die Veranda, um ihr Haar in der Sonne zu trocknen. Sie schloss die Augen und dachte über die vergangene Woche nach.
Als sie sich daran erinnerte, wie steif sie die ersten drei oder vier Tage abends gewesen war, lächelte sie. Nachdem klar gewesen war, dass sie sechs Wochen auf Katerina aushelfen würde, war sie in Sydney täglich zum Reiten gegangen. Offenbar hatte es nicht viel genützt.
Obwohl Pferde nicht das einzige Fortbewegungsmittel auf Katerina waren, hatte Lydia in der einen Woche länger im Sattel gesessen als in den ganzen letzten Jahren zusammen.
Die Simpsons waren beeindruckt gewesen, dass sie sich nicht beschwerte oder den Bullbuggy nahm, wie der offene Wagen mit Allradantrieb genannt wurde. Mit diesem Fahrzeug konnte man auch auf rauem Gelände mühelos umherfahren. Außerdem hatte es gefährlich aussehende Gitter am Kühler, mit denen sich aggressive Bullen in Schach halten ließen.
Zu Lydias Überraschung hatte Joe nicht mehr versucht, sich ihr in irgendeiner Weise zu nähern, sondern er behandelte sie genauso wie seine Schwester. Sogar an dem Abend, als sie zusammen das Dinner kochten, hatte er sich sehr zurückgehalten. Er erklärte ihr feierlich, dass Sarah nicht nur eine schlechte Köchin sei, sondern auch sehr schwierig im Umgang mit Hausangestellten.
"Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie viele Köchinnen sie gehabt hat", sagte er. "Sie ist sehr anspruchsvoll und erteilt gern Ratschläge. Sie versucht, die Leute umzuerziehen. Sie sollen nicht rauchen, nicht trinken und nicht fluchen, sondern regelmäßig in die Kirche gehen. Mit anderen Worten, sie sollen so sein wie sie."
Lydia lächelte. "Ah ja. Sie ist eine interessante Persönlichkeit, deine Zwillingsschwester."
Joe blickte sie fragend an. "Ihr beide scheint euch gut zu verstehen."
Das stimmt, überlegte Lydia. Abgesehen davon, dass Sarah keine gute Köchin war, war sie die geborene Farmersfrau - und sie liebte ihr Zuhause, das spürte man deutlich. Außerdem ergänzten sie und ihr zurückhaltend wirkender Mann sich perfekt.
"Du hast Recht, ich mag sie sehr. Bis jetzt hat sie noch nicht versucht, mich umzumodeln", erwiderte Lydia.
"Weil du keine Laster hast, au ßer dass du manchmal ein Glas Wein trinkst. Deshalb hat sie an dir auch nichts auszusetzen." Joe begoss das Huhn mit Bratensoße. "Egal, ich kann jedenfalls das, was sie uns vorsetzt, nicht mehr hinunter bekommen."
"Rolf scheint es nichts auszumachen."
"Sarah glaubt, sie hätte ihn gut im Griff. Aber er ist einer dieser ruhigen und sehr starken Menschen, bei denen man nie weiß, was in ihnen vorgeht", hatte er geantwortet, ohne sich näher dazu zu äußern.
In den ersten zwei Tagen hatten Joe und Rolf ihr beigebracht, mit den dicken Seilen umzugehen. Es war harte Arbeit, die Rinder auszusortieren. Zuerst wurde eine Herde auf eine eingezäunte Weide getrieben. Dann wurden die Tiere, in verschiedene Kategorien unterteilt, auf andere eingezäunte Plätze getrieben, wo den Jungtieren und Kälbern das Brandzeichen aufgedrückt wurde. Danach durften die Kälber zu den Muttertieren zurück, und die Jungtiere wurden ausgesondert. Die Zuchttiere wurden, wenn sie gesund und unverletzt waren, wieder auf die Weiden getrieben, und die Rinder, die verkauft werden sollten - vor allem Stiere und Ochsen -, wurden auf Trucks verladen.
Jedes Tier wurde einzeln durch einen schmalen, eingezäunten Gang dirigiert, um begutachtet zu werden. Bei der Gelegenheit musste Lydia rasch entscheiden, ob es gesund war oder behandelt werden sollte. Schon bald wurde ihr klar, dass alle Mitarbeiter genauso gut über Rinderkrankheiten Bescheid wussten wie sie selbst, was sie ziemlich ernüchternd fand.
Joe und Rolf hatten es sich zur Regel gemacht, Lydia in alle Gespräche einzubeziehen, die die Rinder betrafen, auch wenn es um die Zucht ging.
Bis jetzt hatte Lydia noch
Weitere Kostenlose Bücher