Rettungslos verliebt
Chattie. Und wer hat dich das Kochen gelehrt?"
"Ich mich selbst. Es war so etwas wie eine Überlebensfrage. Meine Mutter kochte genauso schlecht wie Sarah."
Lydia blickte ihn leicht interessiert an. "Haben deine Eltern die Farm hier mitten im Busch selbst aufgebaut?"
"Ja, als junges, verliebtes Paar. Sie haben alles überstanden, Dürre, Überschwemmungen, Seuchen. Ihre Leistung ist besonders beeindruckend, weil meine Mutter Lehrerin war und aus England kam."
"Und dein Vater?"
"Er ist im Outback in Queensland aufgewachsen und stammt aus einer Farmersfamilie."
"Warum hast du mit der Tradition gebrochen?" fragte Lydia.
Joe streckte sich im Sand aus und stützte sich auf den Ellbogen. "Ich habe mich immer zwischen Katerina und der großen weiten Welt hin-und hergerissen gefühlt. Als Rolf dann Sarah heiratete, habe ich die Chance genutzt und versucht, mir auf einem anderen Gebiet einen Namen zu machen. Als Viehzüchter ist man beispielsweise vom Wetter, von den Fleischpreisen und dergleichen abhängig. Deshalb ist es nicht verkehrt, mehrere Eisen im Feuer zu haben. Dennoch, irgendwie gehöre ich immer hierher."
"Hast du damit gerechnet, so erfolgreich zu sein?"
Er zuckte die Schultern. "Vielleicht, aber nicht als Cartoonist. Ich habe Politikwissenschaft und Englisch studiert und wollte ein ernst zu nehmender Journalist werden. Rein zufällig wurde ich dann Karikaturist."
"Du und Sarah und Rolf solltet Söhne haben, die eines Tages die Farm übernehmen", sagte Lydia.
Joe zögerte sekundenlang. "Ich wollte es Sarah überlassen, es dir zu verraten, aber sie hat Probleme in dieser Hinsicht. Deshalb wollen die beiden auch unbedingt einige Wochen weg - vielleicht entscheiden sie sich für eine künstliche Befruchtung."
Lydia trank ihren Tee. "Ich wünsche ihnen sehr, dass sie Erfolg haben."
Er richtete sich auf. "Sonst muss ich einen Erben produzieren. In dem Zusammenhang fällt mir ein: Hast du schon etwas von Daisy gehört?"
"Ich weiß nur, dass sie auf Tournee ist."
"Möchtest du mit mir darüber reden, warum du vorhin im Wasser nicht an deine Schwester gedacht hast?"
"Lieber nicht ", erwiderte Lydia leise.
"Okay." Joe blickte sie freundlich an. "Ich bin auch dafür, dass wir Daisy nicht zwischen uns kommen lassen. Aber was hast du damit gemeint, es sei zu gut gewesen, um wahr zu sein?"
"Ach, das war eine gedankenlose Bemerkung."
"Lydia, hast du mich auch gedankenlos geküsst?" fragte er leise.
Die Sonne ging langsam unter, und die Schatten, die die Bäume über das Wasser warfen, wurden länger, während die Silberreiher wieder im seichten Wasser herumstolzierten. Das stetige Rauschen der Wasserfälle wirkte irgendwie beruhigend.
"Noch nie zuvor bin ich gegen meinen Willen geküsst worden", erklärte Lydia schließlich. "Deshalb habe ich dabei auch nicht nachgedacht, sondern mich wahrscheinlich einfach nur dazu hinreißen lassen."
Sekundenlang schwieg er. Sie konnte sich der erotischen Atmosphäre zwischen ihnen nicht entziehen und sah ihm in die Augen. Verblüfft bemerkte sie seinen skeptischen Blick.
"Okay", korrigierte sie sich deshalb. "Ich bezweifle, dass du jeden Versuch aufgegeben hast, dich mir zu nähern. Deine tagelange Zurückhaltung war zu gut, um wahr zu sein. Über Männer
"Die Zurückhaltung gehörte zu Plan B", unterbrach er sie. "Aber red weiter. Über Männer ...?"
"Kann man sich sowieso nur ärgern. Noch ärgerlicher ist, dass ich mich gefragt habe, wie du es schaffst, dein Interesse an mir einfach so abzustellen. Aber mach dir keine Hoffnungen, Joe, es ist ganz normal, dass man darunter leidet, wenn ..."
Er zog eine Augenbraue hoch. "Du bist erstaunlich ehrlich."
Sie ignorierte seine Bemerkung und fuhr fort: "Natürlich gefällt es mir, begehrt zu werden, statt wie ein alter Schuh sogleich in Vergessenheit zu geraten. Ende der Geschichte."
"Ich verstehe."
Lydia merkte, dass er sich nur mühsam das Lachen verbeißen konnte, und warf ihm einen verächtlichen Blick zu. Und dann ärgerte sie sich über sich selbst, weil sie plötzlich errötete. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich ihm und mir etwas vorgemacht habe und doch nicht ganz ehrlich war, überlegte sie.
"Ich muss dir Plan B erklären", begann Joe mit ernster Miene. "Als du mir das mit deinem Mann und mit deiner Schwester erzählt hast - sie ist übrigens nicht in mich verliebt, doch das ist jetzt nicht das Thema -, ist mir klar geworden, wie ungeschickt und plump ich gewesen bin. Deshalb hielt ich es für eine
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