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Rettungslos

Titel: Rettungslos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: van der Vlugt Simone
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Emmelie waren im Kindergartenalter, als meine Frau mich verlassen hat. Angelique hatte einen anderen, das wusste ich schon eine ganze Weile.« Sein Tonfall ist defensiv, als rechnete er damit, auf Skepsis zu stoßen. »Als Mann spürt man einfach, wenn man betrogen wird. Ich sprach sie darauf an, aber sie wollte nicht darüber reden. Sie drehte sich um und ging ohne ein Wort nach oben. Als sie mir so brüsk den Rücken zuwandte, ging etwas kaputt in mir. Ich fühlte mich unglaublich gedemütigt und rannte ihr nach … und dann habe ich die Kontrolle verloren. Ich habe sie die Treppe hinuntergestoßen. Die Kinder haben das Ganze leider mitbekommen. Aber ich konnte einfach
nicht mehr klar denken, mit dieser Geste hat sie meine ganze Welt zum Einstürzen gebracht.« Er hält kurz inne, atmet tief durch und fährt dann fort: »Angelique hatte Prellungen und eine Gehirnerschütterung. Sie stand auf, nahm die Kinder und ging zu ihren Eltern. Am nächsten Tag kamen ihre Brüder und ihr Vater, um ihre Sachen zu holen. Ich habe noch vergeblich versucht, mit ihr zu reden, mich zu entschuldigen. Sie verschwand einfach aus meinem Leben, ohne mir die Möglichkeit zu geben, meinen Fehler wiedergutzumachen.« Kreugers Stimme zittert vor unterdrückter Wut. »Am schlimmsten war, dass ich meine Kinder kaum noch zu Gesicht bekam. Die Umgangsregelung war die reinste Farce. Alle zwei Wochen durfte ich die Kinder für ein paar Stunden sehen, aber nur unter Aufsicht. Erst standen sie bloß da und starrten mich an, als könnte ich ihnen jeden Moment an die Gurgel gehen, und wenn sie dann endlich ein bisschen aufgetaut waren, brachte die Kuh vom Jugendamt sie wieder weg. Mein Leben war ruiniert, noch nie habe ich so viel geheult wie damals. Meine Frau war weg, die Kinder waren weg, und zu allem Überfluss verlor ich auch noch meine Arbeit. Den ganzen Tag saß ich zu Hause und wusste nicht mehr ein noch aus. Und dann sah ich Angelique eines Tages in der Stadt mit einem anderen. Ich hatte also recht gehabt. Sie betrog mich tatsächlich, und nun spazierten sie da zusammen durch die Fußgängerzone, mit den Kindern. Sie hatte Emmelie an der Hand und dieser Mistkerl meinen kleinen Jungen. In dem Moment brannten sämtliche Sicherungen bei mir durch. Natürlich konnte ich mitten
in der Stadt nicht viel ausrichten. Also folgte ich diesem Kerl und meiner Familie und versteckte mich in seiner Garage.«
    Â»Und dann?«, fragt Lisa leise.
    Â»Ich habe ihn umgebracht«, sagt er. »Als er in die Garage kam, habe ich ihm den Schädel eingeschlagen. Bevor er merkte, wie ihm geschah, war es auch schon vorbei. Das fand ich zwar schade, aber andererseits durfte ich kein Risiko eingehen, sonst hätte Angelique etwas mitbekommen.«
    Â»Und dann bist du ins Haus gegangen?«
    Kreuger nickt. »Ja. Die Kinder saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher, das sah ich durch den Türspalt, und Angelique war oben. Ich holte in der Küche ein Messer und ging ebenfalls rauf. In meiner Fantasie hatte ich sie schon mehr als ein Mal umgebracht. Immer ganz langsam, damit sie begriff, was sie mir angetan hatte und dass sie sich die Konsequenzen selbst zuzuschreiben hatte. Aber als es so weit war, ging das nicht, denn die Kinder waren ja unten. Ich musste also schnell sein.«
    Er klingt seltsam unbeteiligt, so als hätte er eine unangenehme Haushaltspflicht erledigen müssen, vor der man sich nicht drücken kann.
    Â»Sie sah mich mit dem Messer und schrie, aber die Kinder hörten sie nicht, weil der Fernseher lief. Und ihr Geschrei verstummte schnell.«
    Lisa versucht, sich ihr Grauen nicht anmerken zu lassen. »Und die Kinder?«, flüstert sie.
    Sein Blick verdüstert sich, und Lisa glaubt, darin so etwas wie Verzweiflung zu erkennen.

    Â»Was blieb mir denn anderes übrig? Dass ich für die Morde zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt werden würde, war klar. Wie hätten Emmelie und Jeffrey das verkraften sollen? Was für ein Leben hätten sie gehabt? Die Mutter tot, der Vater im Gefängnis, und sie selbst in irgendeinem Heim … Nein, ich habe ihnen einen Dienst erwiesen, indem ich verhindert habe, dass es so weit kommt. Und ich habe dafür gesorgt, dass es schnell ging: ein gezielter Schnitt, und alles war vorbei. Ich habe nur an ihr Wohl gedacht und dem Richter auch erklärt, dass ich im Interesse der Kinder gehandelt habe, aber der hat

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