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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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sowieso nichts erkennen.
    » Wo?«, fragte er ungeduldig.
    » Direkt hinter uns. Im Rückspiegel.«
    Er spähte in den großen Rückspiegel, der neben der Scheibe angeschraubt war. Dort war ein hellroter Lichtpunkt zu erkennen– das Ende des Zuges–, doch dahinter war nichts. Er sah nur sein verwaschenes, stirnrunzelndes Spiegelbild im Fenster.
    » Ich sehe überhaupt nichts«, sagte er. Er wollte den Blick schon abwenden, als Wu die Lampen der Lokomotive ausschaltete und der Führerstand dunkel wurde; mit den Lichtreflexen verschwand auch Marcos Spiegelbild, sodass er plötzlich Schemen zu erkennen vermochte, wo zuvor keine gewesen waren. Und da war es– ein winziger, kohlschwarzer Fleck in einem grauen Meer aus Sand, etwa achthundert Meter hinter ihnen. Auf diese Entfernung hätte Marco es ohne Wus Hinweis überhaupt nicht wahrgenommen; auf den ersten Blick hätte es sich auch um einen Felsen oder eine Steppenhexe handeln können. Und es verging noch einmal eine Minute, bis er sich vergewissert hatte, dass es sich bewegte– mit der gleichen Geschwindigkeit wie der Zug. Es hielt sich immer am äußersten Rand des Blickfelds.
    » Eine Art Geländefahrzeug mit Allradantrieb«, schlussfolgerte Wu. » Ein Quad. Er folgt uns schon seit einer Viertelstunde, vielleicht sogar noch länger. Ich habe ihn auch erst entdeckt, als der Sand heller wurde. Er hat einen Fehler gemacht– er hätte auf dem Bahndamm bleiben sollen. Dort hätte er eine bessere Deckung gehabt.«
    » Aber wer ist das?«, fragte Marco noch einmal. » Ich meine, sind Sie sicher, dass es nicht Ihre Leute sind? Vielleicht hat Osbourne Verstärkung geschickt.«
    Wu schüttelte den Kopf. » Wenn das jemand von der AAE wäre, dann hätte er längst aufgeschlossen und Kontakt mit uns aufgenommen. Diese Person verfolgt uns. Dilettantisch, aber ihre Absichten sind klar.«
    » Ach ja? Und was sind ihre Absichten?«
    » Sie will wissen, wohin wir fahren.«
    Marco stieß entnervt die Luft aus. » Mein Gott, verschonen Sie mich doch mit diesen halb garen Antworten. Weshalb verfolgt man uns?«
    Es trat eine Pause ein. Ohne die Innenbeleuchtung war Wus Gesicht eine geheimnisvolle Silhouette, doch Marco spürte, dass der Sergeant ihn mit Geringschätzung betrachtete.
    » Also wirklich, Doktor«, sagte Wu schließlich. Sein Ton war nun nicht mehr besorgt, sondern mahnend. » Haben Sie etwa geglaubt, wir wären die Einzigen, die Roger Ballard jagen?«
    Marco blinzelte. » Was…? Wovon sprechen Sie überhaupt? Wer sonst…«
    » Andere politische Interessen. Regierungen.«
    Marco trat einen Schritt vom Fenster zurück. » Ach du Scheiße«, sagte er. Die Erkenntnis traf ihn mit der Wucht einer Dampframme. Er stieß gegen den Hocker hinter sich und setzte sich darauf.
    Na toll, Henry, sagte er sich und schüttelte den Kopf. Wo zum Teufel bist du da bloß hineingeraten? Andere Nationen– wie viele? – waren auch auf der Jagd nach Roger. Gottverdammter Hurensohn. Er war ein Idiot gewesen, dass er das nicht vorausgesehen hatte. » Nationale Sicherheit«, hatte Osbourne gesagt. Natürlich. Wenn das Heimatschutzministerium schon an diesem kranken Spiel beteiligt war, dann wären auch noch andere Spieler auf dem Feld. Andere Regierungen, die Roger auf der Agenda hatten. Marcos Gedanken überstürzten sich beim Versuch, die Folgen zu erfassen.
    Das ist kein normaler Auftrag, wurde er sich bewusst. Das ist eine Art von Weltkrieg.
    Aber wieso, um Gottes willen? Und was, wenn er nicht gewann?
    » Wer mischt also noch mit?«, fragte er wieder. Die Besorgnis war aus seiner Stimme gewichen; es schwang nur noch Resignation mit. » Nordkorea? Der Iran? Chi…«
    » Vielleicht auch alle drei«, unterbrach Wu ihn. » Oder noch ganz andere. Darauf kommt es aber auch nicht an. Sie wollen alle dasselbe.« Er schob sich an Marco vorbei und ging zum Führertisch. » Machen Sie mal Platz.«
    » Natürlich. Ich wollte Ihnen nicht im Weg stehen«, sagte Marco missmutig. Er stand vom Hocker auf und ging zum zweiten Führertisch. Die Karottensuppendose, die er zum Abendessen geleert hatte, stand vor ihm auf dem Boden. Er trat kräftig dagegen und hörte zufrieden, wie sie scheppernd in der Dunkelheit verschwand und den Gang entlangrollte.
    Ungerührt ergriff Wu den Fahrschalter und zog ihn eine Raststufe auf sich zu. Das Stöhnen der Motoren im Maschinenraum wurde lauter, und der Zug beschleunigte so schnell, dass Marco zurücktaumelte. Wu wartete zwanzig Sekunden und erhöhte die

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