Revanche - Exposure
Geburt.« Sie zuckte wegwerfend mit den Schultern. Wieso musste sie ihm das eigentlich auf die Nase binden? »Deshalb hab ich mich auch nie so richtig an den Namen gewöhnen können.«
Elvis’ Magen krampfte sich zusammen, und er machte unwillkürlich einen Schritt in ihre Richtung, fing sich aber sofort wieder. Mach mal halblang, Mann; sie lässt doch nur ein paar allgemeine Informationen vom Stapel. Schau dir diese Wahnsinnsfrau bloß an! Hast du dich schon mal im Spiegel angesehen, du Traumtänzer?
Eine kleine Hand zupfte ihn am Knie seiner Jeans. »Sheriff. Wieso sagst du nicht ›Hi Gwacie‹?«
Ein Blick zu dem kleinen Mädchen mit den wilden, blonden Locken, das ihn aus großen, braunen Augen anstaunte, und er schmolz dahin. »Hallo, Kleine«, sagte er weich.
»Hi«, strahlte sie. »Ich heiße Gwacie und bin drei. Ein, zwei, drei.« Sie hielt ihm ihre Fingerchen zum Abzählen hin. Als er sich unbehaglich räusperte, breitete sie die Ärmchen aus. »Hoch«, bettelte sie.
Hilfesuchend schaute er von ihrer Mutter zu Clare,
worauf beide mit einem müden Achselzucken reagierten. Er blickte wieder zu Grace. »Ich bin … ähm … im Dienst«, stammelte er.
Aber seine Ausrede zog nicht.
» Hoch!«
Er bückte sich und nahm sie auf den Arm. Schob die Prothese vorsichtig unter ihre Schenkel und die gesunde Hand stabilisierend in den kleinen Rücken, als er wieder aufstand.
Sie betrachtete die Stahlkonstruktion, die an ihrer Hüfte hervorschimmerte. »Wo ist deine Hand, Sheriff?«
»Die hab ich bei einer Explosion verloren.«
»Oh.« Behutsam betastete sie mit ihren kleinen Fingern die Prothetik, die er im Scherz öffnete und wieder schloss. Worauf Gracie kreischend ihre Hand wegzog, den seltsamen Apparat dann aber neugierig ein weiteres Mal berührte. Wieder ließ er den Mechanismus auf- und zuschnappen, und sie brachte kichernd ihre Finger in Sicherheit. »Du bist aber lustig«, erklärte sie ihm mit einem umwerfenden Grübchenlachen.
Lustig war bestimmt das letzte Attribut, womit die Leute ihn üblicherweise charakterisierten, überlegte Elvis nicht ohne einen gewissen Zynismus. Das Kinn auf seine Brust gestützt, beobachtete er, wie sie an den Dienstabzeichen auf seinem khakifarbigen Hemd herumspielte. Mit den Fingern unter die Schulterepauletten glitt. Dann zog sie einen Kugelschreiber aus seiner Brusttasche, inspizierte ihn von allen Seiten und steckte ihn umgekehrt wieder hinein. Eine winzige Fingerspitze malte die Buchstaben auf seinem Namensschild nach.
»Kannst du denn schon lesen?«, wollte Elvis von ihr wissen. Nachdem es Fernsehsendungen wie die Sesamstraße
und dergleichen gab, ging er davon aus, dass die Kleinen schon recht früh fit wären.
»Hm … mmh.« Ihr Zeigefinger tappte über sein Namensschild aus braunem Plastik mit weißen Buchstaben, tippte auf Sheriff, dann auf das E., dann auf Donnelly. »Da steht Mc … Donald’s … heute !«
Elvis’ Mundwinkel verzogen sich zu einem anziehenden Grinsen, das strahlend weiße Zähne entblößte. Emma blickte auf. Sie hatte frisches Öl in den Motor gegossen und verfolgte fasziniert, wie gut er mit ihrer Tochter zurechtkam. Wenn er sie so verschmitzt wie jetzt betrachtete, fiel seine entstellte Gesichtshälfte kaum noch ins Gewicht. Der Sheriff muss früher ein attraktiver Typ gewesen sein. Eigentlich sah er auch jetzt noch gut aus, wenn man die auffällige Narbe ignorierte. Und sich die Zeit nahm, den ganzen Mann kennen zu lernen … Holla. Unvermittelt hatte Emma Schmetterlinge im Bauch.
Mit angehaltenem Atem beobachtete sie, wie ihre Tochter soeben die ausgezackte Narbe inspizierte. Gracie stemmte ihm ihre spitzen Knie in den Brustkorb und versuchte höher zu robben. Er hielt sie weiterhin gut fest, sein Gesicht allerdings starr und ausdruckslos wie eine Maske.
Schließlich strichen Gracies kleine Finger behutsam über die vernarbte Haut. »Hast du das Aua auch von einer Eckplosjon?«
Er nickte.
Bestürzt spähte sie in Elvis’ elektrisierend blaue Tiefen. »Tut’s weh?«
»Jetzt nicht mehr.« Und der Schmerz war auch nicht das Gravierende. Viel schlimmer war das taube, leblose
Gefühl in der Wange gewesen, bis sie ihm die verletzten Nerven wieder zusammengeflickt hatten. Und dass die Leute ihn seitdem angafften, als wäre er Frankensteins Monster.
Gracie stemmte die kleinen Hände auf seine breiten Schultern, reckte sich in seinen Armen und hauchte ihm spontan einen feuchten Kuss auf die vernarbte Wange. Dann lächelte sie ihn
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