Revanche - Exposure
drei Erwachsenen in der Halle Unverständnis entgegenschlug. Er betrachtete das todtraurige, schluchzende kleine Mädchen und schwankte, ob er sich verteidigen oder klein beigeben sollte.
Er entschied sich für Letzteres. Grundgütiger, er machte Gracie zur Hauptschuldigen für sein schlechtes Gewissen. Wenn er nämlich ehrlich mit sich selbst war, hätte er nicht eine Sekunde lang glauben dürfen, dass Clare ausrasten und Emmas Tochter kidnappen könnte. Erst als seine Frau mit Gracie freimütig über Evan geplaudert hatte, waren ihm Zweifel an seinen Mutmaßungen gekommen. Er raufte sich die Haare, blickte hilflos von Gracies bebendem kleinen Rücken zu Emma. »Ja, das interessiert mich brennend«, räumte er ein.
Emma atmete einmal tief durch. Also gut. Auch wenn die Enthüllung ein bisschen heikel werden würde. »Gracie, erzähl uns doch mal, wer dich heute mit Mamans Auto spazieren gefahren hat.«
Gracie hatte in Elvis’ tröstlicher Umarmung aufgehört zu weinen. Sie schluckte betreten und seufzte herzergreifend. »Mag nicht, Maman.«
»Ich weiß, Herzchen, aber du musst es noch einmal erzählen. Du hast heute geschwindelt mit deiner Beteuerung,
Clare wäre gefahren. Und das war nicht nett von dir. Sie möchte sicher gern wissen, warum du das getan hast. Komm, erzähl uns, wer dich hergebracht hat.«
Gracie wagte es nicht, Elvis dabei ins Gesicht zu sehen. »Sheriff Elbis’ Maman «, wisperte sie an seinem Uniformhemd.
»Wie bitte?« Es fehlte nicht viel, und Elvis hätte die Kleine fallen lassen. Nach einem wutblitzenden Blick zu Emma protestierte er: »Das ist unmöglich. Meine Mom war in dem Flugzeug nach …«
»Na also, schon wieder«, knurrte Sam ungehalten. »Weiß das Kind überhaupt zwischen Dichtung und Wahrheit zu unterscheiden?«
Emma war außer sich. »Halten Sie endlich den Mund, Sam«, herrschte sie ihn an. Mühsam brachte sie sich wieder unter Kontrolle. »Komm zu Mommy, Bébé «, sagte sie weich und nahm sie dem verdutzten Elvis ab. Sie setzte die Kleine auf ihre Hüfte und schaute zu Clare, die Einzige, die sie und Gracie nicht skeptisch oder ungläubig musterte. »Können wir uns nicht einen Augenblick setzen?«, fragte sie. »Das ist eine lange Geschichte, und ich bin todmüde.«
»Ja natürlich. Kommen Sie, setzen wir uns ins Wohnzimmer.« An diesem Punkt hätte man Clare jede noch so bizarre Geschichte auftischen können. Sie war einfach nur froh, dass man sie nicht für übergeschnappt hielt.
Emma sank auf das Sofa und nahm Gracie fürsorglich auf ihren Schoß. Nach einem abschätzig-kühlen Blick zu den beiden Männern meinte sie: »Es muss doch Möglichkeiten geben zu klären, ob Gracies Geschichte stimmt. Wie beispielsweise ein Anruf am Flughafen, ob Nadine wirklich geflogen ist.« Behutsam legte sie Gracie einen
Finger unters Kinn und drehte ihr Gesichtchen zu sich. Fixierte sie eindringlich. »Ich möchte, dass du dem Sheriff und den Mackeys alles erzählst, was heute Nachmittag passiert ist, Chéri . Und ich wäre Ihnen dankbar«, setzte sie nach einem vernichtenden Blick zu Sam hinzu, »wenn Sie sich Ihre bissigen Kommentare aufsparen könnten, bis Gracie fertig ist.« Darauf drehte sie sich zu Elvis: »Oder glauben Sie etwa, dass ich Gracie entführt habe?«
»Nein«, erwiderte er wie auf Knopfdruck. Emma entspannte sichtlich. »Nein, auf gar keinen Fall«, bekräftigte er. »Nach Clares Zeitangabe wäre das unmöglich gewesen.«
Emmas Blick glitt abermals zu Sam. »Jetzt denken Sie mal scharf nach. Heute Nachmittag ist meine Tochter irgendwie bei Ihnen gelandet. Während ich wie eine Irre die halbe Stadt nach ihr abgesucht habe und fast gestorben bin vor Angst, dass ihr etwas Schreckliches zugesto ßen sein könnte, war sie hier. Und sie ist von irgendjemandem hergebracht worden.«
Sam rollte unbehaglich die Schultern. »Okay, okay, Sie haben Recht. Es tut mir leid.«
Emma spähte zu Gracie hinunter. Sie schob ihr sanft, aber entschieden den Daumen aus dem Mund. »Erzähl ihnen, was du mir erzählt hast, Chéri. «
»Muss ich?«
»Ja, mein kleiner Engel, das musst du.«
Gracie atmete tief ein und ließ in einem langen Seufzer die Luft entweichen. »Miss-us Don’lee machte so im Restaurant.« Konzentriert klemmte sie drei Finger in den Handballen und winkte mit dem Zeigefinger. Verstohlen blickte sie auf. Der Sheriff und Mrs. Mackey musterten
sie aufmerksam. Mr. Mackey schien ihr auch nicht mehr richtig böse zu sein. Gracie richtete sich auf Emmas Schoß auf
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