Revanche - Exposure
Ganze ungeheuer spannend fand. Nach dem Mittagsschlaf hat sie ein bisschen geweint, weil Emma nicht da war. Aber mal ganz ehrlich, Elvis, ich glaube, die beiden sind fast immer zusammen. Deshalb hab ich dem auch wenig Beachtung geschenkt. Sie ist wirklich ein sü ßes Kind. Und leicht zufrieden zu stellen.«
Als Sam verächtlich schnaubte, schnellte Clares Kopf zu ihm herum. »Gute Güte, Sam!«, entfuhr es ihr. »Ich bin wirklich heilfroh, dass du für mich Partei ergreifst, aber du tust gerade so, als hätte dieses kleine Mädchen es bewusst darauf angelegt, mir zu schaden.«
»Hmpf«, war alles, was er dazu sagte. Keine Antwort ist auch eine Antwort, seufzte Clare im Stillen. Sie kannte ihn lange genug, um zu wissen, was in ihm vorging, und dass er weder von seinem Standpunkt abweichen noch mit ihr diskutieren würde. Dieser verfluchte Dickkopf!
Es läutete an der Tür, und Clare erhob sich. »Ich mach schon auf«, sagte sie, dankbar um die kleine Verschnaufpause. Die Atmosphäre in ihrem Wohnzimmer war definitiv gereizt.
Während sie eilig zur Tür strebte, fixierte Elvis seinen Freund. Sams ablehnende Haltung gegenüber Gracie Sands nahm fast schon boshafte Züge an. Das war eine ganz neue Seite an ihm. Woher das wohl kam, zermarterte Elvis sich das Hirn. Dahinter musste doch mehr stecken als die frustrierende Vorstellung, dass ein Kleinkind zu einer folgenschweren Lüge fähig wäre.
Die beiden Männer vernahmen das Schlagen der Eingangstür und schraken hoch, als Emma Sands’ Stimme zu ihnen drang. »Gracie hat Ihnen etwas mitzuteilen, Clare. Stimmt’s Gracie?«
Darauf ertönte Gracies weinerliche, sonst so fröhliche Stimme: »Entsuldigung, Miss-us Mackey.«
Dann kam eine Pause, gefolgt von Emmas nachdrücklicher Kritik: »Und? Mit einer Entschuldigung ist es nicht getan, Grace Melina. Du musst ihr schon alles beichten.«
»Gwacie hat geswindelt«, flüsterte die Kleine.
Nachdem Elvis sie abgesetzt hatte, hatte Emma inständig gehofft, durch den Hintereingang unbeobachtet in die Pension und auf ihr Zimmer zu gelangen. Aber kaum im Haus, wurde sie auch schon von Neugierigen bestürmt.
»Gott sei Dank! Sie haben die Kleine gefunden! Wo war sie denn?«
Immer wieder dieselbe Frage, einer übertönte den anderen. Wäre sich Emma der Fakten hundertprozentig sicher gewesen, die zu diesem absoluten Stresstag geführt hatten, hätte sie die Neugier der Leute bestimmt befriedigt. Sekundenlang war sie versucht, Clare Mackey den schwarzen Peter zuzuschieben. Aber einerseits hatte sie Elvis absolute Verschwiegenheit zugesagt, andererseits waren noch viel zu viele Fragen unbeantwortet.
Wegen des lauten Stimmengewirrs umklammerte Gracie sie noch fester und kuschelte ihren Kopf an Emmas Schulter. Die junge Frau streichelte ihr beruhigend übers Haar. »Wir sind beide sehr mitgenommen«, murmelte sie mit einem Blick auf die Umstehenden und wandte sich dann an Ruby. »Bitte. Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen. Es genügt doch, dass Gracie nichts fehlt.«
»Dem Himmel sei Dank.« Ruby strich Gracie über den Hinterkopf. Streichelte Emma mitfühlend über die Wange. Dann ließ sie die Hand sinken und hob die Stimme. »Also, Leute, ihr habt es ja gehört. Gönnt den beiden eine Verschnaufpause. Die Details erfahren wir später. Bonnie, lass die beiden durch, Schätzchen; Bud, aus dem Weg mit dir.«
»Danke, Ruby.« Emma lächelte matt. » Merci euch allen. Ich weiß, ihr wart alle sehr besorgt um uns.« Sie glitt durch die Menschentraube und flüchtete über die Treppe nach oben.
Selbst in der vertrauten Umgebung ihres Zimmers blieb Gracie anhänglich wie ein Hündchen. Unvermittelt drängten die quälenden Überlegungen, die Emma auf der Rückfahrt angestellt hatte, wieder an die Oberfläche. Als
sie zum dritten Mal um ein Haar über Gracie gestolpert wäre, weil das Kind spontan die Ärmchen um ihre Beine schlang, hob sie sie hoch. Sie setzte sich in einen Sessel und nahm die Kleine auf den Schoß. »Hat dir heute Nachmittag jemand wehgetan?«, fragte sie sanft und schob der Kleinen die weichen, blonden Locken aus der Stirn.
Gracie schüttelte den Kopf.
»Weißt du noch, wie wir über unsittliche Berührungen gesprochen haben? Hat dich heute vielleicht jemand angefasst, wie man es nicht tun darf oder wo du es nicht magst?«
»Nein.«
Emma atmete erleichtert auf. Gott sei Dank. Wenigstens das nicht! »Hast du Hunger, Herzchen?«
Riesige braune Augen schauten zu ihr hoch. »Ein
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