Revanche - Exposure
Idee.«
Sam verschwand in der Küche. Clare saß mit durchgedrücktem Rücken auf der Couch, als er Elvis die eisgekühlte
Flasche reichte. Dann ließ er sich neben seiner Frau in die Sitzpolster sinken.
Elvis nahm einen Schluck, setzte die Flasche ab und betrachtete Clare nachdenklich. »Ich würde gern noch einmal hören, wie das heute Nachmittag gewesen ist. Wann ist Gracie hier aufgetaucht? Erzählt mir alles, was euch dazu einfällt.«
»Sie hat nicht gelogen, Elvis, wenn du das meinst. Und sie macht sich und uns auch nichts vor«, erwiderte Sam tonlos, mit angespannter Miene. Seine Körpersprache signalisierte knallharte Entschlossenheit, seine Frau mit allen Mitteln zu verteidigen.
Clares Kopf schnellte herum. Völlig erstaunt sah sie ihren Mann an.
»Hab ich das mit einem Wort behauptet, Sam?« Im Gegensatz zu seinem Freund gab Elvis sich betont locker. Die Arme lässig vor der Brust verschränkt, beugte er sich vor und stützte die Ellbogen auf die Schenkel, zwischen denen die Bierflasche klemmte.
»Weswegen bist du dann hier? Wieso bist du nicht in der Pension und knöpfst dir den kleinen Satansbraten vor?«
»Sam!«, ermahnte Clare ihren Mann entrüstet. »Jetzt halt aber mal die Luft an. Bitte nenn sie nicht so.«
»Meine Güte, Sam«, meinte Elvis verwundert, »sie ist erst drei Jahre alt. Was schlägst du vor? Soll ich ihr etwa den Hosenboden stramm ziehen?«
»Soll mir recht sein«, knirschte Sam und dann, an seine Frau gerichtet: »Wieso nimmst du sie in Schutz? Du steckst sie in Evans Bett, du lässt sie mit seinen Sachen spielen. Du kümmerst dich rührend um sie. Und zum Dank fällt sie dir mal eben in den Rücken.«
»Sie ist doch noch klein, Sam.« Clare strich ihm beschwichtigend über den Arm. »Du tust gerade so, als wäre sie eine berechnende Lolita. Sie war verwirrt, das ist alles.«
»Oder jemand hatte ihr eingeschärft, was sie sagen sollte«, setzte Elvis hinzu, worauf er die ungeteilte Aufmerksamkeit der Mackeys hatte. »Oder«, fuhr er grimmig fort, »sie hat die Wahrheit gesagt. Setz dich wieder hin, Sam«, wies er seinen Freund an, der aufgesprungen war und die Fäuste ballte. Er wandte sich erneut zu Clare und fixierte sie eindringlich. »Verflucht, um das herauszufinden, muss ich Genaueres wissen. Also, noch mal im Klartext, wie war das heute?«
»Es klingelte. Das muss so gegen ein Uhr gewesen sein«, begann Clare. Den Blick starr auf Elvis geheftet, konzentrierte sie sich auf die Fakten. Jetzt bloß nicht hektisch werden und ausflippen, ermahnte sie sich. Das hätte ihr gerade noch gefehlt. »Gracie stand vor der Tür - allein, wie ich schon sagte. Das machte mich stutzig, weil Emma sonst immer in ihrer Nähe ist. Allerdings stand ihr Wagen in der Auffahrt, Elvis, da bin ich mir hundertprozentig sicher. Mit dem Heck zum Haus, und eine Frau mit blond gesträhnten Haaren wie Emma saß auf dem Fahrersitz und beobachtete das Kind im Rückspiegel. Gracie erklärte mir dann, ihre Maman wolle wissen, ob ich ein paar Stunden auf sie aufpassen könne. Und als ich Emma winkte, um ihr mein Okay zu signalisieren, winkte sie zurück und brauste davon.«
Elvis hatte als Polizist einen inneren Radar dafür entwickelt, wann jemand bluffte. Und seine Instinkte vermittelten ihm, dass Clare die Wahrheit sagte. Zumindest glaubte sie selbst an ihre Version der Geschichte.
Allerdings stolperte er bei ihrer Schilderung über ein
kleines Problem. Emma war um kurz nach eins in seinem Büro aufgetaucht. In dieser kurzen Zeitspanne hätte sie es unmöglich schaffen können, von den Mackeys wieder in die Stadt zu fahren, die Schutzhülle über ihr Auto zu ziehen und in der Polizeidienststelle aufzukreuzen. Folglich konnte sie nicht gelogen haben. Wenn man zudem berücksichtigte, dass sie Zeugen hatte … Immerhin hatte sie gemeinsam mit Ruby die Pension und das Café durchforstet, bevor sie ihm Gracies Verschwinden gemeldet hatte. Aber was war dann mit Clare?
Wenn sie unter Wahnvorstellungen litt, dann glaubte sie jedenfalls jedes Wort von dem, was sie sagte, denn ihre Schilderung klang verdammt überzeugend. Denkbar wäre es, überlegte er … und verwarf den Gedanken gleich wieder. Nein, eine derartige Verhaltensänderung wäre viel zu bizarr gewesen und passte nicht zu der Clare, die er kannte. Und was folgerte er daraus?
Verflucht.
»Verhielt sich Gracie irgendwie merkwürdig, als sie hier war?«, wollte er wissen.
»Nein, eigentlich nicht. Zuerst war sie total überdreht, weil sie das
Weitere Kostenlose Bücher